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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Nur der Wind und die Bäume und das Donnergrollen, welches mit jedem
Moment, in dem er untätig blieb, näher zu kommen schien. Eine Viertelstunde
noch, und ein Gewitter würde losbrechen, dass ihm Hören und Sehen vergehen
würde.
    »Wie lauten Eure Befehle, Eminenz?«, hörte er den
Anführer seiner Begleiteskorte fragen, einen Soldknecht, dem das Töten zur
zweiten Haut geworden war. Dementsprechend verwegen sah er aus, mit Schwert, Dolch
und Armbrust bewaffnet und mit Sicherheit nur so lange loyal, wie das Gold des
Heiligen Vaters in seine Taschen floss.
    Mit Demetrius hingegen verhielt es sich anders, ebenso
wie mit den sieben Namenlosen, die in der Kapelle des heiligen Ulrich immer noch
seiner harrten. Was sie taten, taten sie nicht für Geld. Sondern weil sie einen
Schwur geleistet hatten. Einen ritterlichen Schwur. Sie, die Auserwählten. Die
›Milites Christi‹, Krieger des Herrn.
    Dennoch: Auch sie, die Treuesten der Treuen, waren
nichts als ein Mittel zum Zweck. Der Kardinaldiakon lächelte. Trotz seiner
Enttäuschung über Demetrius hatte er die richtige Wahl getroffen. Jugendliche
Idealisten, wie es größere nicht gab. Dem Heiligen Vater und ihm, seiner
rechten Hand, aufs Innigste verbunden. Nur gut, dass sie seine Pläne nicht
durchschauten. Sonst hätte ihm dies mit Sicherheit eine Menge Scherereien
eingebracht. Und die konnte er zu einem Zeitpunkt, da sein Plan kurz vor der
Vollendung stand, mit Sicherheit nicht brauchen.
    »Wie lauten Eure …«, wiederholte der narbengesichtige
Condottiere, riss seinen Schecken mitten im Satz herum und galoppierte auf den
Rand der Anhöhe zu. Ein stürmischer Wind aus Südwest peitschte ihm ins Gesicht
und hätte ihn beinahe aus dem Sattel geworfen. Eine Weile kämpften Pferd und
Reiter gegen die wütenden Elemente an. Dann stemmte sich der Condottiere mit
aller Kraft gegen den Wind, hob die Hand hinters Ohr und lauschte in das
heraufziehende Unwetter hinein.
    Colonna runzelte die Stirn. Doch bevor er überhaupt
einen Gedanken an das merkwürdige Verhalten des Soldknechtes verschwenden
konnte, formte dieser seine behaarten Pranken zu einem Trichter und rief ihm
über das Brausen, Heulen und Tosen hinweg zu: »Reiter, Eminenz! Schwer zu
sagen, wie viele! Auf jeden Fall zu viele für uns! Zwei, drei Vaterunser, und
sie haben den Dorfplatz erreicht! Nichts wie weg, Eminenz!«
    Wenn Kardinaldiakon Oddo di Colonna etwas hasste, dann
unziemliche Hast. Nicht so am heutigen Tag. Jetzt hieß es Fersengeld geben,
wollte er der Sache des Heiligen Vaters nicht schweren …
    Ein Gedanke durchzuckte Oddo di Colonnas Gehirn,
gefährlicher als der Blitz, der sich unweit der Kapelle des heiligen Ulrich in
den Boden bohrte, aber verlockend genug, als dass ihm der Kardinaldiakon nicht
einen Atemzug lang Beachtung geschenkt hätte.
    »Es ist Zeit, Eminenz, nichts wie weg von hier!«
    »Du weißt, was du zu tun hast! Spute dich, aber
rapido!«
    »Und Ihr, Eminenz?!«
    »Darüber zerbrich dir mal nicht den Kopf! Ich finde
den Weg schon allein! Und nun mach, dass du fortkommst, sonst lasse ich dich in
den nächstbesten Kerker werfen!«
    Nachdem er seinem Begleittross das Zeichen zum
Aufbruch gegeben hatte, verharrte der Kardinaldiakon wie ein Marmorstandbild
inmitten scharfkantiger Hagelkörner, die wie tödliche Wurfgeschosse vom
schwefelgelben Nachthimmel prasselten. Erst als sich die unbekannten Reiter
bereits in Hörweite befanden, wendete er seinen Vollblüter und preschte auf die
nächstgelegene Anhöhe zu.
    Dort angekommen, warf er einen Blick auf die Kapelle
des heiligen Ulrich zurück, während der Gedanke, der seine gesamten Pläne über
den Haufen warf, immer mehr Gestalt annahm. Ein dämonisches Lächeln glitt über
Colonnas Gesicht, und das Unwetter über seinem Haupt nahm wahrhaft biblische
Ausmaße an. Sonderbar, dass ihm die Idee nicht schon früher gekommen war. Wie
dem auch sei!, sagte sich der Kardinal. Lieber zu spät als nie! Schade um die
armen Teufel drunten in der Kapelle. Aber sie hatten ihre Schuldigkeit getan.
Und das, nicht etwa ihr Überleben, war für ihn nun einmal das Wichtigste. Sie
würden ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen. Wer auch immer ihnen auf die Spur
gekommen war. Dafür hatte Colonna gesorgt. Schließlich gab es ja noch das
Gelübde, welches einzuhalten die ›Milites Christi‹verpflichtet waren.
Keiner der sieben jugendlichen Heißsporne würde es brechen. Dessen war er sich
absolut sicher. Lieber würden sie von eigener Hand sterben, als

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