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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Hochsommertag, wie
es schien. Doch war es nicht das, was den Fürstabt und die Schar der frommen
Brüder in Atem hielt. Es war vielmehr ein undefinierbares Geräusch, eine Art
Raunen, das sich langsam, aber sicher zu einem Gewirr zahlloser Stimmen und
wenig später zu aufgeregtem Rufen zu verdichten begann. Fürstabt Johann ließ
den Prior Prior sein und hastete mit wehendem Ornat zum Portal. Dort
angekommen, traf er mit einem aufgeregten, wild gestikulierenden Haufen Knechte
zusammen, die sich bei seinem Anblick auf die Knie warfen.
    Nichts Gutes ahnend, baute sich Fürstabt Johann vor
ihnen auf und herrschte den nächstbesten Klosterknecht an: »Was ist geschehen?
Raus mit der Sprache, bevor ich endgültig die Geduld verliere!«
    Das halbe Dutzend Knechte, allesamt kräftige, mit der
Bewachung des eingekerkerten Grabschänders betraute Burschen, warfen sich
ratlose Blicke zu. Für den Bruchteil eines Augenblicks war es still, bis ein
hoch aufgeschossener Jüngling mit rötlichem Haar die Mütze vom Kopf riss, sich
ein Herz fasste und sprach: »Der Gefangene, Herr – er ist verschwunden!«
    »Verschwunden?!«, war alles, was Fürstabt Johann zu
sagen einfiel. »Sagtest du ›verschwunden‹?«
    »Ja, Herr!«, bekräftigte der Rotschopf vehement. »Er
hat den Vogt niedergeschlagen und sich anschließend aus dem Staub gemacht!«
     
    *
     
    An besseren Tagen war Fürstabt Johann ein Mann, der
auf Etikette hielt. Davon freilich war am heutigen Samstagmorgen wenig zu
spüren. Obwohl er noch das Messgewand trug, machte er sich sofort auf den Weg
zur Vogtei, gefolgt von einer Schar aufgeregt schwatzender Mönche, die alle
Mühe hatten, mit ihrem Oberhirten Schritt zu halten.
    Obwohl Johann von Merlau klar war, was ihn erwartete,
ließ ihn der Anblick des immer noch bewusstlosen Klostervogtes nicht kalt.
Seltsamerweise kam sogar so etwas wie Mitgefühl in ihm auf. Warum, wusste er
selbst nicht genau. Schließlich hatte sich Witold auf beispiellose Art und
Weise übertölpeln lassen. Ein Schandfleck, der in den Annalen der Abtei
seinesgleichen suchte.
    »Hier, Euer Gnaden, der Ring des Frevlers!«, wagte es
der Prior erst nach einer Weile, die angespannte Ruhe in der Arrestzelle zu
unterbrechen. »Das einzige von Wert, was er bei sich trug. Außer dem
merkwürdigen dunklen Umhang da.«
    Fürstabt Johann bedachte den achtlos in die Ecke
geworfenen Umhang mit einem kurzen Blick, wandte sich aber gleich wieder dem
Ring in seiner Handfläche zu. Er war aus reinem Gold, ein echtes Kunstwerk –
wer immer ihn auch geschmiedet haben mochte.
    »Die Eingravierung, Euer Gnaden.« Während sein Blick
zwischen Fürstabt und Ring hin und her wechselte, war der Prior mit zitternden
Knien neben seinen Herrn getreten.
    »Hoc signo victor eris * «, sprach der Abt mit gedämpfter Stimme. Und dann,
fast im Flüsterton: »Welch eine Blasphemie.«
    Niemand wagte dem etwas hinzuzufügen. Der Prior
fingerte verlegen an seinem Habit herum, und einer der Klosterknechte kratzte
sich ebenso verlegen am Kopf.
    »Was hat man aus dem flüchtigen Frevler
herausquetschen … äh … was hat man über ihn in Erfahrung bringen können, Bruder
Prior?«, beendete der Fürstabt das betretene Schweigen.
    »Nicht eben viel«, gab dieser unumwunden zu. »Wie Ihr
wisst, Euer Gnaden, ist er so um die 20. Tja – das ist dann schon fast alles,
was ich über ihn weiß. Er behauptete, sein Name sei Bonifatius. Was ich mir nun
wirklich nicht vorstellen kann.«
    »Hintermänner?«
    »Wie man’s nimmt!«, druckste der Prior herum. »Vor ein
paar Tagen ist ihm etwas über einen gewissen Kilian rausgerutscht. Der große
Unbekannte, der angeblich die Fäden in Händen hält. Ihr Anführer. So es ihn
denn überhaupt gibt.«
    »Anführer?«
    »Er hat immer wieder behauptet, sie seien zu acht.
Aber wer weiß – vielleicht war es auch nur ein Hirngespinst. Oder pure
Blasphemie. Scheint ja geradezu eine Spezialität dieser Kreatur zu sein.«
    »Schon möglich!«, warf Johann von Merlau nachdenklich
ein. »Noch etwas?«
    »Sie seien gekommen, all jenen die Augen zu öffnen,
die vom wahren Glauben abgefallen sind.«
    »Waren das seine Worte?«
    »Ja, Vater Abt!«
    Johann von Merlau verschränkte die Hände hinter dem
Rücken und begann in der Arrestzelle auf und ab zu gehen. »Als wenn es
heutzutage nicht schon genug von diesen falschen Propheten gäbe!«, seufzte er.
    »Wie wahr, wie wahr!«, pflichtete ihm der Prior
postwendend bei.
    »Noch irgendetwas von

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