Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
Ton.
    Hildegard unterdrückte ein Schluchzen und schüttelte
verneinend den Kopf. Die Miene des Mannes, blutleer und fahl, geriet plötzlich
in Bewegung. »Dann muss ich dir eben ein wenig auf die Sprünge helfen!«,
antwortete er, packte ihr Haar und zerrte es mit einem gewaltigen Ruck nach
hinten. Hildegard wollte schreien, aber bevor sie dem durchdringenden Schmerz
Luft machen konnte, spürte sie die Hand ihres Peinigers auf dem Mund. »Also: Wo
hat dein Mann die Ware versteckt?!«
    Hildegards Blick weitete sich vor Entsetzen, und die
Klaue auf ihrem Mund war so ekelerregend, dass sie automatisch zu würgen begann.
Ihren Peiniger indes ließ dies völlig kalt. »An deiner Stelle würde ich jetzt
die Wahrheit sagen«, drohte er und lockerte seinen Griff. »Sonst …«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Ihr
sprecht.«
    »Wie schade.« Ein Lächeln auf den Lippen, bückte sich
ihr Peiniger nach der Haube, die neben dem Bett auf dem Nachttisch lag, stopfte
sie ihr in den Mund und knebelte sie. Dann zerrte er ein blutbeflecktes Stilett
aus seinem Umhang hervor, schob den Arm unter Hildegards Kinn – und überlegte
es sich im letzten Moment anders.
    »Weißt du, von wem das ist – das Blut, meine ich?«,
übergoss der Kapuzenmann sein Opfer mit Spott, während er das Stilett vor
Hildegards Gesicht hin und her pendeln ließ. »Nein?«
    Das Grauen in Hildegards Blick sprach Bände, und mit
einer verzweifelten Anstrengung, ihm zu entfliehen, wandte sie den Blick
ruckartig ab und begann hemmungslos zu weinen, wie von Sinnen vor Gram, Panik
und Angst.
    »Aber, aber!«, ließ ihr Peiniger seiner Häme freien
Lauf und warf das Stilett achtlos weg. »Für derartige Gefühlsausbrüche gibt es
denn nun wirklich keinen Grund!« Dann ließ er den Blick durch das Innere der
Kate schweifen, gerade so, als habe er alle Zeit der Welt.
    Und wurde kurz darauf fündig.
    »Wie heißt es doch so schön: Abwechslung ist das halbe
Leben!«, höhnte der Kapuzenmann, verpasste dem Stilett einen Tritt und begab
sich zur Feuerstelle, die sich unweit von ihm in der Mitte der Kate befand.
Schon wollte Hildegard durchatmen, aber als sie das Reisig sah, das der Mann um
das Bett herum aufzuhäufen begann, dämmerte ihr, was auf sie zukommen würde.
Eine Woge des Entsetzens schlug über ihr zusammen, und sie unternahm einen
letzten Versuch, sich von ihren Fesseln zu befreien. Doch es war vergebens.
Alles, was ihr jetzt zu tun übrig blieb, war schreien, doch der Knebel in ihrem
Mund saß so fest, dass kein Laut über ihre Lippen kam.
    Von all dem bekam der Kapuzenmann nichts mit, und die
Gelassenheit, mit der er zu Werke ging, brachte Agilulfs Frau fast um den
Verstand. Nicht lange, und der Reisighaufen reichte bis zur Bettkante hinauf.
Selbst im Sommer war Hildegards Vorrat an Brennmaterial riesengroß, eine
Marotte, die ihr nun zum Verhängnis wurde.
    Nach getaner Arbeit rieb sich der Kapuzenmann die
Hände und sah die Frau des Reliquienhändlers mit dem Ausdruck kalter
Entschlossenheit an. »So!«, seufzte er, als widerstrebe ihm sein Vorhaben
zutiefst. »Es ist so weit. Hast du mir noch etwas zu sagen?«
    Hildegard rührte sich nicht von der Stelle. Natürlich
konnte sie sich denken, wovon der Mann sprach. Nichtsdestoweniger begannen ihre
Kräfte allmählich zu erlahmen. Eine merkwürdige, sämtliche Gedanken, Reflexe
und Abwehrinstinkte umfassende Apathie ergriff Besitz von ihr, und was sie
selbst am meisten überraschte, war die Bereitwilligkeit, mit der sie sich in ihr
Schicksal fügte.
    Ein letzter Blick der blutunterlaufenen, wie
ausgestorben wirkenden Augen. Dann war es so weit.
    Ohne die Spur einer Regung, und sei sie auch noch so
klein, nahm der Kapuzenmann die Öllampe aus ihrem Gehäuse, bückte sich und
hielt sie gegen das knochentrockene Holz. Lange zu warten brauchte er nicht.
    Zuerst war da nur dieser Rauchfaden, der aufreizend
langsam in die Höhe stieg. Dann kam die erste Flamme, gelb wie die Sünde und
rot wie Blut. Und danach gleich mehrere hintereinander. Und dann, kaum ein
Vaterunser später, stand die ganze Wohnstube in Flammen.
    Das Letzte, was Hildegard hörte, bevor das Brausen in
ihren Ohren alle anderen Geräusche übertönte, war die Stimme eines Mannes, voll
blanken Entsetzens, aber so gellend und schrill, dass sein lang gezogener
Schrei auch noch in weitem Umkreis zu hören war: »Feuer!«
    Dann schlug die sengende Hitze über ihr zusammen.
     
    *
     
    Valentinuskapelle
des Franziskanerklosters,
    kurz

Weitere Kostenlose Bücher