Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Respekt, Fürstbischöfliche
Gnaden: aber ich!«, fuhr Bruder Hilpert unbeeindruckt fort. »Da wäre zum einen
dieser Kilianus, der, wie wir dank dieses Briefes wissen, Kopf und Herz dieses
Geheimbundes ist. Überflüssig zu betonen, dass dies nicht sein richtiger Name
ist, aber dass er mit dem Manne identisch ist, der meinem Freund Berengar
bereits drei Mal über den Weg gelaufen ist, kann wohl kaum noch bezweifelt
werden.«
»Und weiter?«, drängte Berengar, der bei der Erwähnung
seines Intimfeindes immer noch leicht aus der Fassung geriet.
»Und dann wäre da ja noch unser guter alter Freund
Agilulf«, fuhr Hilpert nachdenklich fort. Berengars Miene verfinsterte sich,
und instinktiv fuhr seine Hand zum Schwert. »Wenn wir seiner habhaft werden,
sind wir einen gewaltigen Schritt weiter.«
»Leichter gesagt als getan.«
»Mag sein, Fürstbischöfliche Gnaden,
mag sein. Wenn wir gerade dabei sind – dürfte ich den ominösen Erpresserbrief
noch einmal sehen?«
»Meinetwegen.« Johann von Brunn zuckte die Achseln,
stellte seinen Weinbecher ab und öffnete die eisenbeschlagene Schatulle, die
vor ihm auf dem blank polierten Eichenholztisch stand. »Reichlich mysteriös,
muss ich schon sagen.«
»Drauf kommt es jetzt doch wohl auch nicht mehr an,
oder?« Die Arme unter dem weiten Ärmel seiner Kukulle verschränkt, stand Bruder
Hilpert dem Fürstbischof für den Bruchteil eines Augenblicks gegenüber. Keiner
der beiden sprach ein Wort. Dann aber, als Johann von Brunn dem durchdringenden
Blick des Zisterziensermönches nicht mehr standhalten konnte, trat ein
merkwürdiges Flackern in seine Augen, und er reichte den Pergamentfetzen an
Bruder Hilpert weiter. »Der Domschüler, welcher diese Nachricht hier gefunden
hat …«
»Bertram von Klingenberg.«
»Ebender, Euer Gnaden. Dieser Domschüler – wo genau
hat er sie gefunden?«
»Keine Ahnung. Alles, was ich weiß, ist, dass es kurz
vor der Prim passiert sein muss.«
»Höchste Zeit, sich eingehender mit diesem Jüngling zu
befassen, findest du nicht auch, Berengar?«
Bevor der Angesprochene antworten konnte, knurrte sein
Magen so laut, dass Bruder Hilpert es vorzog, sich erneut dem Fürstbischof
zuzuwenden: »Und der Chorherr, dem er sich anvertraut hat?«, fragte er.
»Heißt Fredegar von Stetten«, antwortete von Brunn,
dem die Prozedur allmählich lästig zu werden begann.
»Soso.« Den Erpresserbrief in der Hand, trat Bruder
Hilpert an den Kamin, der durch zwei mehr als drei Ellen hohe Kandelaber
flankiert wurde, und schaute ihn sich genauer an. Im Schein der Stundenkerze,
selbstverständlich aus Bienenwachs, sah er um Jahre gealtert aus, mit Ausnahme
seiner bläulich schimmernden Augen, denen selbst zu solch später Stunde nicht
das kleinste Detail entging. »›Eintausend Gulden, und die Reliquien sind Euer.
Solltet Ihr Euch weigern, seid versichert, dass dies Euer Untergang sein
wird!‹«, zitierte er. »›Das Geld haltet in spätestens zwei Tagen bereit. Wann,
wo und wie die Übergabe stattfinden wird, wird Euch demnächst kundgetan!‹«
»Würde mich nicht wundern, wenn diese erbärmlichen
Wichtigtuer im Domkapitel hinter der ganzen Sache …«
»Bei allem schuldigen Respekt, Euer Gnaden – ich kann
mir so etwas nicht vorstellen.« Bruder Hilpert trat ganz nahe an den rechten,
fast mannshohen Kandelaber heran und hielt den Brief gegen das Licht: »Hab ich
es mir doch gedacht!«, rief er triumphierend aus.
»Was denn?«, erwiderte Berengar, hellhörig geworden,
während er an die Seite seines Freundes trat.
»Dass dieser Pergamentfetzen schon einmal beschriftet
worden ist. Und das möglicherweise mehrfach. Sieh mal – ziemlich dünn für den
Erstgebrauch, findest du nicht auch?«
»Stimmt«, antwortete der Vogt mit breitem Grinsen. »Fast
so dünnhäutig wie du!«
Bruder Hilpert und Berengar brachen in schallendes
Gelächter aus, aber ein indigniertes Räuspern des Fürstbischofs brachte sie
wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. »Und was hat das Eurer Meinung nach
zu bedeuten, Bruder?«, raunzte er.
»Vermutlich nichts anderes, als dass es dem Autor am
nötigen Kleingeld gemangelt hat, Fürstbischöfliche Gnaden«, erwiderte Bruder
Hilpert übertrieben devot. »Eine Bitte: Dürfte ich das Corpus Delicti
vorübergehend in meine Obhut nehmen?«
»Tut, was Ihr offenbar nicht lassen
könnt!«, machte von Brunn aus seiner Unzufriedenheit keinen Hehl. »Auf die
Gefahr hin, dass dies das bislang einzig greifbare Ergebnis
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