Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
mehr. Wenn das Wort ›Angst‹ seine Gefühle überhaupt
treffend umschrieb. Denn beim Anblick der drei schemenhaften Geschöpfe geriet
der junge Mann derart in Panik, dass er wie Espenlaub zu zittern begann.
    Agilulf war wieder da. Agilulf und Hildegard und der
Schmied.
    »Dafür wirst du büßen!«, röchelte der Schmied. Und
Hildegard: »Büßen bis zum Jüngsten Tag!«
    Aber es sollte noch schlimmer kommen. Denn die drei
Gestalten waren nicht allein.
    Aus dem Nebel, der ihn in immer dichteren Schwaden
umgab, trat eine weitere Gestalt hervor, keine Geisterfigur wie die anderen
drei. Sie war real, lebendig und so ehrfurchtgebietend, dass Kilian wie ein
verängstigtes Kind zurückzuweichen begann. »Du hast recht getan, mein Sohn!«,
sprach Kardinal Oddo di Colonna, Worte, bei denen sich seine drei Opfer in Luft
auflösten. Kilian fiel ein Stein vom Herzen, und er beugte devot das Knie.
Seine Erleichterung indes währte nicht lange. Denn der Kardinaldiakon, in
vollem Ornat und mit einer Autorität, der zu widerstehen ein Ding der
Unmöglichkeit war, hob ihn auf, ergriff seine Hände und sah ihn lange und
eindringlich an. Die dunklen Augen sprühten vor Fanatismus und Energie, und dem
Kapuzenmann lief es eiskalt über den Rücken. Eine Weile stand er schweigend,
sprach dann aber in markigem Ton: »Du hast recht getan, mein Sohn! Und darum
höre, was ich dir zu sagen habe: Fahre fort mit deiner Mission, so lange, bis
sie erfüllt worden ist! Was immer auch geschieht: Du wirst nicht abweichen von
dem Pfad, den ich und die Heilige Mutter Kirche dir gewiesen haben! Sei
mitleidlos, hart und ohne Reue. Ist doch der Kampf, den du, ein wahrer Krieger
des Herrn, zu bestehen hast, ein gerechter, was immer auch geschehen mag!
Amen!«
    Und dann, von einem Moment auf den anderen, war der
Kardinaldiakon verschwunden. Und mit ihm der Nebel, der Kilian umgab.
    Wäre er der gewesen, für den er sich hielt, hätte der
junge Mann nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Doch dazu fehlte ihm die Kraft.
Seine Krankheit, langsam und unerbittlich wie todbringendes Gift, setzte ihm
immer mehr zu, und so kam ihm der Stützbalken in seiner Nähe gerade recht.
Einen Augenblick länger, und er wäre ohnmächtig geworden.
    Fast eine Viertelstunde später, wieder einigermaßen
bei Kräften, fiel sein Blick auf den goldenen Ring an seiner Hand. »Hoc signo
victor eris!«, sprach er wie in Trance und richtete sich auf. Dann taumelte er
hinüber zum Blasebalg, packte den Griff und begann ihn wie ein Berserker in die
Höhe und wieder nach unten zu wuchten. Wie lange er dies tat, wusste er
hinterher nicht mehr. Blass wie ein Leichentuch, ackerte der Mann im dunklen
Umhang und der Kapuze wie in einer Art Rausch, mechanisch, apathisch, ohne
jegliches Gefühl. Bis zu dem Punkt, an dem Gumperts Körper inmitten der glühend
heißen Esse und des infernalischen Geruchs zu einem leblosen Klumpen versengten
Fleisches geworden war.
    Dann wandte sich Kilian ab, schweißüberströmt und die
Augen gerötet vom Fieber, das ihn innerlich aufzuzehren begann. Als er die
Hintertür erreichte, schaute er sich nicht einmal mehr um, sondern stolperte
hinaus ins Freie und verschwand.
     
    *
     
    Sander Tor, Ende
der fünften Stunde (10.40 Uhr)
     
    »Und was hast du jetzt vor?« Im immer dichter
werdenden Gewühl der Pilger, fliegenden Händler und Bettler blieb Bruder Hilpert
kurzerhand stehen, stieß seinen Wanderstab in die Erde und sah Wigbert den
Zwerg fragend an. Der wiederum sah sich argwöhnisch um, trat auf die
Zehenspitzen und raunte ihm mit listigem Grinsen zu: »Solange ich keine heiße
Spur habe, ist es besser, Ihr wisst nichts davon!«
    »Sicher?«
    »Absolut!«, erklärte der Totengräber, bevor er wieder
auf Normalgröße schrumpfte. »Je weniger Ihr in diesem Fall wisst, umso besser!«
    »Wenn du meinst.« Beim Gedanken, dass sich Wigbert in
Gefahr begab, traten Sorgenfalten auf Bruder Hilperts Stirn, und er kratzte
sich verlegen an der Tonsur. »Und du bist dir wirklich sicher, dass es besser
ist, wenn du …«
    »Ob Ihr’s nun glauben wollt oder nicht!«, insistierte
der Zwerg, vor unerwünschten Zuhörern auf der Hut. »Die Leute, mit denen ich es
jetzt gleich zu tun kriege, sind nichts für Euch. Nichts für ungut, Bruder:
Aber habt Ihr selbst nicht schon genug am Hals?«
    »Das schon.«
    »Na also! Dann also wie abgemacht: Ihr fühlt dem
Abdecker auf den Zahn, und was meine Winzigkeit betrifft, werde ich alles tun,
damit wir diese Bestie endlich zu

Weitere Kostenlose Bücher