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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

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Autoren: Uwe Klausner
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wandte sich wieder dem Gegenstand seiner
Betrachtungen zu. Neben den 16 Miniatursäulen, mit denen seine Wände verziert
waren, fiel sein Blick auf eine Öffnung auf der Vorderseite des Altars. Ihr
Zweck, so von Stetten, sei der, den Wallfahrern die Berührung der
Reliquienbehälter zu ermöglichen. Diese sei äußerst hilfreich, insbesondere
gegen Augenleiden, Gicht und ähnliche Gebrechen. Das Wasser aus dem nur ein
paar Schritte entfernten Kilianbrunnen nicht zu vergessen, beeilte sich der
Chorherr zu versichern. Eine wahre Flut an Belehrungen prasselte auf Bruder
Hilpert herab, doch außer einem leichten Stirnrunzeln zeigte er keinerlei
Reaktion und ließ sie mit schicksalsergebener Miene über sich ergehen.
    Als sein Blick auf das eigentliche Objekt seines
Interesses fiel, änderte sich Bruder Hilperts Stimmung jedoch abrupt. Er war
zutiefst bestürzt, so zornig wie schon lange nicht mehr.
    Schuld daran war weniger der Schrein aus Kupfer und
Bergkristall und so imposant, dass er die Blicke sofort auf sich zog. Es war
der Zustand der drei Silberbüsten, der Bruder Hilpert in Rage brachte, genauer
gesagt die Tatsache, dass ihr Sockel einfach aufgebrochen, die Reliquiare
herausgezerrt und die Schädel der drei Heiligen derart pietätlos behandelt
worden waren.
    »Bastarde!«, war alles, was Berengar zu sagen einfiel,
während sich der Chorherr klugerweise in Schweigen hüllte. Bruder Hilpert
nickte, durchaus unüblich für ihn.
    »Und was folgt deiner Meinung nach daraus?«
    »Daraus, Berengar, folgt ein uns sattsam bekanntes
Faktum: dass der beziehungsweise die Täter äußerst skrupellos sind –
beziehungsweise waren!«, erwiderte Bruder Hilpert und umrundete den Altar.
    »Heißt das, Euch ist bereits Näheres über diese
Frevler bekannt?«
    »Bedaure, Herr von Stetten!«, wiegelte Bruder Hilpert
ab. »Um diesbezüglich etwas sagen zu können, ist es noch ein wenig früh. Darum
wäre ich Euch sehr verbunden, wenn wir jetzt mit dem Mesner und dem
Domscholaren … wie war doch gleich sein Name?«
    »Bertram von Klingenberg.«
    »Habt Dank! Aber wie ich sehe, kommt man uns zuvor.«
    Der Chorherr und Berengar, immer noch auf der
Vorderseite des Altars postiert, drehten sich wie auf Kommando um. Der
Dunkelheit wegen konnten sie zwar nichts sehen, aber als die beiden ungleichen
Gestalten näher traten, war klar, wen Bruder Hilpert meinte.
    Der eine, Mesner von Beruf, war klein, rund und
bucklig, der andere, Domschüler aus niederadeligem Haus, war schlaksig,
dunkelhaarig und fast sechs Fuß groß. Beide jedoch, sowohl der Mesner als auch
Bertram von Klingenberg, hatten eines gemeinsam: die Furcht, in etwas
hineinzugeraten, was ihnen eine Menge Scherereien bringen konnte. Und dann war
da noch die Angst vor dem Hünen in Schwarz und seinem Begleiter, dem Mönch.
Zeitgenossen, mit denen bestimmt nicht zu spaßen war. Das konnte man auf den
ersten Blick sehen.
    »Welch ein Zufall!« Fredegar von Stetten war sichtlich
in seinem Element. Endlich wieder jemand, den er nach Herzenslust
herumschikanieren konnte. »Und dann auch noch eine halbe Stunde zu spät zum
Dienst!«
    »Bitte um Vergebung, Herr!«, tat sich der Dickwanst
durch besondere Unterwürfigkeit hervor. »Aber droben in der Seitenkapelle gab
es noch etwas zu erledigen, weswegen ich …«
    »Was es hier zu erledigen gibt oder nicht …«, setzte
der Chorherr zu einer Strafpredigt an, wurde jedoch von Bruder Hilpert
unterbrochen. »Ich denke, das hat bis später Zeit, Herr von Stetten, findet Ihr
nicht auch?«
    Der Chorherr, ein wahrer Duckmäuser vor dem Herrn, gab
sofort klein bei und machte Bruder Hilpert mit erwartungsvoller Miene Platz.
»Sagtet Ihr nicht, Ihr hättet viel zu tun?«, flüsterte er ihm im Vorbeigehen
zu.
    »Wie meinen? Ach so – die lästige Pflicht? Damit hat
es freilich keinerlei Eile.«
    » Wirklich? «
    »Seid unbesorgt, Bruder, ich nehme mir einfach die
Zeit, selbst wenn ich vor lauter Arbeit nicht mehr weiß, wo mir der …«
    » Sicher?! «
    »… Kopf steht. Wollt Ihr etwa andeuten, dass Ihr
meiner nicht mehr bedürft?«
    »›Andeuten‹ ist gut!«, versetzte Berengar mit
schalkhaftem Grinsen und warf Bruder Hilpert einen amüsierten Seitenblick zu.
    Jetzt endlich, im Angesicht einer schweigenden
Phalanx, hatte Fredegar von Stetten begriffen und zog sich mit indigniertem
Stirnrunzeln zurück.
    »Und nun zu euch, ihr Herren!«, sprach Bruder Hilpert
den Mesner und seinen Begleiter mit einem gewinnenden Lächeln an. »Ich bin
Bruder

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