Die Kinder aus Bullerbü
»Hänschen klein«. Das war mir
doch ein lustiger Wassergeist! Und der Wassergeist war
niemand anders als Lasse, der da auf dem Stein saß und auf
einem Kamm blies. Splitternackt!
»Nun habt ihr doch wenigstens mal einen Wassergeist
gesehen«, sagte Lasse nachher.
Bosse sagte, wenn er ein wenig größer und älter geworden
sei, werde er Lasse verprügeln.
Ole bekommt eine Schwester
anchmal hab ich Lasse und Bosse satt und dann finde
M ich, es wäre besser, überhaupt keine Brüder zu
haben. Sie ärgern mich, wenn ich mit meinen Puppen spiele.
Und dann boxen sie immer und sind so grob. Und immer
sagen sie, ich sei an der Reihe, das Geschirr abzutrocknen.
Einmal sagte Lasse zu Mama, er könne nicht einsehen, wozu
man sich überhaupt Mädchen anschafft. Besser wäre es doch
wohl, sich noch neun Jungen zuzulegen, das gäbe mit Bosse
und ihm zusammen endlich eine Fußballmannschaft. Aber da
sagte Mama:
»Ich bin sehr froh, dass ich mein kleines Mädchen habe. Und
noch neun Jungen? Bewahre mich! Es reicht mir mit euch
beiden Wilden.«
Lasse hatte also nichts von seinem dummen Vorschlag.
Aber manchmal finde ich auch, es ist ganz gut, Brüder zu
haben. Wenn wir abends Kissenschlachten machen und wenn
sie zu mir kommen und Spukgeschichten erzählen und wenn
Weihnachten ist und so. Einmal war Bosse ganz lieb. Da war
ein Junge in der Schule, der langte mir eine, weil ich ihn aus
Versehen angestoßen hatte und seine Schulbücher dabei
hinuntergefallen waren. Aber da haute Bosse ihm eine runter
und sagte: »Mach das nicht noch einmal, du!«
»Warum muss sie mich denn stoßen?«, fragte Bengt. Er heißt
so, dieser Junge.
»Sie konnte doch nichts dafür. Sie hat dich ja nicht gesehen!
Hinten im Kopf hat sie doch keine Augen, du Blödmann«,
sagte Bosse.
Oh, wie gern ich Bosse da hatte! Und alle beide, Bosse und
Lasse, geben mir immer Bonbons, wenn sie sich welche
kaufen. Eigentlich ist es also gar nicht so übel, Brüder zu
haben. Obwohl es natürlich besser wäre, Schwestern zu
haben, das ist ja klar. Aber Ole sagt oft: »Die Hauptsache ist,
man hat überhaupt Geschwister.«
Bevor er nämlich seine kleine Schwester bekam, war er
wütend, weil er gar keine Geschwister hatte.
»Andere Menschen bekommen Kinder, aber hier auf diesem
Hof können wir anscheinend nie Kinder bekommen«, sagte
Ole böse. Aber dann bekam er doch eine Schwester. Oh, wie
war er glücklich! An dem Tag, als sie geboren wurde, kam er
angestürzt und sagte, wir müssten sofort kommen, um sie
anzusehen. Das taten wir.
»Da ist sie«, sagte Ole und sah uns dabei an, als zeige er uns
ein wahres Wunder. »Ist sie nicht süß?«, fragte er und sah
ganz entzückt aus.
Aber das war sie wahrhaftig nicht. Sie war ganz rot und runzlig,
ja, sie sah entsetzlich aus, fand ich. Aber ihre Hände, die
waren süß. Ja, wirklich süß.
Niemals habe ich jemanden so verblüfft gesehen wie Lasse,
als er Oles Schwester sah. Er sperrte den Mund und die
Augen auf und gaffte nur. Aber er sagte kein Wort. »Ja, sie ist
sehr süß«, sagte Britta. Und dann gingen wir hinaus.
Draußen sagte Lasse zu Bosse: »Armer Ole! Stell dir vor - so
eine Schwester haben zu müssen! Lisa ist ja auch nicht gerade
eine Schönheit, aber sie sieht doch wenigstens einigermaßen
wie ein Mensch aus. Stell dir vor, wenn dieses Kind zur
Schule kommt, wie muss sich Ole dann ihretwegen schämen.
Ein hässlicheres Mädchen hat es bestimmt in unserer Schule
noch nie gegeben.«
Danach verging etwas über eine Woche und wir waren
während der ganzen Zeit nicht im Südhof. Ole erzählte jeden
Tag, wie süß seine Schwester sei, und jedes Mal sah Lasse
ganz komisch aus. Aber eines Tages wurden wir alle
zusammen in den Südhof zur Taufe von Oles Schwester
eingeladen.
»Das arme Kind«, sagte Lasse traurig, als wir auf dem Weg
zum Südhof waren. »Für sie wäre es sicher das Beste, wenn sie
sterben dürfte, solange sie noch klein ist.«
In der guten Stube im Südhof sah es wundervoll aus. Da
standen viele Blumen, denn Oles Schwester wurde im
Frühling geboren, als es Maiglöckchen und
Himmelschlüsselchen gab. In einem Krug auf dem Kamin
standen grüne Zweige und der Kaffeetisch war gedeckt. Und
Ole war sehr fein angezogen. Das waren wir übrigens auch.
Der Pfarrer stand da und wartete. Plötzlich ging die Tür auf,
und Tante Lisa kam mit Oles kleiner Schwester auf dem Arm
herein.
Und – oh, wie war die Kleine süß geworden! Sie
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