Die Kinder aus Bullerbü
Möglichkeit. Sonst fällt uns nur wieder etwas ein, was
wir vergessen haben.«
Und wir rannten an der Weggabelung vorbei. »Das ist ja gut
gegangen«, sagte Inga.
Endlich waren wir richtig auf dem Heimweg. Es war ein
herrlicher Tag, einer von diesen ersten Tagen, an denen es
warm ist. Wir gingen wieder Hand in Hand und schwenkten
unsere Körbe, aber nicht sehr wild, sonst wären ja die
Pakete herausgefallen. Die Sonne schien und der Wald roch
gut.
»Ich glaube, wir singen wieder ein bisschen«, sagte Inga. Und
das taten wir. Wir legten los mit »Einen Ring Bratwurst von
der besten«. Es hörte sich genauso wundervoll an wie vorher
und Inga sagte, dieses Lied müssten wir in der Schule einführen
und bei der Abschlussprüfung singen. Wir sangen und sangen und
sangen, während wir die Hügel nach Bullerbü hinaufstapften.
Und dann -gerade als ich »Einen Ring Bratwurst« besonders
schön herausschmetterte - packte Inga mich am Arm. Sie sah
völlig verstört aus. »Lisa«, sagte sie, »wir haben ja gar keine
Bratwurst gekauft!«
Wir setzten uns am Wegrand nieder und sagten lange Zeit
nichts. Dann sagte Inga, sie wünschte, es wäre niemals
jemandem eingefallen, so etwas wie Bratwurst zu machen.
»Warum können die Leute nicht einfach Leberwurst essen?«,
fragte sie.
»Wir hätten nicht an der Weggabelung vorbeirennen dürfen«,
sagte ich.
Wir müssten zurückgehen, ja, da half alles nichts. Ach, war
das blöd! Wir sangen nicht mehr. Inga meinte, dieses Lied
von der Bratwurst passe doch nicht für die Abschlussprüfung.
»Nein, nicht zur Abschlussprüfung«, sagte ich, »und auch sonst
zu nichts. So ein dämliches Lied!«
Als Onkel Emil uns sah, griff er sich an die Stirn. Dann rannte
er ins Lager, um eine neue Dose saure Bonbons zu holen. Aber
wir sagten: »Nein, danke, wir möchten keine sauren Bonbons
mehr.«
»Soso«, sagte Onkel Emil, »und was wollt ihr dann haben?«
»Drei Ringe Bratwurst von der besten«, sagten wir. »Wenn
Bratwurst überhaupt gut sein kann«, murmelte Inga. Wir
wankten heimwärts. Aber als wir an die Weggabelung kamen, sah
sich Inga um und sagte:
»Wahrhaftig, da kommt Johann von der Mühle mit seinem
scheckigen alten Gaul angefahren.«
Johann ist der Müller von der Mühle, die ein Stück hinter
Bullerbü liegt.
»Dürfen wir mitfahren?«, schrien wir, als Johann uns
eingeholt hatte.
»Klar dürft ihr«, sagte Johann.
Wir sprangen hinter Johann auf den Wagen und fuhren bis
Bullerbü mit. Einmal fing ich an, einige Töne von »Einen
Ring Bratwurst von der besten« zu summen, aber da sagte
Inga:
»Wenn du noch einen Ton von diesem Lied singst, dann schubs
ich dich vom Wagen!«
Als ich zu Mama in die Küche kam, sagte sie:
»Das hat aber lange gedauert.«
»Ist das ein Wunder?«, fragte ich. »Wenn man so viel
Bratwurst kaufen muss!«
Als Mama alle Pakete aus dem Korb geholt hatte, sagte sie:
»Ich habe doch eine tüchtige Tochter - sie vergisst aber
auch nichts!«
Wir belauschen den Wassergeist
igentlich hört der Weg bei Bullerbü auf. Aber ein
E schmaler und schlechter Pfad führt weiter durch den
Wald zu Johann in der Mühle.
Johann ist ein kleiner, komischer Mann. Er wohnt ganz
allein in einer Hütte mitten im Wald. Dicht neben der
Hütte liegt seine Mühle. Sie liegt an einem Bach, der
Weidenbach heißt. Der Weidenbach ist kein so stiller und
friedlicher Bach wie der, der bei uns zu Hause durch die
Wiese fließt. Nein, nein, er kommt strudelnd in mächtiger
Geschwindigkeit angebraust. Sonst könnte er ja auch keine
Mühle antreiben. Das große Mühlrad würde sich nicht dre-
hen, wenn es der Weidenbach nicht so eilig hätte
voranzukommen und dabei das große Wasserrad zu drehen.
Es gibt nicht viele, die in Johanns Mühle mahlen lassen. Das
sind nur wir aus Bullerbü und einige, die auf der anderen
Seite des Waldes wohnen. Johann ist also recht einsam
draußen in seiner Mühle. Das Seltsame an Johann ist, dass er
Erwachsene nicht leiden kann. Er mag nur Kinder. Wenn wir
zu Johann kommen, dann redet er ununterbrochen, aber wenn
Erwachsene da sind, spricht er kein Wort, außer wenn er auf
Fragen antworten muss.
Eines Tages im Frühjahr sagte Papa zu Lasse, er solle mit zwei
Sack Roggen, der gemahlen werden musste, zur Mühle
fahren.
»Prima«, sagten wir alle, »da fahren wir mit.« Wir haben ein
altes schwarzes Pferd, das Svea heißt. Dieses Pferd hat Papa
schon lange. Er nennt es sein Hochzeitspferd.
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