Die Kinder der Elefantenhüter
bekommen, das nicht nur ihre Fassade gestrafft, sondern auch alle vitalen Teile ausgetauscht hat, das heißt, sie sehen aus, als wären sie gestern fertig geworden und heute bekäme der Eigentümer den Schlüssel ausgehändigt.
Und zwar einen goldenen Schlüssel, auf den polierten Messingschildern stehen Namen von Börsenmaklern und höchsten Anwälten, und die Tore sind mit schmiedeeisernen Gittern und Überwachungskameras verstärkt, und über dem Tor, vor dem ich stehe, sind zwei, ja, richtig verstanden: zwei Kameras angebracht.
Auf dem Türschild steht »Abakosh«, umgeben von einer Weinranke, aber für die Sprechanlage ist kein Knopf vorhanden. Also stelle ich mich in den Schusswinkel der beiden Kameras, und während ich warte, kriecht in mir, wie ich zugeben muss, das Gefühl herauf, vielleicht den Teig für ein Brot anzurühren, das so groß ist, dass ich es nicht gebacken kriege.
Ein seltenes Gefühl. Egal, wen du auf Finø fragst, jederwird dir sagen, Peter Finø handelt immer im Rahmen seiner natürlichen Zurückhaltung.
Sollte jemand den unseligen Mister-Finø-Wettbewerb von damals in die Diskussion werfen, möchte ich noch einmal unterstreichen, dass dies das Ergebnis einer bösartigen Verschwörung gewesen war, und bitte lass mich ein für alle Mal sämtliche Gerüchte dementieren, indem ich genau erzähle, wie es sich zugetragen hat. Es kam daher, dass Tilte ihren Klassenkameraden Kaj Molester Lander in ihr walk-in closet einlud, zu einer Tour im Sarg. Ich kann diese Schnapsidee nur mit Tiltes Wunsch erklären, den Menschen helfen und ihren Charakter verbessern zu wollen, eine Eigenschaft freilich, die sie zuweilen blind macht für die hoffnungslosen Fälle.
Um Tilte nun trotzdem zu helfen und die Chance zu erhöhen, dass Kaj anfangen könnte, sein Gewissen – falls er eines hat – zu prüfen, und sei es nur ein kleines bisschen, hatte ich einige Sequenzen aus dem Tibetanischen Totenbuch aufgenommen und sie mit Zwei-Drittel-Geschwindigkeit auf einen MP3-Spieler übertragen. Das Gerät habe ich dann ins Sargfutter gesteckt und, als Kaj Molester sich hineingelegt hatte und der Deckel geschlossen worden war, mit der Fernbedienung gestartet.
Es war eine sehr ausdrucksvolle Aufnahme geworden. Mit Zwei-Drittel-Geschwindigkeit klang meine Stimme, als ob der Fürst der Finsternis persönlich spräche, ich war mir sicher, es würde wirken.
Das tat es auch. Kaj Molester schoss wie eine Neujahrsrakete aus dem Sarg, in Schweiß gebadet. Aber statt nun die Gelegenheit zu nutzen und zu fragen, woher diese Angst eigentlich kam, was sonst in sämtlichen spirituellen Traditionen empfohlen wird, rannte er über die Straße undpetzte bei seinen Eltern, die eine Viertelstunde später im Pfarrhof standen, was schließlich dazu führte, dass Tilte den Sarg wieder abliefern musste.
Statt meine guten Absichten zu würdigen, war Tilte verbittert, so verbittert, dass sie mit Kaj Molester ein Bündnis schloss, das in eine Reihe mit den ganz großen Verrätereien der Weltgeschichte gehört.
Sie setzten einen böswilligen Plan in die Tat um. Kaj lockte mich auf das Trainingsgelände, indem er mir versprach, sich ins Tor zu stellen, während ich den Effet per Außenrist übte. Genau zur selben Zeit fand die Endausscheidung zur Wahl des Mr. Finø statt. Plötzlich kam Tilte angerannt und rief, Ejnar Tampeskælver Fakir würde nach mir suchen, weil ich den Kämpferpokal des Finø Boldklubs entgegennehmen sollte, und um mich zu ehren, wie ich es verdiente, wollte Ejnar mir den Pokal eigenhändig auf der großen Bühne überreichen. Er bat mich deshalb, in Fußballhose und -stiefeln zu kommen und gern mit nacktem Oberkörper, um zu demonstrieren, wie viel Schweiß mich das gekostet habe.
Ich glaube von den Menschen immer nur das Beste, und unschuldig, wie ich bin, stieg ich auf die Bühne, ohne zu wissen, dass die versammelten über tausend Inselbewohner und Touristen kurz vor mir noch zwei Meter große und hundert Kilo schwere norwegische Schwimmer und dänische Ruderer gesehen hatten, die ölglänzend vor ihnen posierten.
Also die Sache damals zählt nicht. Normalerweise taste ich mich mit den Fingerspitzen vor.
»Wir möchten keine Zeitungen und keine Werbung.«
Das ist die Damenstimme aus dem Telefon, der Lautsprecher muss im Namenschild eingebaut sein.
»Das trifft sich gut«, sage ich. »Denn wenn es zwei Dinge gibt, die ich gar nicht dabeihabe, dann sind es Zeitungen und Werbung. Aber ich habe eine Verabredung mit
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