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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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daran gearbeitet, und als sie abfahren, befürchten wir das Schlimmste.
    Dass wir damit nicht falsch liegen, wird uns bestätigt, als uns im Finø Folkeblad eine stattliche Anzeige ins Auge springt, die Vater und Mutter, wie sich herausstellt, in allen großen Zeitungen geschaltet haben und in der sie Finanztipps anbieten. Daraus schließen wir, dass ausgerechnet sie, die mit ihrem Geld noch nie auskamen, den Leuten jetzt erklären, wie sie ihre Ersparnisse verwenden sollen.
    Unsere Stimmung erreicht einen Tiefpunkt, als das Finø Folkeblad einen Artikel der Zeitung Børsen zitiert, der begeistert von einem Gottesdienst mit Vortrag über Christentum und Geld mit direkt folgender Finanzberatung berichtet. Mutter und Vater haben den Vortrag vor der Vereinigung dänischer Großbanken gehalten, Veranstaltungsortwar ein Gut bei Fakse, und der Reporter schreibt, dass sich während des Gottesdienstes die Tiere des Waldes vor dem Anwesen versammelten, Hirsche und Dachse und Igel und Schwärme von Vögeln, und während der finanziellen Beratung erschienen eigentümliche Lichtmuster und Nebelschwaden im Raum.
    Wie Mutter und Vater die Sache mit den Tieren rein technisch gedeichselt haben, finden wir nicht heraus, aber man darf nicht vergessen, dass unsere Familie aus Belladonnas Zeiten zoologische Erfahrungen hat, abgesehen davon hielten wir im Pfarrgarten Vogelspinnen, Haie, Hühner und Futterkaninchen. Aber eins ist klar: Mutter und Vater sind zu weit gegangen, sie haben sich auf das Gebiet der eigentlichen Wunder begeben.
    In der Woche darauf kommen sie nach Hause, aber nicht in dem Bus, mit dem sie gestartet sind – der wird ihnen in der folgenden Woche von einem bezahlten Fahrer gebracht –, sie kommen im Maserati, und als sie von der Fähre an Land rollen, ist ihnen das Gerücht schon vorausgeeilt, und der ganze Weg vom Hafen bis zum Großen Markt ist gesäumt von Inselbewohnern.
    Ich weiß nicht, ob du je einen Maserati gesehen hast, aber falls nicht, kann ich dir sagen, das ist ein Auto für Menschen, die von Natur aus Exhibitionisten sind, aber gleichzeitig gerne zeigen möchten, dass sie zu bescheiden sind, um ihren Mantel aufzuknöpfen. Kurzum, es ist ein Fahrzeug, das von all dem, das nicht vorgezeigt wird, von innen heraus zu explodieren droht. Als es vor dem Pfarrhof hält und Mutter aussteigt, sehen die versammelten Volksmassen, darunter leider auch Hans und Tilte und Basker und ich, dass sie einen Minkpelz trägt, der bis zum Boden reicht und alle nach Luft schnappen lässt, außer den achthundertMinknerzen, die für den Pelz draufgegangen sind und schon vor langer Zeit das letzte Mal nach Luft geschnappt haben.
    Es folgen vierzehn Tage, in denen wir überlegen, ob wir uns bei Mutter und Vater auf christliche und mitfühlende Weise Gehör verschaffen sollten, ihnen zum Beispiel mit einer Eisenstange auf den Kopf hauen und sie zur Notaufnahme der Psychiatrischen Abteilung des Finøer Krankenhauses fahren und ihnen eine Zwangsjacke anlegen lassen sollten?
    Leider können wir uns nicht entscheiden, ehe sie schon wieder losziehen. Andererseits atmen wir erleichtert auf, als sie abfahren, weil der Druck unserer Kameraden, die darauf hoffen, dass Vater mit ihnen eine Tour im Maserati unternimmt, mit zweihundert Sachen in den Kurven und zweihundertsechzig auf der geraden Strecke zum Flugplatz raus, oder die erwarten, meine Mutter einen Moment lang nackt im Mink zu sehen, dieser Druck nimmt ab.
    Der große Hammer fällt eine Woche später, und zwar so: Als Tilte und ich von der Schule nach Hause kommen, sitzt unser großer Bruder statt über seinen Textaufgaben im Internat Grenå neben Bodil Nilpferd, die flankiert wird von drei anderen Personen von unheilverkündender Erscheinung, sie entpuppen sich als Professor Thorkild Thorlacius-Drøbert nebst Gattin sowie Bischöfin Anaflabia Borderrud vom Bistum Grenå.
    Ich habe ja schon erwähnt, dass ich in meiner frühen Jugend, also im Alter von fünf bis zwölf, vereinzelt dazu gedrängt und verleitet wurde, Obst zu stehlen, möglicherweise einmal sogar Steinbutt aus einem Fischkasten, dass dies nun aber der Vergangenheit angehört. Trotzdem war ich lange Zeit meines Lebens ein Opfer falscher Verdächtigungen,was zur Folge hatte, dass der Pfarrhof etliche Male den Besuch auswärtiger Personen erlebte, die ein Eilverfahren mit standrechtlicher Exekution forderten.
    Aber die Stimmung rund um Bodil und ihr Killerkommando ist weit beängstigender.
    »Es wird noch ein

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