Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
wirst dich bald daran gewöhnen.«
»Das habe ich nicht gemeint. Na ja, vielleicht ein bisschen. Manche Gegenden riechen stärker als andere. Ich finde, dass die Stadt einen besonderen Geruch hat. So als sei sie sehr alt. Als lebten hier schon sehr lange Leute. In den belebten Teilen der City von New York riecht es an sehr heißen Tagen genauso. Nur ist der Geruch hier hundertmal stärker.«
John nickte. »Ja, das finde ich auch. Aber ich habe außerdem noch das komische Gefühl, schon mal hier gewesen zu sein. Als sei ich hier zu Hause.«
»Mir geht es genauso«, pflichtete Philippa ihm bei. »Aber ich glaube, es ist noch mehr als das: Seit wir angekommen sind, fühle ich mich so beobachtet.«
»Ausgezeichnet«, sagte Nimrod. »Natürlich bist du irgendwie hier zu Hause, John. Und es gibt in Kairo so viele Dschinn wie sonst fast nirgendwo, Philippa, außer vielleicht noch in Istanbul. Wahrscheinlich spürst du sie.«
»Bedeutet das, wir sind Araber?«, fragte John.
»Du liebe Güte, nein«, erwiderte Nimrod. »Araber sind ein menschlicher Volksstamm. Wir sind Dschinn. Die Dschinn unterscheiden sich sehr von menschlichen Völkern. Wenn ihr wollt, erzählt Mr Rakshasas euch morgen alles über unsere Stämme.«
»Im Augenblick wünsche ich mir bloß, dass der Kutscher aufhört, das arme Pferd zu schlagen«, sagte Philippa und verzog das Gesicht, als der Ägypter die Peitsche knallen ließ.
Nimrod kicherte. »Dein Wunsch ist mein Befehl, Herrin«, sagte er. Mit geschlossenen Augen murmelte er leise ein paar Worte. Sofort fiel das Pferd in den Galopp und zog die Ghari mit solcher Geschwindigkeit, dass sie Busse und Autos überholte. Der Kutscher schrie etwas auf Arabisch, doch das Pferd weigerte sich stehen zu bleiben. Seine Hufe schlugen laut über die schmierige Straße.
»Es wird sowieso Zeit, dass wir nach Hause kommen«, sagte Nimrod gelassen. »Es ist schon viel später, als ich dachte.«
»So habe ich das nicht gemeint!«, rief Philippa und klammerte sich an der Seite der Kutsche fest, während sie um eine Kurve jagten.
»Wie hast du es dann gemeint?«, fragte Nimrod. »Jetzt benutzt der Kutscher seine Peitsche nicht mehr, stimmt’s?«
»Ja, aber nur, weil er sich nicht traut, denn sonst würde das Pferd noch schneller laufen«, sagte Philippa. Als die Ghari über ein großes Schlagloch holperte, schrie sie vor Angst auf.
»Aufregend, nicht wahr?«, fragte Nimrod. »Es gibt doch nichts Schöneres als eine Kutschfahrt durch Kairo an einem warmen Sommerabend!«
Sie erreichten die Grenzen von Garden City, und wenige Minuten später hielt das Pferd von allein direkt vor Nimrods Haus an. Die drei Dschinn stiegen aus der Kutsche, ebenso wie der Kutscher. Er wirkte nicht nur über das Tempo seines Pferds beunruhigt, sondern auch über die Tatsache, dass es den Rückweg ohne seine Hilfe gefunden hatte. Nimrod klopfte dem Pferd begeistert auf die Schulter, um dem Mann zu zeigen, dass er nicht wütend war, und gab dem Kutscher ein besonders großes Trinkgeld für den Fall, dass er das Pferd bestrafen wollte.
»Wir hätten uns den Hals brechen können«, warf Philippa ihrem Onkel vor, als sie wieder im Haus waren.
»Ach nein, ich glaube nicht, dass wir wirklich in Gefahr schwebten«, sagte Nimrod lächelnd. »Aber vielleicht verstehst du jetzt, was ich mit dem Erfüllen von Wünschen meine. Manchmal kann man die Wirkung nicht voraussehen. Man weiß nie, wie es ausgehen wird. Du hast dir gewünscht, dass der Fahrer das Pferd nicht mehr peitscht, und das ist eingetroffen. Aber der Grund,
warum
er die Peitsche nicht mehr benutzt hatte, hat dir nicht gefallen. Das ist eine wichtige Lektion, die jeder junge Dschinn lernen muss. Wenn man mit der Zukunft spielt, gibt es einen unerwarteten und sogar unangenehmen Zufallsfaktor. Das Problem ist, dass wir in einer sehr komplizierten Welt leben. Selbst kleine Varianten in den ursprünglichen Konditionen können in dynamischen Veränderungen des Endergebnisses resultieren. Und große Varianten, die herbeigeführt werden, wenn ein Dschinn einen Wunsch erfüllt, können enorme dynamische Veränderungen des Endergebnisses bewirken.«
»Äh, genau«, sagte John und warf Philippa einen nervösen Blick zu, in der Hoffnung, dass sie das Gehörte auch nicht besser verstand als er.
Sie fing seinen Blick auf und zuckte mit den Schultern.
Nimrod führte die Zwillinge ins Wohnzimmer, wo Creemy ein heißes Getränk für sie hingestellt hatte. »Die Dschinn haben ein Sprichwort,
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