Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
würden dich nie wiedersehen«, sagte Philippa.
»Dazu wäre es auch fast gekommen«, gab Nimrod zu. »Ich hätte hier sehr lange eingeschlossen sein können.« Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und wischte sich mit dem Taschentuch eine Träne aus dem Auge. »Ich verdanke euch mein Leben, Kinder. Ich verdanke euch mein Leben.«
Dann unterdrückte er weitere Gefühlsausbrüche, räuspertesich, steckte sein Taschentuch ein und wandte sich mit einem verschmitzten Lächeln an den Butler.
»Und was Sie betrifft, Mr Groanin«, sagte er, »so wird durch Paragraph 42, Absatz 12 der Regeln von Bagdad zwar ausgeschlossen, dass man einem Menschen, der durch drei früher geschenkte Wünsche bei der Befreiung eines Dschinn hilft, weitere Wünsche gewährt. Dennoch fühle ich mich verpflichtet, Paragraph 44 geltend zu machen, der sich auf Handlungen von außerordentlicher Selbstlosigkeit bezieht. Ich gewähre Ihnen hiermit noch einmal drei Wünsche, Mr Groanin, die Sie einlösen können, sobald Sie möchten.«
Groanin stöhnte laut auf. »Nein!«, rief er. »Bitte keine weiteren Wünsche! Zum ersten Mal seit Jahren genieße ich die Freiheit, keinen Wunsch mehr frei zu haben. Ihr Dschinn habt ja keine Ahnung, wie grauenhaft es sein kann, mit der Qual der Wahl leben zu müssen. Wie anstrengend das für einen Menschen ist. Soll ich mir dies wünschen oder jenes? Soll ich dies werden oder das? Es ist kräftezehrend. Keine Wünsche mehr.«
»Aber nun habe ich sie schon ausgesprochen«, sagte Nimrod. »Und gewährte Wünsche können nicht zurückgenommen werden.«
»Dann wünsche ich mir, dass ich keine Wünsche mehr habe«, sagte Groanin. »Tatsache ist, dass mir etwas ganz Wichtiges über Wünsche klar geworden ist. Nämlich dass man das Gewünschte oft gar nicht mehr haben möchte, nachdem man es bekommen hat. Nein, noch nicht mal einen neuen Arm! Ich habe mich daran gewöhnt, nur diesen einen zu haben, und wüsste gar nicht, was ich mit noch einem Arm anfangen sollte.«
»Gut gesprochen, Mr Groanin«, sagte Nimrod. »Wirklich gut gesprochen.« Dann blickte er zu den Zwillingen hinüber. »Ach, übrigens: Hat einer von euch auf das Wort geachtet, das aus dem toten Körper des Skorpions entwichen ist?«
»Es war kein Wort, das ich kenne«, sagte Philippa und zuckte mit den Schultern. »Es klang wie ›Hasar‹.«
»Hasar«, wiederholte John. »Ist das nicht der Name eines Königs von Marokko?«
»Hasar?«, murmelte Nimrod.
»Sagt dir das irgendwas?«
Nimrod schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein, überhaupt nichts.«
In der Zwischenzeit war Mr Rakshasas seiner Messinglampe entstiegen. Er borgte sich Johns Taschenlampe und begann, die wunderschönen Reliefs an den Wänden des leeren Grabs zu untersuchen. Die Steingravierungen waren mit Zauberkraft versehen und sollten einem toten Ägypter die Reise ins ewige Leben erleichtern. Mr Rakshasas tastete sie mit den Fingerspitzen ab, wie ein Blinder, der die Blindenschrift liest. Die Zwillinge waren gezwungen, ihm entweder durch das Grab zu folgen oder in der fast greifbaren Finsternis zu verharren.
»In diesem Grab gibt es Dutzende von Kammern«, sagte Nimrod irgendwo in der Dunkelheit. »Es erstreckt sich auf mehrere hundert Meter bis hin zu den Steinen, wo ich das Auto geparkt habe. Dort befindet sich noch ein Eingang, der durch das Erdbeben freigelegt wurde. Die Bindung, die Hussein Hussaout angewandt hat, muss beide Eingänge nach seinem Verschwinden durch einen Sandsturm zugedeckt haben.Ich bin in der Hoffnung, einen anderen Weg nach draußen zu finden, bis ganz an dieses Ende gegangen. Aber es scheint eine Art Irrgarten zu sein, und ich konnte in der Dunkelheit den Haupteingang nicht wiederfinden.«
»Schaut euch diese Hieroglyphen an«, sagte Mr Rakshasas. »Sie enthalten keine der üblichen Hinweise auf den Totengott Osiris, wie man sie sonst auf dem Grab eines Ägypters findet, der an die gewöhnlichen Götter glaubte. All diese Reliefs beziehen sich nur auf Aten. Es handelt sich also eindeutig um Akhenatens Grab.«
»Aber wo ist der Schatz?«, wollte John wissen.
»Gute Frage«, murmelte Nimrod.
»Es ist möglich, dass ein Teil davon schon auf die Museen in aller Welt verteilt ist«, meinte Mr Rakshasas. »Die Lage des Grabs und die Grabmalereien lassen die Vermutung zu, dass es sich um Grab 42 handelt, das man erstmals im Jahr 1923 ausgehoben hat. Bei einem starken Sandsturm wurde es wieder verschüttet. Offensichtlich hat man
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