Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
es fälschlicherweise für das Grab eines Schatzmeisters oder eines Verwalters gehalten. Der Grund dafür ist verständlich. Die Reliefs in der Nähe der Tür, durch die wir hineingekommen sind, sehen ganz anders aus als die weiter drinnen. So als hätte Akhenaten aus Angst vor seinen Verfolgern versucht, das Grab zu tarnen. Seine Vorsicht war sicher angebracht.«
Mr Rakshasas deutete auf ein riesiges ägyptisches Gemälde, das eine ganze Wand des Grabs bedeckte. Es zeigte einen großen Mann mit goldenem Zepter von der Größe eines Wanderstocks, aus dem Sonnenstrahlen auf die nackten Körper vonmehreren Dutzend Männern fielen, die vor ihm auf den Knien lagen.
»Doch das hier«, sagte er aufgeregt, »das hier ist unmissverständlich. Für jeden, der sich in der Geschichte der Dschinn auskennt, ist die Bedeutung dieser Bilder eindeutig. Es sind siebzig Priester, die vor ihm knien. Das ist für Ägypter eine ungewöhnliche Zahl. Doch für mich ist klar, dass dies ein Bild der vermissten Dschinn von Akhenaten sein muss – vielleicht sogar die einzige Zeichnung, die es von ihnen gibt.« Mr Rakshasas drehte sich zu Nimrod um. »Interessanter Turban, finden Sie nicht auch, Nimrod?«
»Ich dachte gerade dasselbe«, antwortete Nimrod. »Auf den meisten ägyptischen Turbanen ist vorne der gesamte Körper der Schlangengöttin Wadjet abgebildet. Doch der Körper dieser Schlange scheint sich ganz um den Kopf des Königs zu winden. Sie wirkt auch realistischer als sonst. Es könnte beinahe eine echte Schlange sein. Der schwarz-goldene Körper ähnelt stark einer Uräusschlange. Und seht doch, wie Wadjet die Sonnenscheibe unter ihrem Körper zu verbergen scheint, fast so als …«
Nimrod schlug sich gegen die Stirn. »Ja, natürlich! Warum haben wir das nicht schon früher erkannt?«
»Was ist denn?«, fragte Philippa.
»Seit Tausenden von Jahren hat unser Stamm sich gefragt, wie ein Mensch, auch wenn er ein halber Dschinn war, die Macht über siebzig andere Dschinn gewinnen konnte. Doch der Turban scheint darauf hinzudeuten, dass Akhenaten gar nicht Herr über seine Kräfte war. Sondern dass er selbst von einem Dschinn beherrscht wurde. Höchstwahrscheinlich voneinem Ifrit, der die Gestalt von Schlangen und Skorpionen bevorzugt.«
»Das würde eine Menge erklären«, stimmte Mr Rakshasas ihm zu. »Zum Beispiel, warum die Ifrit anscheinend mehr über die Geschichte wissen als wir.«
»Sie glauben doch nicht etwa, dass sie die siebzig vermissten Dschinn des Akhenaten schon in ihrer Gewalt haben?«, fragte Nimrod.
»Wenn das so wäre«, warf Philippa ein, »dann hätten sie sich doch nicht die Mühe gemacht, dich aus dem Weg zu räumen, oder?«
»Gut gefolgert«, sagte Nimrod. »Dann hätten sie die Dschinn-Mächte schon aus dem Gleichgewicht gebracht, und ich wäre sehr wahrscheinlich tot.«
»Ich glaube, dieses Wandgemälde beweist, dass die vermissten Dschinn einmal hier waren«, sagte Mr Rakshasas. »Vermutlich in irgendeinem Gefäß – einem Steinkrug vielleicht. Zusammen mit Akhenatens restlichen Schätzen. Aber wer weiß, wo sie jetzt sind? Höchstwahrscheinlich in einem Museum.«
»Doch in welchem?«, fragte Nimrod. »Ein solches Gefäß könnte sich überall befinden. Wenn man es falsch klassifiziert hat, kann die Suche Jahre dauern.«
»Dann wissen die Ifrit doch genauso wenig wie wir, wo seine Schätze sein könnten«, sagte Philippa.
»Vermutlich«, pflichtete Nimrod ihr bei. »Es gibt nur einen Menschen, der diese Fragen mit Sicherheit beantworten kann. Der Mann, der Grab 42 wiederentdeckt hat: Hussein Hussaout.«Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Außerdem schuldet er mir eine Erklärung. Ich halte es für sinnvoll, wenn wir ihm auf dem Nachhauseweg einen Besuch abstatten. Er wird uns heute Abend sicher nicht erwarten.«
Sie kehrten zu den Ruinen und dem Cadillac zurück. Nimrod begutachtete den rosa Ferrari kritisch. »Was soll denn das sein?«, fragte er glucksend.
»Wir hatten keine Zeit, ein Auto zu mieten«, erklärte John. »Deswegen mussten wir unsere Dschinn-Kräfte anwenden.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ich weiß. Die Räder passen nicht. Und die Farbe …«
»Ja, es sieht aus wie ein Auto, das ein arabischer Ölscheich der unbedeutendsten Frau aus seinem Harem überlassen hat, damit sie durch die Sanddünen fahren und die Kinder von der Schule abholen kann. Doch wenn man bedenkt, dass ein Auto aus ungefähr zwanzigtausend verschiedenen Teilen besteht, dann
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