Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
dass mehrere königliche Zepter zerbrochen wurden.«
»Ja, das stimmt«, sagte Nimrod nachdenklich. »Aber es waren auch ein paar Steinkrüge aufgebrochen. Ägyptische Vorratsgefäße.«
»Angenommen, die dienten nur dazu, um uns von der richtigen Spur abzulenken. Angenommen, die Einbrecher waren nur hinter den Zeptern her.«
»Also gut«, sagte Nimrod. »Gehen wir mal davon aus, dass es so war. Aber warum würde jemand ein Sekhem-Zepter zerbrechen wollen?«
»Als wir in Akhenatens Grab standen«, sagte Philippa, »hielt der Pharao auf dem Wandgemälde das königliche Zepter hochüber den Köpfen der siebzig Dschinn. Erinnerst du dich daran, wie die Sonnenstrahlen aus der Spitze des Zepters herausströmten und jeden der Dschinn zu berühren schienen?«
»Ja«, sagte Nimrod.
»Also dann zum dritten Teil meiner Theorie. Iblis hat etwas gesagt, als er uns in die Brandy-Karaffe einsperrte. Er sagte, wir hätten Glück, dass er uns nicht in seinen Füllhalter oder in die hohle Giftkammer seines Spazierstocks sperrte. Und das brachte mich zum Nachdenken. Angenommen, die Spitze des Zepters wäre auch hohl. Wäre das nicht ein Superversteck, um die Dschinn aufzubewahren, aus deren Kräften man seine Macht schöpft? Nicht in irgendeiner Flasche oder einem Glas, sondern im eigenen Zepter, dem Symbol der eigenen Autorität? Ich habe zwar bisher nur in einer Brandy-Karaffe gesteckt, aber mir scheint, dass man siebzig Dschinn mit Leichtigkeit dort unterbringen könnte. Und wenn man das kann, warum dann nicht auch in dem Teil des Zepters, auf dem alle Hieroglyphen eingraviert sind?«
»Das Sekhem-Zepter bezieht sich auf Osiris«, sagte Nimrod. »Osiris wurde manchmal ›Großer Sekhem‹ genannt. ›Sekhem‹ bedeutet ›Kraft‹ und ›Macht‹. Du hast Recht, Phil. Da die Dschinn die Quelle von Akhenatens Macht waren, könnte das der perfekte Aufbewahrungsort für die siebzig Dschinn gewesen sein.« Nimrod betrachtete die Zepter auf den Bildern näher. »Ich sehe keinen Grund, weshalb sie nicht alle dort hineinpassen sollten, wenn die Spitze wirklich hohl ist. Sie könnte sogar eine geheime Flasche verbergen. Bei meiner Lampe, das ist wirklich eine glänzende Theorie!«
»Aber wie konnte Akhenaten überhaupt die Macht über so viele Dschinn gewinnen?«, fragte Philippa. »Das wissen wir immer noch nicht.«
»Doch, ich kann es mir denken«, sagte John. »Nachdem wir gesehen haben, wie Iblis Madame Cœur de Lapin in Schach hielt. Ich wette, vor viertausend Jahren haben die Ifrit Akhenaten genauso unter Kontrolle gehabt wie Iblis die arme Madame Cœur de Lapin: indem einer von ihnen die Gestalt einer echten Schlange auf dem Haupt des Königs annahm.«
»Ja«, sagte Nimrod. »Nicht schlecht, John.« Er ging an den Tisch und hob den Telefonhörer ab.
»Wen rufst du an?«, fragte John.
»Die Polizei«, erklärte Nimrod. »Ich möchte sie etwas über den Museumseinbruch fragen.«
Nimrod sprach mehrere Minuten lang arabisch. Als er den Hörer auflegte, wirkte er sehr aufgeregt. »Die Zepter waren nicht zerbrochen«, sagte er. »Nur die Spitzen mit der Raute hat man aufgebrochen. Sie wurden sogar regelrecht zertrümmert, als hätte jemand versucht herauszufinden, ob sie innen hohl sind.«
Er eilte zur Tür.
»Wohin gehst du?«, fragte Philippa.
»Nach Hause. Wir müssen sofort Mr Rakshasas Bescheid sagen.«
»Und was ist mit ihr?« Philippa zeigte auf Madame Cœur de Lapin, die immer noch schlafend auf dem Sofa lag. »Kommt sie wieder in Ordnung?«
»Nachdem sie eine Weile geschlafen hat, fühlt sie sich wieneugeboren«, antwortete Nimrod. »Vermutlich wird sie sich beim Aufwachen an nichts erinnern. Aber das ist wohl auch besser so. Außerdem ist sie Französin. Wahrscheinlich wird sie glauben, dass sie zu viel Wein zum Frühstück getrunken hat.«
Zu Hause trug Groanin die Messinglampe von Mr Rakshasas in die Bibliothek und rieb sie heftig, um den alten Dschinn herbeizurufen.
Mr Rakshasas hörte Nimrod aufmerksam zu und nickte dann. »Ich sehe keine andere Erklärung«, sagte er zustimmend. »Die Kombinationsgabe Ihrer Nichte ist beachtenswert.«
»Ist das nicht toll?«, meinte Nimrod. »Jetzt wissen wir, wonach wir suchen müssen, auch wenn wir noch nicht wissen, wo.«
»Es stimmt«, sagte Mr Rakshasas, »in vielen Museen auf der ganzen Welt werden solche Zepter ausgestellt.« Er nickte den Zwillingen zu. »Ich glaube, im New Yorker Metropolitan Museum gibt es auch eins. Aber ich weiß nur von einem
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