Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
Haufen Wilde. Und keine Wissenschaftler.«
»Jetzt hörst du dich an wie Francisco Pizarro, John«, sagte Nimrod.
»Tut mir leid«, sagte John. »Du hast natürlich recht. Auf ihre Art waren sie wahrscheinlich ziemlich zivilisiert.«
»Außerdem vergisst du, dass Manco Cápac ein Dschinn war«, sagte Nimrod. »Er wusste Dinge über die chemischen Elemente, die den Menschen damals noch völlig unbekannt waren. Erinnerst du dich noch an deinen Tammuz in Ägypten? Und dass ich dir erklärt habe, Dschinn würden Dinge aus dem Feuer erschaffen, das in ihrem Innern brennt? Und dass man das Wesen der Dschinnkraft nur verstehen kann, wenn man auch die chemischen Elemente versteht?«
»Klar«, sagte Philippa. »Das innere Feuer wird Neshama genannt.«
»Dann weißt du vielleicht auch noch, wie ich euch erklärt habe, dass wir Dschinn diese Energiequelle nutzen, um die Protonen in den Molekülen von Gegenständen zu beeinflussen.«
»Natürlich«, sagte Philippa. »Du hast gesagt, um Dinge verschwinden oder erscheinen zu lassen, müssen wir Protonenhinzufügen oder wegnehmen und dadurch ein Element in ein anderes umwandeln.«
»Und dass wir einen Stein verschwinden lassen können, indem wir Neutronen von den verschiedenen Atomen des Steins abziehen«, fügte John hinzu.
»So ist es«, sagte Nimrod. »Versteht ihr denn nicht? Dschinnkraft ist nichts anderes als Physik. Reine Kernphysik, um genau zu sein. Vielleicht war der Glaube der Spanier an die Existenz einer Stadt aus Gold gar kein Hirngespinst. Dass die Inka überhaupt so viel Gold besaßen, hatte unter anderem den Grund, dass Manco Cápac sehr geschickt darin war, Blei in Gold zu verwandeln. Außerdem kann man unmöglich verstehen, wie Blei funktioniert, wenn man nicht weiß, wie seine Isotope funktionieren.«
»Seine Iso was?«, fragte Groanin. »Was ist ein Isotop? Sprechen Sie englisch, verflixt noch mal.«
»Isotope sind Atome desselben Elements. Aber sie unterscheiden sich in der Anzahl ihrer Neutronen. Blei hat vier stabile Isotope und ein instabiles radioaktives Isotop.«
»Radioaktiv«, sagte John. »Ich hatte gehofft, du würdest so etwas nicht sagen müssen.«
»Es ließ sich leider nicht vermeiden«, sagte Nimrod. »Wisst ihr, ich glaube, dass Manco Cápac es nicht nur geschafft hat, fünfhundert Jahre vor den Curies Polonium zu isolieren, sondern dass er auch ein grundlegendes Verständnis von Radioaktivität besaß. Und dass eine der Tränen der Sonne, die wir gerade Virgil Macreeby übergeben haben, womöglich die Sprengkapsel für eine primitive Art von Atombombe ist.«
»Was?!« Groanin kippte den Rest seines Tees ins Gebüsch. »Teufel auch.« Er biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe doch gesagt, Sie sollen mir das nicht erzählen. Mir geht es viel besser, wenn ich nichts weiß. Daran besteht kein Zweifel.«
»Ich vermute, dass eine der anderen Scheiben aus Lithium besteht«, sagte Nimrod und achtete gar nicht auf ihn. »Und dass Macreeby bereits alles hat, was er sonst noch braucht, um die Bombe fertigzustellen. Vielleicht eine Art Stange, die ebenfalls aus reinem Uran besteht.«
»Augenblick«, sagte Philippa. »Hat Faustina nicht erzählt, dass irgendwelche seltenen Inka-Artefakte aus dem Ethnologischen Museum in Berlin gestohlen wurden und dass darunter auch ein goldener Stab war?«
»Ja, das hat sie«, sagte Nimrod. »Und ein goldener Stab könnte genau das sein, was ich meine.«
»Falls er ebenfalls aus Uran besteht und nicht aus Gold«, ergänzte Philippa.
»Richtig.« Nimrod rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Aber wie funktioniert das alles?«, fragte John. »Die drei Scheiben und vielleicht dieser Stab?«
»Die Idee dahinter ist vermutlich, dass man den Stab und die Lithiumscheibe wie Gewehrkugeln durch das Rohr jagt. Am unteren Ende des Rohrs befinden sich bereits die ersten beiden Scheiben und ein Stück Uran, das ungefähr so groß ist wie ein Baseball.«
»Hab das Spiel nie gemocht«, sagte Groanin. »Für meine Begriffe ist das nichts anderes als Kricket für Blöde.«
»Mehr braucht man nicht für eine Atombombe«, sagte Nimrod.»Wenn Polonium und die beiden Uranstücke aufeinanderkrachen, kommt es zu einer Kettenreaktion und einer kleinen atomaren Explosion, die ungefähr das gleiche Ausmaß hat wie die Atombombe auf Hiroshima.«
»Ein Baseball«, sagte Philippa. »Mehr nicht?«
»Ich fürchte, nein«, sagte Nimrod. »Vielleicht braucht man sogar noch weniger.«
»Diesen Baseball möchte ich jedenfalls nicht
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