Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
ist, ist er dort vielleicht am besten aufgehoben.«
»Der schwierige Anfahrtsweg ist aber nur ein Punkt, warum ich dagegen bin«, sagte Philippa. »Es ist kalt im Norden. Noch kälter als in der Stadt. Wir würden ohne Dschinnkräfte dorthin fahren und ohne jede Chance, sie dort oben zurückzubekommen.«
»Das würde auf jeden Fall Dybbuks Todesangst erklären«, sagte John. »Noch ein Grund mehr, hinzufahren, finde ich.«
Verzweifelt schüttelte Philippa den Kopf. Manchmal, fand sie, hatte ihr Bruder mehr Mut, als gut für ihn war. »Wenn es umgekehrt wäre und wir ihm eine solche E-Mail schicken würden«, sagte sie, »könnte ich wetten, dass Dybbuk uns nicht zu Hilfe käme.« Sie machte eine Pause, ehe sie hinzufügte: »Ich habe zwar keine Ahnung, wie lange eine Kanufahrt von Newburgh Bay zur Insel dauert. Aber ich glaube nicht, dass Mom sich damit abfinden wird, wenn wir für einen ganzen Tag oder noch länger einfach verschwinden. Ist dir aufgefallen, wie sorgfältig sie uns in letzter Zeit im Auge behält? Neuerdings schließt sie sogar meine Haarbürste weg, für den Fall, dass jemand versucht, sie zu stehlen, um ein Amulett daraus zu machen.«
»Wirklich?«, sagte John. »Ich habe noch nichts davon gemerkt, dass sie meine Bürste wegschließt.«
»Was hätte das für einen Zweck?«, meinte Philippa und grinste. »Du kämmst dich ja doch nie. Ich will damit bloß sagen, wenn wir wirklich nach Bannermann’s Island fahren, wird sie wahrscheinlich glauben, dass wir ebenfalls verschwunden sind.«
»Das sind alles gute Gründe, um zu Hause zu bleiben und nichts zu tun«, sagte John. »Aber ich werde trotzdem fahren. Nur weil Dybbuk sich uns gegenüber nicht gerade wie ein Freund verhalten hat, bedeutet das noch lange nicht, dass wir uns ihm gegenüber nicht wie Freunde verhalten können.« Er hob die Schultern. »Hör mal, es muss doch einen Weg geben, das durchzuziehen, ohne dass bei Mom gleich die Alarmglocken läuten.«
»Sicher«, sagte Philippa. »Die Lösung heißt Dschinnkräfte.Aber leider haben wir keine. Zumindest nicht im Moment. Nicht, ehe es ein bisschen wärmer wird.«
»Dann lass uns jemanden finden, der Dschinnkräfte hat.«
»Nimrod?«
»Genau. Wenn wir es ihm erklären, kommt er vielleicht und hilft uns. Dybbuk hat nichts davon gesagt, dass wir
ihm
nichts erzählen dürfen.«
Philippa rief bei Nimrod in London an und sprach mit Mr Groanin.
»Ich fürchte, der gnädige Herr ist verreist, Miss Philippa«, sagte Groanin steif. »Er und Mr Rakshasas.«
»Hat er gesagt, wohin sie fahren? Gibt es eine Nachsendeanschrift, eine Telefonnummer, unter der er erreichbar ist? Ein Handy?«
»Er hat es vorgezogen, mich nicht einzuweihen«, erwiderte Groanin. »Mich, seinen eigenen Butler. Aber schließlich ist es
Samum
. Ein Dschinn-Feiertag.«
»Ja, natürlich«, sagte Philippa. »Das hatte ich ganz vergessen. Hat er gesagt, wann sie zurückkommen?«
»Nein, Miss. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er lange fortbleibt. Er hat mich nicht einmal gebeten, einen Koffer für ihn zu packen. Und Mr Rakshasas hat seine Lampe hiergelassen. Im Tresorraum.«
»Das sieht ihm wirklich nicht ähnlich«, sagte Philippa.
»Das ist richtig, Miss. Wäre das alles?«
»Ja, Mr Groanin. Und vielen Dank.«
Als Nächstes rief John Mr Vodyannoy an, seinen Dschinnfreund aus dem Dakotagebäude auf der anderen Seite des Central Park, und Mr Gwyllion, den Besitzer der Buchhandlung
Das Versiegelte Buch
an der West 57th Street, doch auch sie waren verreist. Er versuchte es sogar bei Agatha Daenion und Jonathan Munnay, ihren Freunden von der Geburtstagsparty, doch ohne Erfolg.
»Wir scheinen die einzige Dschinnfamilie in ganz New York zu sein, die diesen Feiertag nicht begeht«, beklagte sich John und schüttelte missmutig den Kopf. »Natürlich ist Dad an allem schuld. Er nimmt sich nicht mal die irdischen Feiertage frei, die ihm zustehen, ganz zu schweigen von den Dschinnfeiertagen.«
»Dann ist niemand da, der uns helfen kann«, sagte Philippa. »Sieht so aus, als müssten wir die ganze Sache vergessen.«
Aber John war noch nicht bereit, die Idee, Dybbuk zu helfen, aufzugeben. Er dachte eine Weile angestrengt nach und sagte dann: »Es gibt jemanden in der Stadt, die wissen könnte, was zu tun ist. Uma Karuna Ayer.«
»Die, die gesagt hat, dass sie Eremitin werden will?«
»Genau. Deshalb ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sie so egoistisch war und sich den Tag freigenommen
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