Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
Metern Tiefe. Ich musste meinen ganzen Arm in das Loch stecken und einen Moment lang bin ich sogar hängen geblieben. Ich dachte wirklich, ich müsste ertrinken.«
Die Taschenlampe flackerte und erlosch für ein oder zwei Sekunden, was den dreien einen Vorgeschmack auf eine Finsternis bot, die so undurchdringlich war, dass man sie fast mit den Händen greifen konnte.
»Hoffen wir, dass sie nicht schlappmacht«, rief John und schob sich Taschenlampe und Lederbeutel unter den Gürtel, ehe er zum Seil schwamm und sich an den Aufstieg machte.
»Was hat sich der Colonel nur dabei gedacht?«, schimpfte Dybbuk. »Das Amulett unter Wasser zu verstecken.«
»Ich wette, das Wasser stand noch nicht so hoch, als der Colonel die Markierung angebracht hat«, vermutete Philippa. »Der Wasserpegel muss gestiegen sein, nachdem die britische Armee den Brunnen repariert hat.«
John war müde nach den Anstrengungen im Wasser; müde und sehr, sehr durchfroren, sodass er das Seil nur quälend langsam heraufkam. Ein- oder zweimal rutschte er sogar ein Stück ab und scheuerte sich am rauen Seil die Hände auf, was ihn zumindest von den Schmerzen in seinen kraftlosen Schultern ablenkte. Endlich schaffte er es, einen Fuß in die Öffnung zu setzen; Dybbuk packte ihn am Hemd und zog ihn mit einem gewaltigen Ruck ins Loch, sodass John über ihn fiel und noch mehr Steine und Staub herabregneten.
Wieder flackerte die Taschenlampe. John rollte hustend von Dybbuk herunter, zog die Lampe aus dem Gürtel und betrachtete sie prüfend, als sie plötzlich ganz ausging und die Kinder in völlige Finsternis stürzte. Vorsichtig klopfte John auf die Lampe in der Hoffnung, dass sie vielleicht weiterleuchten würde; doch dieses Mal tat sie es nicht.
»Na, super«, sagte Dybbuk. »Einfach super. Was sollen wir ohne die Taschenlampe machen?«
»Wenn ich sie auseinandernehme«, sagte John, »trocknet sie vielleicht. Es gibt keinen Grund, warum sie nicht wieder funktionieren sollte, wenn man ihr ein bisschen Zeit lässt.«
Dybbuk atmete schwer, und es war offensichtlich, dass die Dunkelheit sich bereits auf seine Klaustrophobie auswirkte. Er wühlte blind in seinen Taschen und fand eine Kohletablette. Sie zerfiel in feuchte Krümel, als er sie in die Hand nahm, sodass er sie förmlich auflecken musste.
»Wichtig ist, dass wir jetzt nicht durchdrehen«, sagte John, »und keine plötzlichen Bewegungen machen, damit niemand vom Sims ins Wasser fällt.« Er schraubte den Deckel vom Griff der Taschenlampe. »Wer weiß? Vielleicht sind wir schneller trocken und warm als die Lampe. Dann wären unsere Probleme jedenfalls gelöst.«
Dybbuk beruhigte sich wieder. (Kohletabletten wirken sehr schnell.) »Okay«, sagte er. »Hoffen wir mal, es klappt.«
»In der Zwischenzeit«, sagte John, »könntest du hier noch ein bisschen Platz schaffen.« Er ließ die Batterien in seine Hand gleiten und drehte die Taschenlampe auf den Kopf, um sämtliche Flüssigkeit herauslaufen zu lassen.
»Kann ich irgendwas tun?«, fragte Philippa.
»Klar«, sagte Dybbuk. »Ich fange hinter uns an zu graben. Und du wirfst die Steine und Mauerbrocken, die ich dir gebe, ins Wasser, weil du näher am Rand sitzt als ich.« Er zwängte sich, so weit es ging, in den Hohlraum, holte eine Handvoll Gestein heraus und reichte es Philippa. »Hier«, sagte er. »Die Wand ist ziemlich brüchig, also kann es nicht allzu schwer sein. Jetzt weiß ich jedenfalls, wie sich ein Maulwurf fühlt.«
Philippa ließ die Brocken mit Mauerwerk, die Dybbuk ihr gegeben hatte, in den zugigen Abgrund fallen. Kurz darauf hörten sie sie ins Wasser klatschen.
John blies in den Batterieschacht der Taschenlampe undlegte die Batterien und den Schraubdeckel dann vorsichtig zwischen seine Beine, damit nichts verlorenging. Ohne Zweifel sah es ohne die Taschenlampe für sie nicht gut aus. Aber selbst mit dem Licht war ihm nicht recht klar, was sie tun konnten. Insgeheim war er, was ihre Chancen anging, nicht halb so zuversichtlich, wie er Dybbuk und Philippa hatte einreden wollen. Es war kalt im Brunnenschacht – zu kalt, um ihre Dschinnkräfte nutzen zu können. Kalt und dunkel; so dunkel, dass sie die Hand nicht vor den Augen sehen konnten, selbst wenn sie nur einen Zentimeter entfernt war. Sie saßen wirklich in der Klemme. Und je länger er darüber nachdachte, desto mehr war John davon überzeugt, dass ihre Rettung aus dem Brunnen ganz allein von Groanin abhängen würde. Ihre größte Hoffnung war jetzt, dass, was
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