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Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Titel: Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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John. »Sieh nur.«
    John wandte sich zu Kurt um und sah, dass dieser bereits tot war. Er wusste es, weil der Mann jetzt so schnell verfiel, dass sein Kopf kaum mehr als ein Totenschädel war. Im nächsten Moment zerfiel Kurts Skelett zu einem Haufen aus Staub und Knochen und rutschte über die Kante des Quergangs, sodass John diesen Teil des Seils nicht mehr durchtrennen musste.
    »Schneide das Seil durch, John!«, rief Fritz, der schwankte, weil ihm die Sinne schwanden.
    Rakshasas bellte drängend, dann biss er John ins Ohr.
    Dieser durchtrennte das Seil und kniff die Augen zu, als Fritz die Beine wegsackten, er auf die Kante plumpste und dann nach vorn kippte wie ein Mann, der für den Rest der Ewigkeit in Schlaf fällt.
    John hörte noch ein paar schwache Schreie hinter sich auf demBand, und als er die Augen wieder aufmachte, stellte er fest, dass sich außer ihm niemand mehr in der Felswand befand. Die S S-Leute waren verschwunden und mit ihnen der fliegende Teppich, der John vielleicht das Leben hätte retten können. Nichts war zurückgeblieben außer einem einzelnen Schädel und zwei von silbrigem Eis überzogene Schenkelknochen, die wie ein S S-Abzeichen mitten auf dem Quergang lehnten.
    Rakshasas winselte vielsagend.
    »Auf keinen Fall werfe ich Sie hinterher«, sagte John.
    Der Wolf bellte kurz.
    »Mir ist egal, wie schwer Sie sind. Entweder schaffen wir es zusammen oder gar nicht.«
    Halb erstarrt vor Angst versuchte John all seinen Mut zusammenzunehmen. Doch das war nicht leicht. Er sah nicht nach unten, das wagte er nicht. Er war sicher, dass ihn der Anblick der vielen Männer, die Hunderte Meter tief in den Tod stürzten, ihn sein Leben lang begleiten würde. Und ihn vor Fragen stellte, an die er nicht einmal denken wollte. Es war sinnlos, dort zu bleiben, wo er war. Niemand würde kommen, um ihn zu retten. John holte tief Luft und stellte sich darauf ein weiterzugehen.
    »Sehen Sie es von der positiven Seite, Rakshasas«, sagte er und drückte das Gesicht an die Wand. »Jetzt muss ich wenigstens nicht nach Berlin.«
    Da er vermutete, dass ihnen der Kailash-Krater die größte Überlebenschance bot, zog er das Seil aus dem verrosteten Haken und begann sich über den Quergang zurückzutasten. Doch der Wind schien andere Pläne zu haben und zerrte an John wie eine unsichtbare Katze, die mit einer Maus spielte. Verzweifelt bemüht, sich bei Laune zu halten, und in der Hoffnung, dass es irgendwie wahr werden möge, begann John zu singen. Der Textmochte nicht immer ganz richtig sein, doch das Gefühl dahinter war durch und durch aufrichtig und kam aus tiefstem Herzen. Nie zuvor hatte sich John etwas so innig gewünscht:
    »Oh, I wish I was in the land of cotton,
    Old times there are not forgotten.
    Look away! Look away!
    Look away! Dixie Land.
    Oh, I wish I was in Dixie,
    Hooray! Hooray!
    In Dixie Land, I´ll take my stand,
    To live and die in Dixie.
    Away, away,
    I wish I was in Dixie.«
    John drückte die Hände flach an die Wand, denn es gab nichts, woran er sich festhalten konnte. Sein Leben ruhte auf seinen Zehenspitzen und nichts sonst. Rakshasas kniff im Wind die Augen zu und verhielt sich ruhig, weil er den Jungen keinesfalls von dem ablenken wollte, was sich unter seinen Füßen abspielte.
    Zehn Minuten vergingen, dann eine Viertelstunde. John nahm an, dass es bis zum sicheren Spalt nicht mehr weit sein konnte, wagte aber nicht, den Kopf von der Wand abzuwenden, um sein Vorankommen zu überprüfen. Als er nach fast einer halben Stunde auf den Zehenspitzen einen Blick riskierte, stellte er mit Entsetzen fest, dass vom Spalt nichts zu sehen war.
    »Das kann nicht sein«, sagte er und blickte den Weg zurück, den er gekommen war. Ihm gefror fast das Blut in den Adern, als er feststellte, dass er irgendwie auf einen zweiten, tiefer verlaufendenQuergang geraten war und sich der Spalt nun vier oder fünf Meter über seinem Kopf befand.
    Er fluchte eine ganze Weile vor sich hin, ehe er die Arme hob und über sich nach Griffen und Tritten zu suchen begann.
    Atemlos listete er sich und Rakshasas die Optionen auf, die ihnen noch blieben. »So wie ich das sehe, haben wir zwei Möglichkeiten!«, rief er in den Wind. »Wir können uns in dem Sturm über den Quergang zurückkämpfen, um wieder auf das richtige Band zu kommen. Das wären so knapp zwanzig Meter. Mal zwei, weil wir auf dem richtigen Band die gleiche Strecke wieder zurückgehen müssen. Das würde schätzungsweise zwanzig bis dreißig Minuten

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