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Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Titel: Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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schienen die Mohikaner nicht zu verstehen, dass ein Baum und die Früchte, die daran hingen, jemandem gehören konnten. Nicht in diesem Land, in dem niemand viel zu besitzen schien. Natürlich war der Farmer viel zu weit gegangen. Das sagten alle. Nicht einmal seine Landsleute mochten ihn. Deshalb war er auch aus Amsterdam fortgegangen. Aber das alles spielte jetzt keine Rolle mehr.
    Geschickt duckte sich der Junge unter einem Ast hindurch und sprang über einen kleinen Bach. Dann verlor er sekundenlang den Halt und stürzte, ließ sich jedoch auf den Rücken fallen und rollte einen steilen Hang hinab, kam wieder auf die Füße und sprang mit der Geschicklichkeit eines fliehenden Fuchses über einen umgefallenen Baumstumpf. Etwas prallte auf den Stumpf hinter ihm und er hörte den schrillen, vogelartigen Ruf eines Indianers, der ihm dicht auf den Fersen war und nun die anderen zu sich rief, damit sie kamen und ihm halfen, das Weißauge einzufangen.
    Sie kamen immer näher und er konnte an nichts anderes denken als an das heutige Datum. Der 12.   Mai 1655.   Es war sein fünfzehnter Geburtstag. Würde er jemals einen weiteren erleben? Würde er seine Mutter in Amsterdam wiedersehen?
    Er stürmte durch ein Gebüsch und stand vor dem dampfenden Ufer des großen Hudson River. Es hatte keinen Zweck, das ruhige, schimmernde Gewässer zu überqueren. Es war viel zu breit. Außerdem konnte er nicht schwimmen.
    Wohin jetzt? Flussauf- oder flussabwärts? Er entschied sich für flussabwärts. Doch an dem dicht bewachsenen Flussufer liefes sich schlechter. Bäume und Büsche bogen sich zum Wasser und versperrten ihm den Weg. Überall lagen umgestürzte Bäume. Und er wusste, dass er am Ufer eine deutliche Spur hinterließ. Sicher würden ihn der Mohikaner gleich haben.
    Im Laufen zog er sein Jagdmesser aus dem Gürtel, um sich zu verteidigen. Oder zumindest, um den Mohikaner zu zwingen, ihn gleich zu töten, statt die schreckliche Alternative erleiden zu müssen. Er hatte Geschichten darüber gehört, zu welchen Grausamkeiten die Indianer fähig waren. Und einmal hatte er das Unsägliche mit eigenen Augen gesehen. Die Mohikaner glaubten, wenn sie ihren Feind langsam sterben ließen, könnten sie auf diese Weise seinen Geist und seine Stärke stehlen. In dieser Beziehung seien sie genau wie die Katholiken mit ihrer Heiligen Inquisition, hatte sich sein Vater immer lustig gemacht.
    Er war völlig außer Atem, die Brust brannte ihm vor Erschöpfung, Arme und Gesicht waren von Ästen und Zweigen zerkratzt, aber er blieb nicht stehen. Erschreckt über sein plötzliches Auftauchen auf einer Lichtung, stoben Kaninchen auseinander wie trockenes Laub in einer Windbö. Eine große Ringeltaube flatterte davon. Wenn er doch nur das Gleiche tun könnte. Er hätte alles gegeben für ein Paar Flügel. Oder dafür, wieder in Holland zu sein.
    Er rutschte im Uferschlamm aus, verlor sein Messer, kroch unter einen Busch, watete durchs Wasser und rannte dann um einen dicken Baumstamm herum, direkt in die ausgebreiteten, muskelbepackten Arme eines großen bemalten Wilden. Der streng riechende Indianer packte ihn am Handgelenk, und mit einem wölfischen Grinsen, das noch weißer wirkte durchdie schwarze Schmiere, die seinen gesamten kahlen Schädel bedeckte, hieb er dem Jungen mit einem leuchtend bunten, pistolenförmigen Holzstück auf den Kopf, dass er benommen zu Boden ging. Das Gesicht den Baumwipfeln zugewandt, gab der halb nackte Wilde eine Reihe gellender Triumphschreie von sich und schleppte seine Beute wie einen Sack Kartoffeln das Ufer hinauf, wo er den sitzenden Jungen mit dünnen Streifen aus Tierhaut an eine hohe Tanne band.
    Andere Mohikaner kamen heran, heulten wie ein Rudel aufgeregter Wölfe, von denen sie ihren der Algonkinsprache entstammenden Namen Mohican oder auch Mahican übernommen hatten. Ihre Köpfe waren ebenso schwarz bemalt wie der seines Verfolgers, sodass es fast schien, als habe ein Kind sie zum Spaß auf die falschen Körper gesetzt. Einige von ihnen waren verwundet, andere trugen bereits Skalps bei sich. Einer der Männer zündete ein Feuer an. Ein anderer suchte sich einen hohlen Baumstamm und begann rhythmisch darauf herumzuschlagen wie auf einer Trommel und ein unmelodisches Lied zu singen. Ein dritter zog dem Jungen Stiefel und Strümpfe aus und warf sie in den Fluss.
    Die völlige Ausweglosigkeit seiner Situation erahnend, sah der Junge in den blauen, wolkenlosen Himmel hinauf und begann zu beten   …

Der

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