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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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suchten die Reisenden und Beamten des letzten Waggons nach Hilfe, der Telegraph aber, dessen Stangen auf der Erde lagen, functionirte nicht. Drei Stunden brauchten die Behörden von Castlemaine, um an der Stelle des Unheils zu erscheinen. Es war also gegen sechs Uhr Morgens, als das Rettungswerk unter Leitung des Herrn Mitchell, Generalaufsehers der Colonie, organisirt und von einer Abtheilung durch einen ihrer Officiere commandirter Polizisten in Angriff genommen wurde Die Squatters und deren Leute unterstützten Jene, und waren zunächst beschäftigt, die Feuersbrunst zu löschen, welche die Trümmer mit unerhörter Gier verzehrte. Einige unkenntliche Leichname wurden an der Böschung des Bahndammes niedergelegt. Darauf aber, ein lebendes Wesen aus diesem Schmelzofen zu retten, war von Anfang an zu verzichten. Das Feuer hatte das Werk der Zerstörung schnell beendet. Von den Reisenden des Zuges, deren Zahl man nicht kannte, lebten nur noch zehn, die in dem letzten Waggon sich befanden. Die Bahnverwaltung hatte eben eine Hilfslocomotive gesendet, um sie nach Castlemaine zurückzuführen.
    Inzwischen sprach Lord Glenarvan, der sich dem Surveyor-General zu erkennen gegeben hatte, mit diesem und dem Polizeiofficier. Der Letztere war ein großer und magerer Mann von unerregbar kaltem Blute, der, wenn er überhaupt ein Gefühl im Herzen hatte, dasselbe wenigstens in seinen rührungslosen Zügen nicht sichtbar werden ließ. Er stand vor diesem Unglück wie der Mathematiker vor einem Problem: er suchte es zu lösen und die unbekannte Größe darin zu finden. Auf Glenarvan’s Worte: »Das ist ein furchtbares Unglück!« erwiderte er ruhig:
    »Nicht so schlimm, Mylord.
    – Nicht so schlimm? rief Glenarvan, betroffen von dieser Redensart, aus, und ist ein solches Unglück nicht etwas sehr Schlimmes?
    – Schlimmer wäre ein Verbrechen!« antwortete gelassen der Polizeiofficier.
    Glenarvan hielt sich nicht länger bei dem Unpassenden dieser Worte auf und wandte sich mit fragendem Blicke an Mr. Mitchel.
    »Ja wohl, Mylord, entgegnete der Surveyor-General, unsere Berathung hat die Gewißheit ergeben, daß diese Katastrophe die Folge eines Verbrechens ist. Der letzte Packwagen ist beraubt, die überlebenden Reisenden sind von einer Rotte von fünf bis sechs Verbrechern angefallen worden. Die Brücke hat man absichtlich offen gelassen und nicht aus Nachlässigkeit; wenn man dazu diese Thatsache mit dem Verschwinden des Bahnwärters zusammen hält, so muß man zu dem Schlusse kommen, daß dieser Elende der Mitschuldige jener Uebelthäter ist.«
    Der Polizeiofficier schüttelte zu dieser Schlußfolgerung des Beamten etwas den Kopf.
    – »Sie theilen meine Ansicht nicht? fragte ihn Mr. Mitchell.
    – Nein; mindestens nicht bezüglich der Mitschuld des Wärters.
    – Diese Mitschuld, fuhr der Surveyor-General fort, gestattet es indessen, das Verbrechen den in den Murrayländern umherschweifenden Wilden zuzuschreiben. Ohne den Wächter konnten die Eingeborenen die Drehbrücke, deren Mechanismus ihnen unbekannt war, nicht öffnen.
    – Richtig, sagte der Polizeiofficier.
    – Ferner, fuhr Mr. Mitchell fort, ist durch die Aussage eines Schiffers, dessen Fahrzeug die Camden-Brücke um zehn Uhr vierzig Minuten Abends passirte, constatirt, daß dieselbe hinter ihm wieder regelrecht geschlossen worden ist.
    – Vollkommen.
     

    Es war die Leiche des Bahnwärters. (S. 375.)
     
    – Demnach scheint mir die Mitschuld des Bahnwärters unwiderleglich bewiesen.«
    Fortwährend schüttelte der Polizeiofficier den Kopf.
    In diesem Augenblicke entstand etwa eine halbe Meile stromaufwärts ein gewaltiger Lärm. Es bildete sich ein Menschenhaufen, der zusehends anwuchs. Bald kam er bei der Station an. In der Mitte der Menschenmasse trugen zwei Männer einen Leichnam. Es war der schon erkaltete Körper des Bahnwärters. Ein Dolchstoß hatte ihn in’s Herz getroffen. Die Mörder wollten offenbar dadurch, daß sie den Körper weit von der Camden-Brücke wegschleppten, den Verdacht der Polizei bei den ersten Nachsuchungen ablenken.
    Diese Entdeckung bestätigte vollkommen den Verdacht des Polizeiofficiers. Die Wilden waren an diesem Verbrechen unbetheiligt.
    »Die diesen Stoß geführt haben, sagte er, sind Leute, welche mit dem Gebrauche dieses kleinen Instrumentes schon vertraut waren.«
    So sprechend zeigte er ein Paar Handschellen, die aus einem doppelten mit einem Schlosse versehenen Eisenring bestehen.
    »In kurzer Zeit, fuhr er fort, werde ich

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