Die Kinder des Kapitän Grant
den Worten
»Papa ra ti wati tidi
I dounga nei ….«
beginnt und der Schlachtengesang der Maoris in ihrem Freiheitskriege ist. Die volle und sonore Stimme des Sängers erweckte das Echo der Berge; nach jedem Verse schlugen die Eingeborenen an ihre Brust, daß es dröhnend wiederhallte, und fielen dabei im Chore ein.
Eine eigenthümliche Naturerscheinung machte sich an diesem Tage während der Fahrt bemerkbar. Um vier Uhr flog das Boot, von der sichern Hand des Häuptlings geleitet, ohne jeden Aufenthalt durch ein enges Thal dahin. Zahlreiche heiße Strudel brachen sich wild an kleinen Inseln, welche sie hemmten und vielfache Gefahren drohten. Wer es da gewagt hätte, den Fuß auf den kochenden Schlamm der Ufer zu setzen, wäre unrettbar verloren gewesen.
In der That rollte der Strom zwischen diesen heißen Quellen hin, welche von Zeit zu Zeit von den wißbegierigen Reisenden beobachtet wurden. Die Atmosphäre war mit einem schwefligen, durchdringenden Geruche gesättigt. Die Eingeborenen litten darunter nicht, aber die Gefangenen wurden schwer davon belästigt. So sehr auch der Geruchssinn unter diesen Ausströmungen litt, so ergötzte sich doch das Auge an dem erhebenden Schauspiele.
Die Boote gelangten in eine dichte Wolke weißer Dünste, welche aus den Erdspalten und Kratermündungen hervordrangen und die ganze Gegend weithin bedeckten.
Der Eingang in den Taupo-See. (S. 602.)
Während einer zwei Meilen weiten Fahrt bildeten sie über den Canots gleichsam ein festes Gewölbe. Dann verschwand der schweflige Rauch und eine reine Luft erfrischte die schwer athmenden Reisenden.
Vor Anbruch des Abends wurden noch zwei Stromschnellen bei dem kräftigen Ruderschlag der Wilden glücklich überwunden, die von Hipapatna und Tamatea. Kai-Koumou legte darauf während der Nacht am Ufer an. Man befand sich etwa hundert Meilen vom Zusammenflusse des Waipa und Waikato. Der Fluß wandte sich zunächst nach Osten; änderte dann aber seinen Lauf nach Süden hin, dem Taupo-See zu, in den er sich ergießt wie ein gewaltiger Wasserstrahl in ein Bassin.
Am folgenden Morgen erkannte Jacques Paganel vermittelst seiner Karte auf dem rechten Ufer den Berg Tanbara, welcher 3000 Fuß hoch ist.
Zur Mittagszeit gelangte das kleine Geschwader aus dem Flusse in den Taupo-See; die Eingeborenen begrüßten mit leidenschaftlichen Ausdrücken der Freude einen Fetzen Stoffes, den der Wind auf einer Hütte hin und her bewegte. Es war ihre Nationalfahne.
Elftes Capitel.
Der Tampo-See.
Ein unergründlicher Schlund, fünfundzwanzig Meilen lang und zwanzig breit, hat sich dereinst, lange vor den historischen Zeiten, durch einen Höhleneinsturz mitten unter den Lavamassen der Insel gebildet. Aus dem Schlund ist dann ein See von unergründlicher Tiefe geworden, der 1250 Fuß über dem Meeresspiegel liegt und ringsum von Höhenzügen eingeschlossen wird.
Die ganze Gegend gleicht einem riesigen Kessel, der über unterirdischen Feuern hängt. Der Tongariro und Taranaki sind die bedeutendsten unter den Kratern, über welche sich im Munde der Bevölkerung mancherlei Legenden erhalten haben. Paganel kannte wohl einzelne derselben, aber er befand sich nicht in der Stimmung, sie zu erzählen, seine Freunde nicht in der, sie zu hören. Schweigend betrachteten sie das nordöstliche Ufer des Taupo-Sees, wohin das trügerische Verhängniß sie führen sollte. Die durch den Missionär Grace in Pukawa errichtete Missionsstation auf dem östlichen Ufer des Sees existirte nicht mehr. Der Krieg hatte den Diener Gottes von dem Hauptheerde des Aufstandes verscheucht. Die Gefangenen waren allein der Gnade der rachsüchtigen Maoris überlassen, gerade auf dem wildesten Theile der Insel, wo das Christenthum niemals Eingang gefunden hat.
Kai-Koumou durchschnitt den Waikato-See, dann eine enge Bucht, welche die Gestalt eines Trichters hatte, und landete, nach Umsegelung eines spitzen Vorgebirges, an dem östlichen Ufer des Sees, am Fuße des Berges Manga, der etwa 1800 Fuß hoch ist. Dort dehnen sich die Felder aus, auf denen der kostbare Hanf Neu-Seelands, das »Phormium« wächst. Die Eingeborenen nennen ihn »Harakeke«. Jede Faser dieser nützlichen Pflanze ist zu verwerthen.
Ihre Blume liefert einen ausgezeichneten Honig, ihr Stengel giebt eine gummiartige Substanz, welche das Wachs oder Stärkemehl ersetzt; noch werthvoller durch seine verschiedenartige Verwendbarkeit ist das Blatt; frisch wird es als Papier benutzt; getrocknet giebt es einen
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