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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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trefflichen Feuerzunder; aus seinen Fasern werden Seile und Taue gedreht oder Netze gefertigt; auch zu Decken und Mänteln, Matten und Schurzfellen wird es verarbeitet. Als Bekleidung für die angesehensten Maoris wird es roth oder schwarz gefärbt.
    Dieses kostbare Phormium befindet sich überall auf den beiden Inseln, sowohl an den Ufern des Meeres, als an denen der Flüsse und Seen. Hier bedeckten seine wilden Sträucher weite Ländereien; seine rothbraunen, der Agave ähnlichen Blumen drängten sich überall zwischen den Blättern hervor, welche, trophäenartig zusammengesetzt, wie schneidige Schwerter aussahen. Kleine zierliche Vögel, die Honigsauger, gewöhnt an die Phormiumfelder flogen in zahlreichen Schaaren über dieselben dahin und genossen den süßen Saft der Blumen.
    Auf dem See schnatterten Enten mit schwarzem, buntscheckigem Gefieder, welche sich leicht zähmen lassen. In einer Entfernung von einer Viertelmeile wurde auf einem Bergabhange ein »Pah«, eine maorische Verschanzung, in einer uneinnehmbaren Position sichtbar. Dorthin wurden die Gefangenen nach ihrer Ausschiffung durch die Krieger geführt; man hatte ihnen die Fesseln abgenommen. – Der Pfad, welcher nach dem Lager führte, durchschnitt die Phormiumfelder und eine Gruppe prächtiger Bäume, bestehend aus »Kaikateas« mit spitzen Blättern und rothen Beeren, und der
Dracaena australis
, welche von den Eingeborenen »
Ti
« genannt wird.
    Auf langen Windungen des Pfades gelangten Glenarvan, Lady Helena, Mary Grant und ihre Gefährten in das Innere des »Pahs«.
    Die Festung war durch einen äußeren Palissadengürtel von fünfzehn Fuß Höhe geschützt; eine zweite Linie von Pfählen, ferner eine Einfassung aus Weidenruthen, in der Schießscharten angebracht waren, schlossen die zweite Enceinte, das Plateau des »Pahs«, ein, auf welchem sich maorische Festungswerke und etwa vierzig Hütten in ganz symmetrischer Form erhoben.
    Bei ihrer Ankunft wurden die Gefangenen von dem Anblick der Köpfe, welche die Spitzen der inneren Palissadenreihe schmückten, überwältigt. Lady Helena und Mary Grant wandten die Augen ab, mehr aus Abscheu, als aus Schrecken. Diese Köpfe rührten von den feindlichen Officieren, welche in den Kämpfen gefallen waren, her, während ihre Körper den Siegern als Nahrung gedient hatten. Der Geograph erkannte die Köpfe als solche an ihren leeren Augenhöhlen.
    In der That wird das Auge der feindlichen Chefs verschlungen, der Kopf dagegen nach der Landessitte präparirt, indem er des Gehirnes und sonstigen Inhaltes beraubt wird, während man die Nase durch kleine Stäbchen ausdehnt und ihre Nüstern mit Phormium ausstopft. Nachdem noch Mund und Augenlider abgeschnitten sind, wird er in einem Ofen während dreißig Stunden einer Räucherung unterworfen. Darauf erhält er sich außerordentlich lange ohne Runzeln und Falten und bildet eine Siegestrophäe.
    Ost conserviren die Maoris den Kopf ihrer eigenen Chefs; aber in diesem Falle bleibt das Auge in seiner Höhlung offen. Die Neu-Seeländer zeigen diese Ueberreste mit großem Stolz; sie stellen sie ihren jungen Kriegern zur Bewunderung auf und erweisen ihnen ihre Verehrung durch feierliche Ceremonien.
    Hier in dem »Pah« des Kai-Koumou schmückten die Köpfe der Feinde allein dieses entsetzliche Museum, und ohne Zweifel vermehrte der Kopf manches Engländers mit leeren Augenhöhlen die Sammlung der maorischen Häuptlinge.
    Die Hütte Kai-Koumou’s erhob sich unter mehreren anderen von unansehnlicherem Bau im Innern des »Pah«, vor einem weiten Terrain, welches die Europäer das Schlachtfeld genannt haben würden. Diese Hütte war aus Pfählen erbaut, die Füllung ihrer Wände bestand aus Baumzweigen, während sie im Inneren mit Decken von Phormium ausgelegt war.
    Eine einzige Oeffnung gestattete den Eintritt in die Hütte; Klappflügel, gebildet aus einem dicken Fasergewebe, dienten als Thür. Das Dach trat über den Eingang hervor, um Schutz gegen den Regen zu bieten. Einige Figuren an den Dachsparren schmückten die Hütte, und der »Wharepuni« oder die Vorhalle bot der Bewunderung der Besucher mancherlei Schnitzereien.
    Im Inneren der Hütte erhob sich der Fußboden aus gestampfter Erde etwa einen halben Fuß hoch. Rohrgeflechte und Matratzen aus getrocknetem Seegras mit gewebten Decken belegt dienten als Lagerstätten. In der Mitte bildete ein ausgerundetes Loch den Feuerheerd, darüber ein zweites Loch im Dache den Schornstein.
    Neben der Hütte erhoben sich

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