Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
junge Grant.
    – Indianer etwa? sagte Glenarvan.
    – Nein, erwiderte Thalcave, ›Aguaras‹.«
    Robert sah Glenarvan an.
    »Aguaras? fragte er.
    – Ja, antwortete Glenarvan, die rothen Wölfe der Pampas.«
    Beide ergriffen ihre Waffen und stellten sich neben den Indianer. Dieser wies auf die Ebene hin, woher das entsetzliche Geheul sich erhob.
    Unwillkürlich that Robert einen Schritt rückwärts.
    »Du hast keine Furcht vor Wölfen, mein Sohn? sagte Glenarvan zu ihm.
    – Nein, Mylord, erwiderte Robert mit fester Stimme. Neben Ihnen fürchte ich mich vor gar Nichts.
    – Desto besser. Diese Aguaras sind wenig zu fürchtende Thiere, und wären sie nicht in so großer Anzahl da, so würden sie mich gar nicht sehr kümmern.
    – Was thut das! antwortete Robert. Wir sind gut bewaffnet, sie mögen nur herankommen.
    – Sie werden gut empfangen werden!«
    Indem Glenarvan so sprach, wollte er den Knaben beruhigen, aber er dachte nicht ohne heimliches Schaudern an die Legion jener in der Nacht so frechen Fleischfresser. Vielleicht waren sie zu Hunderten da, und drei noch so gut bewaffnete Menschen konnten doch nicht mit Erfolg gegen eine solche Menge Thiere kämpfen.
    Als der Patagonier das Wort »Aguara« aussprach, verstand Glenarvan sogleich den Namen, womit die Pampa-Indianer die rothen Wölfe bezeichnen. Dieses Raubthier, der »
Canis jubatus
« der Naturforscher, hat die Natur eines großen Hundes und den Kopf des Fuchses; seine Hauthaare sind zimmtroth und auf seinem Rücken starrt eine schwarze Mähne, welche über das ganze Rückgrath hinabläuft. Dieses Thier ist sehr gewandt und stark; es bewohnt gewöhnlich sumpfige Orte und verfolgt die Wasserthiere schwimmend. Die Nacht treibt dasselbe aus seinem Bau, in dem es während des Tages schläft; vorzüglich fürchtet man dasselbe in den Viehzuchtanstalten, denn sobald es nur etwas von Hunger gereizt ist, greift es auch großes Vieh an und verursacht beträchtliche Verheerungen.
    Einzeln ist der Aguara nicht zu fürchten, so ist’s aber nicht bei einer großen Anzahl dieser Thiere, wenn sie ausgehungert sind; da ist es noch besser, es mit einem Kuguar oder Jaguar zu thun zu haben, den man Auge in Auge angreifen kann.
    Bei dem Geheul, von dem die Pampa wiederhallte, und bei der Menge der Schattengestalten, die auf der Ebene hin-und hersprangen, konnte sich nun Glenarvan über die Menge der rothen Wölfe, die sich am Ufer des Guamini gesammelt hatten, nicht täuschen; sie hatten dort eine sichere Beute, ob Pferdefleisch, ob Menschenfleisch, aufgespürt, und keiner von ihnen mochte wohl in sein Lager zurückkehren, ohne seinen Antheil zu haben. Die Lage war also sehr beunruhigend.
    Indessen zog sich der Kreis der Thiere nach und nach enger zusammen. Die erwachten Pferde gaben Zeichen des äußersten Schreckens. Thaouka allein stampfte den Boden und suchte die Halfter zu zerreißen, um sich hinauszustürzen. Sein Herr konnte sie nur durch fortwährendes Pfeifen beschwichtigen.
    Glenarvan und Robert hatten sich so gestellt, um den Eingang zu vertheidigen. Ihre Carabiner waren geladen und sie waren schon im Begriff, auf die vorderste Reihe der Aguaras Feuer zu geben, als Thalcave mit der Hand ihre schon angelegten Gewehre in die Höhe hob.
    »Was will Thalcave? fragte Robert.
    – Er will nicht, daß wir schießen! erwiderte Glenarvan.
    – Warum?
    – Wahrscheinlich hält er den Augenblick noch nicht für gelegen.«
    Das war aber nicht die Ursache, welche den Indianer so zu handeln veranlaßte, sondern ein weit gewichtigerer Grund, und Glenarvan verstand ihn, als Thalcave, sein Pulverhorn aufhebend und umdrehend, zeigte, daß es fast ganz leer war.
    »Nun? sagte Robert.
    – Ei nun, wir müssen unsere Munition schonen. Unsere heutige Jagd hat uns zuviel davon gekostet, und wir haben nur noch wenig Pulver und Blei. Kaum zwanzig Schuß bleiben uns abzugeben!«
    Der Knabe erwiderte Nichts.
    »Du hast keine Furcht, Robert?
    – Nein, Mylord!
    – Brav, mein Sohn.«
    In diesem Augenblicke krachte wieder ein Schuß; Thalcave hatte einen der verwegensten Feinde zu Boden gestreckt. Die Wölfe, welche in gedrängter Reihe vorwärts gingen, wichen zurück und sammelten sich gegen hundert Schritte von der Umzäunung. Sofort nahm Glenarvan auf einen Wink des Indianers dessen Stelle ein; dieser raffte die Lagerstreu, die Kräuter, mit einem Worte alles Brennbare zusammen, häufte es vor dem Eingange der Ramada auf und warf, um es anzuzünden, eine brennende Kohle hinein. Bald

Weitere Kostenlose Bücher