Die Kinder des Kapitän Grant
und nach aus Mangel an Brennstoffen zusammen; die Flamme wurde kleiner; die bis jetzt beleuchtete Ebene ward wieder dunkel, und in dieser Dunkelheit blitzten die leuchtenden Augen der rothen Wölfe wieder auf. Noch einige Minuten, und die ganze Heerde mußte sich voraussichtlich in die Umzäunung hineinstürzen.
Zum letzten Male drückte Thalcave seinen Carabiner ab und streckte einen Feind zu Boden, dann aber, als seine Munition zu Ende war, kreuzte er die Arme. Sein Haupt sank auf die Brust herab. Er schien schweigend zu überlegen. Suchte er nach irgend welchem kühnen, unmöglichen, thörichten Mittel, diese wüthende Bande zurückzutreiben? Glenarvan wagte nicht, ihn darum zu fragen.
Jetzt vollzog sich auch plötzlich eine Aenderung in der Angriffsweise der Wölfe. Sie schienen sich zu entfernen, und ihr Geheul, das eben noch so betäubend gewesen war, verstummte. Ein dumpfes Schweigen lagerte über der Ebene.
»Sie gehen davon! sagte Robert.
– Vielleicht«, antwortete Glenarvan, der gespannt auf jedes Geräusch von außen horchte.
Thalcave aber, der jenen Gedanken errieth, schüttelte den Kopf. Er wußte zu gut, daß die Thiere von einer sicheren Beute nicht ablassen würden, bevor sie nicht der Tag in ihre dunkeln Höhlen zurücktrieb.
Offenbar hatte sich aber die Taktik des Feindes geändert.
Er versuchte nicht mehr, den Eingang der Ramada zu stürmen, aber seine neuen Manoeuvres brachten eine noch dringendere Gefahr. Die Aguaras nämlich umzingelten, als sie darauf verzichteten, durch diesen durch Feuer und Eisen hartnäckig vertheidigten Eingang zu dringen, die Ramada, und suchten dieselbe wie nach allgemeiner Uebereinkunft von der entgegengesetzten Seite anzugreifen.
Bald hörte man ihre Krallen sich in das halb verfaulte Holz einschlagen. Zwischen den wankenden Pfosten waren schon ihre kräftigen Tatzen und ihre blutigen Rachen zu sehen. Die erschreckten Pferde, welche die Halfter zerrissen, jagten voll toller Wuth in der Umzäunung umher.
Glenarvan hielt den jungen Knaben in seinen Armen, um ihn bis zum letzten Augenblicke zu vertheidigen. Vielleicht auch wollte er eine unmögliche Flucht versuchen und sich nach außen stürzen, als seine Blicke sich auf den Indianer richteten.
Thalcave näherte sich, nachdem er wie ein Rothwild in der Ramada sich getummelt hatte, schnell seinem Pferde, das vor Ungeduld zitterte, und begann dasselbe mit aller Sorgfalt zu zäunen, wobei er weder einen Riemen, noch eine Schnalle vergaß. Er schien sich über das Geheul, welches sich verdoppelte, nicht mehr zu beunruhigen. Glenarvan sah ihm mit unheimlich bangem Schrecken zu.
»Er verläßt uns! rief er aus, als er Thalcave die Zügel zusammennehmen sah, wie einen Reiter, der eben aufsitzen will.
– Er? Niemals!« sagte Robert.
Und wirklich war der Indianer dabei, nicht seine Freunde zu verlassen, sondern ihre Rettung zu versuchen, indem er sich für sie opferte.
Thaouka war fertig; das Thier nagte an dem Gebiß; es sprang auf; seine Augen voll stolzen Feuers sprühten Blitze; es hatte seinen Herrn verstanden.
In dem Augenblicke, da der Indianer die Mähne seines Pferdes ergriff, hielt ihm Glenarvan mit krampfhafter Hand den Arm.
»Du gehst davon? sagte er, auf die frei gewordene Ebene weisend.
– Ja«, erwiderte der Indianer, der die Bewegung seines Gefährten verstand.
Dann setzte er einige spanische Worte hinzu, welche bedeuteten:
»Thaouka! Gutes Pferd. Schnell. Wird die Wölfe nachziehen.
– O, Thalcave! rief Glenarvan aus.
– Schnell, schnell, antwortete noch der Indianer, während Glenarvan zu Robert im Tone tiefster Rührung sagte:
– Robert, mein Kind, Du hörst es! Er will sich für uns opfern. Er will in die Pampas hinausjagen, und die Wuth der Wölfe abwenden, indem er sie auf sich zieht.
– Freund Thalcave! antwortete Robert, der sich dem Patagonier zu Füßen warf, Freund Thalcave, verlaß’ uns nicht!
– Nein, sagte Glenarvan, er wird uns nicht verlassen.«
Und zu dem Indianer gewendet sagte er, indem er auf die erschreckten und gegen die Pfähle gedrängten Pferde wies:
»Wir wollen zusammen fort.
– Nein, sagte der Indianer, der diese Worte nicht mißverstand. Schlechte Thiere. Erschreckte. Thaouka. Gutes Pferd.
– Nun wohl, es sei! sagte da Glenarvan; Thalcave wird Dich nicht verlassen, Robert! Er lehrt mir, was ich zu thun habe. An mir ist, den Ritt zu wagen, an ihm aber, bei Dir zu bleiben!«
Dann, den Zügel Thaouka’s ergreifend, sagte er:
»Ich, ich werde
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