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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mich hinauswagen.
    – Nein, erwiderte ruhig der Patagonier.
    – Ich! sage ich Dir! rief Glenarvan, der ihm die Zügel entriß, ich thue es. Rette dieses Kind! Ich vertraue es Dir an, Thalcave!«
    Glenarvan vermischte in seiner Aufregung englische und spanische Worte. Doch, was kommt es auf die Sprache an! In so entsetzlichen Lagen sagt die Geste Alles und die Menschen verstehen sich schnell.
    Dennoch widerstand Thalcave. Der Wortwechsel zog sich in die Länge, und die Gefahr wuchs von Secunde zu Secunde. Schon wichen die zernagten Pfähle den Zähnen und Krallen der Wölfe.
    Weder Glenarvan noch Thalcave schien nachgeben zu wollen. Der Indianer hatte Glenarvan gegen den Eingang der Umzäunung hingezogen; er zeigte ihm die von Wölfen freie Ebene; in seiner lebhaften Sprache suchte er ihm verständlich zu machen, daß kein Augenblick zu verlieren sei, daß die Gefahr, wenn das Vorhaben nicht von Erfolg wäre, für die Zurückbleibenden weit größer wäre; endlich, daß er allein Thaouka genügend kenne, um deren vollkommene Eigenschaften, ihre Leichtigkeit und Schnelligkeit für das allgemeine Beste zu verwerthen. Glenarvan, verblendet, beharrte auf seiner Ansicht und wollte sich opfern, als er plötzlich heftig zurückgestoßen wurde. Thaouka bäumte sich, richtete sich auf die Hinterfüße und flog ungestüm mit einem Satz über das Feuer und den Saum von Thierleichen, während die Stimme des Kindes rief:
    »Gott stehe Ihnen bei, Mylord!«
    Glenarvan und Thalcave hatten kaum so viel Zeit zu bemerken, wie Robert, sich an der Mähne Thaouka’s anklammernd, in der Finsterniß verschwand.
    »Robert! Du Unglücklicher!« rief Glenarvan aus.
    Aber diese Worte konnte selbst der Indianer nicht verstehen. Ein schreckliches Geheul erhob sich. Die rothen Wölfe folgten dem Pferde auf den Fersen und flohen mit geisterhafter Schnelligkeit nach Westen.
    Thalcave und Glenarvan stürzten vor die Ramada hinaus. Schon hatte die Ebene ihre Ruhe wieder, und kaum konnten sie noch eine sich bewegende Linie unterscheiden, die in der Entfernung in der Dunkelheit der Nacht dahinwogte.
    Glenarvan sank zu Boden, von Schmerz überwältigt, in Verzweiflung die Hände ringend. Er sah Thalcave an. Der Indianer lächelte mit seiner gewöhnlichen Ruhe.
     

    »Thaouka. Gutes Pferd! Wackrer Knabe! Er wird sich retten! wiederholte er, indem er es durch Nicken mit dem Kopfe bekräftigte.
    – Und wenn er stürzt! sagte Glenarvan.
    – Er wird nicht stürzen!«
    Trotz der Zuversicht Thalcave’s verbrachte der arme Lord die Nacht doch in der schrecklichsten Sorge. Er hatte gar kein Bewußtsein von der Gefahr mehr, die mit der Horde Wölfe verschwunden war. Er wollte davon, um Robert aufzusuchen; doch der Indianer hielt ihn zurück; er machte ihm begreiflich, daß die Pferde ihn nicht einholen würden; daß Thaouka die Feinde überholen werde, daß man ihn in der Finsterniß doch nicht fände, und daß der Tag abgewartet werden müsse, um die Spuren Robert’s zu verfolgen.
    Um vier Uhr Morgens begann die Morgenröthe. Die dichteren Nebel am Horizonte färbten sich bald mit falbem Lichte. Ein klarer Thau senkte sich auf die Ebene, und die hohen Gräser begannen sich unter dem ersten Lufthauch des Tages zu bewegen. Die Stunde zum Aufbruch war gekommen.
    »Vorwärts nun!« sagte der Indianer.
    Glenarvan antwortete nicht, aber er schwang sich auf Robert’s Pferd. Bald galopirten die beiden Reiter gegen Westen, indem sie die gerade Linie einhielten, von der ihre Genossen nicht abweichen sollten.
    Während einer Stunde ritten sie so mit größter Schnelligkeit dahin, suchten Robert mit den Augen, und fürchteten auf jedem Schritte seine blutige Leiche zu treffen. Glenarvan zerriß die Weichen seines Pferdes mit den Sporen. Endlich hörten sie Flintenschüsse, die in gleichen Zeiträumen, wie als Erkennungszeichen, ertönten.
    »Das sind sie!« rief Glenarvan.
    Thalcave und er setzten die Pferde noch schneller in Lauf, und einige Augenblicke später trafen sie auf die von Paganel geführte Abtheilung. Ein Aufschrei drang aus Glenarvan’s Brust. Robert war da, lebend und ganz wohl, getragen von der prächtigen Thaouka, die vor Freude wieherte, als sie ihren Herrn wiedersah.
    »O, mein Kind! Mein Kind!« rief Glenarvan mit einem unsäglichen Ausdruck von Zärtlichkeit.
    Robert und er sprangen zur Erde und fielen Einer dem Andern in die Arme. Dann kam die Reihe an den Indianer, den muthigen Sohn des Kapitän Grant an die Brust zu pressen.
    »Er lebt! Er

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