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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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sich jetzt gegenüber, weniger als einen Schritt voneinander entfernt. Ein Anblick wie David und Goliath; Mergoult war einen vollen Kopf größer und ungefähr doppelt so breit wie der junge Couvencour. «Mein Vater», sagte Couvencour, und seine Stimme klang ziemlich böse, «ist kein Ketzer. Und Angst hat er vor einem lausigen kleinen Carcisten wie dir ganz bestimmt nicht.»
    «Du… du Hund, ich… ich werde dich…»
    «Was wirst du?», fragte Arnac spöttisch. «Willst du gegen mich kämpfen? Von mir aus, Mergoult, bitte.» Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und ringsum hielt die Menge den Atem an in der Erwartung, Mergoult würde sich jetzt wie ein reißender Löwe auf das schmächtige Bürschlein stürzen und es in der Luft zerfetzen. Doch merkwürdigerweise tat jener nichts dergleichen, er machte nur eine wegwerfende Handbewegung, rief: «Ach, krepier doch!» und ging zu seinen Kumpeln am Rand der Lichtung. Die angespannte Stimmung hätte sich vermutlich in Wohlgefallen aufgelöst, hätte Trévigny, in dessen Gesicht die gekränkte Eitelkeit stand, dass Couvencour schon wieder dabei war, ihm den Auftritt zu vermasseln, in diesem Moment nicht mit einem boshaften Unterton in der Stimme gefragt: «Was regt Ihr Euch denn so auf, Seigneur Couvencour? Euer Vater ist schließlich ein Ketzer, das weiß doch jeder.»
    Couvencour fuhr herum. Seine Augen blitzten wütend. «Was mischt Ihr Euch hier ein?», zischte er. «Ihr habt von all dem doch keine Ahnung, Ihr kommt aus Eurem ach so tollen Paris und meint, wenn Ihr drei Wochen in Aix gewohnt habt, könnt Ihr Euch anma306
    ßen, zu beurteilen, was richtig ist und was falsch! Kümmert Euch gefälligst um Eure eigenen Angelegenheiten!»
    «He!» Trévignys Gesicht hatte sich verfinstert. «Spielt Euch hier nicht so auf, Bürschchen! Ihr riskiert eine verdammt große Klappe für den Sohn eines abtrünnigen Landjunkers, der seit Jahren mit einem Bein auf dem Schafott steht!»
    «Aufspielen! Das sagt gerade der Richtige, Monsieur Ach-wietoll!», entgegnete Arnac.
    «Also, da hört sich doch alles auf! Wenn du zwei Jahre älter wärest, dann würde ich dir jetzt mit meinem Degen Mores lehren, da kannst du Gift drauf nehmen!», rief Trévigny.
    «Probier’s nur!» Arnac de Couvencour hatte auf einmal seinen Degen in der Hand.
    Es folgte ein Moment erschrockener Stille. Dann lachte Trévigny schallend auf. «Komm, steck den Zahnstocher weg, Kleiner, bevor du dir wehtust», sagte er. «Ich kämpfe nicht gegen Kinder.»
    «Dann entschuldigt Euch, dass Ihr meinen Vater beleidigt habt!»
    «Jetzt reicht’s mir aber mit deinen Unverschämtheiten. Du willst es ja nicht anders, Kleiner!», rief Trévigny und ging augenblicklich zum Angriff über.
    Sein ebenso genialer wie einfacher Plan war gewesen, das freche Bürschchen in einem einzigen, sauberen Schlagabtausch zu entwaffnen und so der allgemeinen Lächerlichkeit preiszugeben, damit dem kleinen Mistkerl seine großen Worte ein für alle Mal vergingen. Doch auch geniale Pläne können fehlschlagen. Der kleine Angeber parierte den Angriff ohne jede Mühe. Es war ziemlich still, als die beiden sich dann gegenüberstanden, zwei Degenlängen voneinander entfernt, stumm einander musternd, das Aufflattern eines Vogels im Geäst hoch über ihnen der einzige Laut auf der Lichtung.
    Dann, als hätte irgendjemand ein Signal gegeben, gingen sie gleichzeitig zum Angriff über.
    Couvencours Kampfstil hatte nichts von Sébastiens tänzerischer Eleganz, nichts von Ästhetik, Anmut, Geschmeidigkeit. Aber er war einfach unfassbar schnell.
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    Es war still geworden auf der Lichtung, während die jungen Leute stumm ein Gefecht beobachteten, das nichts mit dem zu tun hatte, was sie sonst an Degenkämpfen zu sehen bekamen. Fabiou, für den Fechten bisher nichts als blödes aufeinander Einhauen mit scharfen Gegenständen gewesen war, starrte auf einen Kampf, der in seiner Systematik und Formvollendung so sehr Kunst war wie jede Sonette und jedes Rondeau, ein Kampf mit einer Metrik, Schlagfolgen wie Jamben, Trochäen, Alexandriner. Mit der Gewandtheit eines Raubtiers wirbelte Sébastien über die Lichtung, und Arnac antwortete mit einer Geschwindigkeit, die seine Schläge fast unsichtbar machte. Dann standen sie wieder, ruhig, einander fixierend, wie zwei Katzen, bevor sie zum Angriff übergehen, und da war eine Falte auf Sébastiens Stirn erschienen, Unruhe in seinen Augen, unglaublich, dass dieser Junge in der Lage war, ihm

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