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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Diener kehrte in Kürze zurück und hatte zwar des Docteurs Medikamententasche dabei, mitnichten aber den Docteur selbst. Der hatte sich soeben in der Gesellschaft einiger honoriger Herren des Parlaments befunden und das Ansinnen, einen verletzten Razat zu versorgen, entrüstet abgelehnt. Sébastien schimpfte eine Weile erbost auf diesen feigen Hund von einem Arzt, doch auch das änderte nichts daran, dass sie definitiv ohne medizinischen Beistand waren. «Ist nicht so schlimm, ich werde schon nicht verbluten», meinte Arnac, aber er war mittlerweile doch ein bisschen blass im Gesicht.
    «Man muss die Wunde auswaschen und verbinden», meinte Cristino mit wackeliger Stimme. Das hatte sie einmal von Bruder Antonius gehört. Sébastien betrachtete sie zweifelnd. «Na, dann macht mal», meinte er.
    Der Diener brachte etwas frisches Wasser und ein paar saubere Tücher. Cristinos ängstliche Blässe schlug in Feuerrot um, als ihr bewusst wurde, dass Arnac zur Versorgung der Wunde wohl seinen Oberkörper würde entblößen müssen, doch offensichtlich bemerk310
    te der ihre Verlegenheit, denn er riss mit der rechten Hand seinen aufgeschlitzten linken Ärmel vollends ab, so dass die Wunde freilag. «Das Hemd ist sowieso nicht mehr zu retten», meinte er. Cristino stand also da, hielt ein nasses Tuch in der Hand und starrte voller Entsetzen auf Arnacs blutverklebte Schulter. Warum hatte sie sich bloß in so eine Situation bringen lassen?
    Zu spät, einen Rückzieher zu machen. Vorsichtig betupfte Cristino Arnacs Schulter mit dem Tuch, Wasser mit Blut vermischt perlte über Arnacs Arm und tropfte auf den Marmor. Cristino wartete darauf, dass sie ohnmächtig würde, wie im Angesicht von so viel Blut selbstverständlich zu erwarten, und war ausgesprochen erstaunt, als die Schulter schließlich ziemlich sauber war und sie immer noch auf ihren zwei Beinen stand.
    Einen Moment lang überlegte sie, was jetzt zu tun sei. Durch Arnacs Schulter zog sich ein fingerlanger, klaffender Schnitt, aus dem noch immer Blut quoll. Sébastien hatte sich gesetzt und starrte interessiert auf ein Fresko mit einer Jagdszene. Er war etwas weißlich im Gesicht. Schließlich entnahm Cristino Docteur Grattous Tasche zwei Verbandsstreifen, die dieser vermutlich zur Versorgung von Aderlasswunden bei sich trug. Einen davon rollte sie zusammen und drückte ihn auf die Wunde, woraufhin sie ihn mit dem anderen festwickelte. Arnac verzog etwas das Gesicht, hielt aber still, bis sie mit ihrem Werk fertig war. Einen Moment lang sah sie unentschlossen auf das freie Ende der Binde, dann stopfte sie es möglichst fest unter eine der tieferen Lagen. «Fertig», seufzte sie erleichtert.
    Arnac betrachtete sie seltsam. «Ihr macht das sehr gut», meinte er. «Habt Ihr das von Eurer Tante gelernt?»
    Cristino, noch immer völlig perplex ob der Tatsache, nicht in Ohnmacht gefallen zu sein, sah ihn verständnislos an. «Meine Tante?», fragte sie. «Welche Tante?»
    «Beatrix Avingou. Schwester Consolatoria. Sie kennt sich doch aus in der Krankenpflege, oder?»
    «Ich… ich weiß nicht so recht… ich kenne sie gar nicht. Sie ist schon so lange in Rom», meinte Cristino entschuldigend.
    «Aber Ihr müsst doch von ihr gehört haben», sagte Arnac stirnrunzelnd. «Erzählt man denn nicht von ihr in Eurer Familie?»
    311
    Eigentlich nicht. Eigentlich gar nicht. «Nun… nur selten…»
    «Das ist ja seltsam. Ich dachte immer, Senher Auban müsste stolz sein auf seine fromme Cousine», meinte Arnac. Er hatte noch immer die Stirn gerunzelt.
    «Kennt Ihr sie denn?», fragte Cristino schüchtern.
    «Ein wenig. Ich kannte sie. Als Kind.» Er betrachtete Cristino nachdenklich. «Wer hat Euch dann beigebracht, Wunden zu versorgen?»
    «Niemand!», sagte sie erstaunt. «Ich habe das zum ersten Mal gemacht.»
    «Dann seid Ihr wirklich begabt», meinte Arnac de Couvencour. Cristino errötete geschmeichelt.
    Sébastien kannte nun kein Halten mehr. Arnac wurde zum buf- fet herausdirigiert, und mit zwei Gläsern Rotwein wurde erst einmal Brüderschaft getrunken. Cristino lief den beiden treulich hinterher, was sie bald bereute, denn sie war momentan vollkommen abgemeldet, die beiden jungen Männer hatten gerade nur Interesse füreinander. «Junge, du sprichst hervorragend französisch!», stellte Sébastien fassungslos fest. «Der Erste, dem ich hier in dieser Gegend begegne, der wirklich überhaupt keinen Akzent hat. Und fechten tust du wie der Teufel persönlich! Wer in aller Welt hat

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