Die Kinder des Ketzers
Couvencour», bestätigte Bonieus.
«Couvencour? Arnac de Couvencour?», fragte Trévigny verdutzt.
«Neeiin… sein Vater, Rouland de Couvencour», sagte Buous.
«Der prozessiert schon seit Jahren mit dem Parlament herum», sagte Bonieus.
«Weil er angeblich Protestanten zur Flucht vor der Inquisition verholfen hat», sagte Buous.
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«Bisher konnten sie ihm glücklicherweise nichts nachweisen», sagte Bonieus.
«Aber der kann auch nur von Glück sagen, dass er ein Edler ist und das Parlament den Skandal scheut, einen Edlen ohne ordentliche Beweise wegen Ketzerei zu verurteilen. Wenn er ein Bürgerlicher wäre, wäre er längst auf dem Scheiterhaufen gelandet», sagte Buous.
«Und das kann immer noch kommen, wenn er nicht aufpasst», sagte Bonieus.
«Eben. Und wenn Maynier uns aus irgendeinem Grund ebenfalls ins Visier nimmt, könnte es uns genauso gehen», sagte Buous.
«Zumindest könnte er uns eine Menge Schwierigkeiten bereiten», sagte Bonieus.
«Und man weiß ja nie, wenn das so weitergeht mit dem Verfall unseres angestammten Rechts, dann ist man vielleicht ja bald auch als Adliger nicht mehr seines Lebens sicher.»
«Eben. Deswegen ist es besser, man legt sich mit den Kerlen nicht an.»
«Eben.»
«Ah, wenn man vom Teufel spricht…» Der Buous hatte sich umgewandt.
«Teufel?», fragte Fabiou verwirrt.
«Nun… Couvencour», sagte Buous und wies mit dem Daumen über seine Schulter zurück. Fabiou sah an ihm vorbei und entdeckte Cristino, die über den Rasen in Richtung buffet lief. An ihrer Seite schritt niemand anderes als Arnac de Couvencour. In eben diesem Moment blieb er stehen und pfiff leise durch die Zähne. Sein Blick war auf den Jansoun gerichtet, der soeben auf Maynier und den Faucoun zuschritt und leise auf sie einsprach. «Na, so etwas», sagte Arnac laut und deutlich. «Maynier und seine saubere Verwandtschaft. Die hochwohlgeborene Familie gibt sich die Ehre.» Mit einem Lächeln auf dem Gesicht lief er weiter. Seine Augen waren dunkler als das Nichts.
***
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Das Klirren von Stahl gegen Stahl hallte durch die ordentliche Anordnung der Bäume, und Fabiou, der neben Sébastien de Trévigny im Schatten einer großen Zeder saß, weit genug unter den herabhängenden Ästen, um Jean de Mergoults Blick entzogen zu sein, fühlte sich grauenvoll.
Es war nicht nur dieses öde, entsetzlich langweilige Fest, die aufgetakelten, kichernden Gören, das prahlerische Balzgehabe der Jungs, die höfliche Konversation der edlen Damen und Herren und die Tatsache, dass er immer noch keinen einzigen Vers seiner Ballade zu Papier gebracht hatte. Das war es auch, natürlich. Das und der Ärger über die Anwesenheit der Mergoults und die Unmöglichkeit, Mèstre Grandjean aufzutreiben, der sich zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort Ingelfinger genannt hatte.
Aber sein Unbehagen saß tiefer. Viel tiefer.
Was störte ihn eigentlich so an den Eröffnungen von Buous und Bonieus? Er war mit den Ruinen von La Costo aufgewachsen, und dass sie nicht von einem Waldbrand herrührten, sondern die Folge kriegerischer Auseinandersetzungen waren, hatte er immer gewusst. Genauso, wie ihm stets klar gewesen war, dass bei den Kampfhandlungen, die La Costo zerstört hatten, nicht nur Gebäude in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Also warum hatte er plötzlich das Gefühl, dass sich in seinem Innern etwas schmerzhaft zusammenzog, sobald sein Denken auf den Namen La Costo stieß?
Es waren schließlich Ketzer. An sich haben sie es nicht anders verdient. Hat sie ja keiner gezwungen, diesen blöden Irrglauben anzunehmen.
Was störte ihn? Die Worte des Buous – harmlose Frauen und Kinder? Selbst ein Ketzer hat doch einen Anspruch auf einen Prozess? Die Worte Sébastiens – Hunderte niedergemetzelt wegen des bloßen Verdachts der Ketzerei? Störte ihn die Erkenntnis, dass zu den Opfern neben den bösen Ketzern, denen es schließlich recht geschah, auch gute Katholiken gehörten? Störte ihn diese grauselige Geschichte über den jungen Labarre? Störte es ihn, dass es nicht die Ketzer waren, die den Frieden gebrochen und so den Kampf herausgefordert hatten, sondern dass die Urheber die Katholiken waren, von denen die offensichtlich friedfertigen Waldenser ohne 301
konkreten Anlass überfallen worden waren? Ein bisschen von alledem wahrscheinlich. Aber die Hauptsache war eine andere. Er hatte es nicht gewusst!
Er war acht Meilen von diesem verdammten La Costo entfernt aufgewachsen und hatte nichts von all
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