Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
Tafel schrieb. «Wer ist er», fuhr Fabiou fort, «und warum trägt er eine Maske?»
    «Nun, vermutlich will er nicht erkannt werden», mutmaßte Victor Degrelho.
    «Die wahrscheinlichste Antwort», erklärte Fabiou. «Dies wiederum könnte bedeuten, dass er jemand ist, den man ohne Maske erkennen würde, eine Person des öffentlichen Lebens also. Ansonsten wissen wir nicht viel über ihn, außer dass er überzufällig häufig 487
    im Zusammenhang mit den Morden auftaucht, wobei unklar ist, ob er etwas mit ihnen zu tun hat. Dann der nächste Verdächtige – der Glatzkopf. Er hielt sich im Haus des letzten Ermordeten auf. Sein Aussehen kennen wir, wissen aber ansonsten nichts über ihn. Für mich ist er einer der Hauptverdächtigen, zumindest was den Mord am Notar betrifft.» ‹L’homme chauve – der Mann mit der Glatze›
    schrieb Fabiou an die Tafel. «Weiter – Mèstre Ingelfinger, der Deutsche.» Fabiou kratzte sich am Kopf. «Er ist vor allem deshalb verdächtig, da er sich ab und zu Grandjean nennt und behauptet, aus Lothringen zu kommen. Er ist Kaufmann und gehört offensichtlich demselben Unternehmen an wie Trostett und Petri. Möglich, dass er als Trostetts Vorgesetzter nur Nachforschungen zu seinem Tod anstellt, möglich, dass es eine harmlose Erklärung dafür gibt, dass er sich auf dem Fest der Mancoun als Grandjean ausgab. Wie dem auch sei», meinte Fabiou, «er weiß eine Menge, das wir nicht wissen, und macht ein ziemliches Geheimnis daraus.» Fabiou schrieb
    ‹Ingelfinger› an die Tafel.
    «Frederi. Du musst Frederi mit draufschreiben», rief Catarino. Schiefe Blicke von Seiten der Männer trafen sie. Frederi Jùli stand der Mund offen. «Na, ist doch wahr», verteidigte sie sich. «Du hast doch selbst gesagt, er hat gelogen. Wenn das nicht verdächtig ist!»
    Fabiou schüttelte den Kopf. «Möglich, dass Frederi uns anlügt», meinte er, «aber deswegen hat er doch noch lange nichts mit den Morden zu tun.»
    «Ich finde das verdächtig», grummelte Catarino.
    «Nun», Fabiou ignorierte seine Schwester geflissentlich, «dann zu den unterschiedlichen Theorien bezüglich der Mordserie, die inzwischen laut geworden sind. Die am weitesten verbreitete, die mittlerweile auch von offizieller Seite geteilt wird, lautet, dass es sich um Raubmorde handelt, begangen von den AntoniusJüngern.» Er schrieb ‹Les Théories› an die Tafel und darunter: ‹I Disciple d’Antoine – Vole›. «Dafür spricht der Schriftzug Santonou, der bei den Ermordeten gefunden wurde. Dagegen spricht, dass bei keinem der Morde – und inzwischen sind es immerhin fünf – nachweislich etwas gestohlen wurde. Daraus und aus der Tatsache, dass unter den Mordopfern mindestens einer ist, der maßgeblich an der Vernichtung der Antonius-Jünger 1545 Anteil hatte, lässt sich eine 488
    zweite These ableiten: die Morde sind Teil eines Rachefeldzugs der Antonius-Jünger, darunter möglicherweise der junge Nicoulau, der Sohn eines der ehemaligen Anführer.»
    «Ich finde diese Theorie an den Haaren herbeigezogen!», sagte Bruder Antonius scharf. «Nur weil in den Annalen von Galaud nichts über seine Hinrichtung steht! Blödsinn ist das doch!»
    «Nun, auch wenn es nicht der junge Nicoulau ist, kommt eine Rache der Antonius-Jünger doch eindeutig als Motiv in Frage», insistierte Fabiou und schrieb auf: ‹II Disciple d’Antoine – Vengeance›.
    «Allerdings», fuhr er fort, «gibt es mittlerweile durchaus Hinweise, die dagegen sprechen, dass die Antonius-Jünger verantwortlich für die Morde sind.»
    «Was?» Bruder Antonius und Victor Degrelho. Beide waren vor Überraschung beinahe von ihren Stühlen gefallen.
    Fabiou griff in sein Wams und förderte den Holzspan zutage.
    «Ein Bauer, der offensichtlich wusste, wovon er sprach, hat mir dies gegeben, mit dem Hinweis, dass so Joan lou Pastres Schrift aussah
    – also deutlich anders als die Schrift, die man stets bei den Leichen findet.»
    «Na, ist doch logisch – die Schrift bei unseren Morden kann ja auch schlecht von Joan lou Pastre stammen», mischte Catarino sich schon wieder ein. Die Blicke der Herren wirkten zunehmend befremdet.
    «Aber was erstaunlich ist – angeblich ähnelte die Schrift, die man an Hector Degrelhos Leiche gefunden hat, dafür sehr der Schrift bei den jüngsten Mordopfern», sagte Fabiou mit einem genüsslichen Grinsen. Kurze Stille. «Was willst du damit sagen?», fragte Victor dann heiser.
    «Nun, dass es nicht auszuschließen ist, dass der Mörder

Weitere Kostenlose Bücher