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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Sage ist, und dass Vater mir von ihm erzählt hat.»
    «Na ja, die Sage hat sich offensichtlich ‘44 ganz schön mit Bossard angelegt, und das und die Erwähnung in Trostetts Brief kann ja wohl kaum Zufall sein», meinte Fabiou. «Und was auch inter491
    essant ist – Carfadrael besaß anscheinend Mitstreiter, die sich die
    ‹Bruderschaft› nannten. Und wenn ihr euch an die Widmung in
    ‹Utopia› erinnert, die mit Carfadrael unterzeichnet war, so war da auch von einer Sodalitas – Bruderschaft die Rede.»
    «Das heißt, die Namen, die da stehen, können sehr wohl die Namen der Mitglieder dieser Bruderschaft sein», überlegte Bruder Antonius.
    «Genau», bestätigte Fabiou. «Wobei es sich natürlich nicht um richtige Namen, sondern um – ja, Decknamen handeln muss. Dennoch sind sie unser einziger fassbarer Hinweis auf diese Bruderschaft. Was umso seltsamer ist, als besagtes Buch sich im Besitz von Oppède befand, bevor es an die Bibliothek ging.»
    «Oppède als Beschützer der Armen und Schwachen? Na, ich weiß nicht.» Sébastien verzog das Gesicht.
    «Vielleicht ist das Buch durch mehrere Hände gegangen», überlegte Bruder Antonius.
    «Hm. Möglich. Auf jeden Fall ist Carfadrael eine Spur. Und wir haben noch eine. Rablois. Ich denke, Victor, das solltest du erklären.»
    Victor, der noch immer am Fenster stand, räusperte sich. «Rablois ist eine kleine Stadt in der Gegend von Lyon. Dort sind Anfang
    ‘45 die Kinder eines ansässigen Landjunkers ermordet worden – erwürgt von ihrem Kindermädchen. Das Weib wurde gefasst und für das Verbrechen zum Tode verurteilt. Doch wenige Tage vor der geplanten Hinrichtung entkam sie auf ungeklärte Weise. Als meine Kusinen starben, ist irgendjemandem die Ähnlichkeit des Verbrechens zum Mord von Rablois aufgefallen. Der Richter von Rablois wurde daraufhin hierher gerufen, und in der Tat identifizierte er die Mörderin meiner Kusinen als dieselbe, die er bereits für den Mord an den Kindern aus Rablois verurteilt hatte.»
    «Rablois. Es war dieselbe», zitierte Fabiou und winkte mit Trostetts Brief. Ergriffene Stille. «Heiliger Strohsack», hauchte Sébastien.
    «Na, das wissen wir doch, dass das Weib vorher schon andere Kinder umgebracht hatte», erklärte Frederi Jùli. «Wegen dem Teufel, weil der doch dreizehn Opfer wollte!»
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    «Hat es denn irgendeine Erklärung dafür gegeben, warum die Frau die Kinder in Rablois umgebracht hat?», fragte Bruder Antonius stirnrunzelnd, Frederis Bemerkung ignorierend. Victor schüttelte den Kopf. «Sie hat wohl beim Verhör nur völlig wirres Zeug geredet, so dass man zu dem Entschluss kam, sie sei wahnsinnig. Wahnsinnig oder in der Tat vom Teufel besessen.»
    «Blödsinn», murrte Bruder Antonius.
    «Also wirklich nur die sinnlose Tat einer Wahnsinnigen», seufzte Sébastien betroffen. «Die in Rablois haben sie entwischen lassen, und sofort hat sie sich die nächste Familie ausgesucht und ihre Bluttat wiederholt.»
    «Komisch», murmelte Bruder Antonius.
    «Was ist komisch?», fragte Fabiou.
    «Dass jemand, der so irre ist, dass er beim Verhör nur unverständliches Zeug daher redet, ein paar Wochen später wieder einen so normalen Eindruck macht, dass ein Baroun d’Astain ihn zur Betreuung seiner Kinder einstellt.»
    «Was willst du damit sagen?», fragte Victor, dem offensichtlich immer unbehaglicher zumute wurde angesichts all der unerwarteten Eröffnungen.
    «Man kann Wahnsinn auch vortäuschen», meinte Bruder Antonius.
    «Wieso? Warum sollte das einer tun?», fragte Catarino verständnislos.
    Der Mönch zuckte mit den Achseln. «Um die wahren Beweggründe zu verschleiern. Um der Folter zu entgehen. Um vielleicht sogar mit dem Leben davonzukommen. Es gäbe durchaus Richter, die einen wahnsinnigen Mörder einsperren würden, statt ihn aufzuhängen.»
    Fabiou nickte. In seinen Augen lag ein fasziniertes Glimmen.
    «Aber, Himmel, was für einen Grund sollte ein Mensch klaren Verstandes haben, unschuldige Kinder zu töten?», rief Victor.
    «Mädchen noch dazu, arme Waisen, die nichts sind und nichts haben außer ihr nacktes Leben!»
    «Ja, das stimmt, das ist seltsam», bestätigte Sébastien. «Wären deine Kusinen Knaben gewesen, hätten dein Vater und du zumindest einen Grund gehabt, sie erwürgen zu lassen: ihr Erbe.»
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    «Sehr witzig!», zischte Victor.
    «Eine Erklärung gäbe es», sagte Loís aus dem Hintergrund. Alle drehten sich um. Sébastien und Victor hatten die Stirn gerunzelt. Es erschien ihnen

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