Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
offensichtlich befremdlich, dass ein Diener sich in die Belange der Herren einmischte. «Und der wäre?», fragte Sébastien unwirsch.
    «Nun», Loís wich unsicher Sébastiens Blick aus, «immerhin waren die Mädchen dabei, als der Baroun ermordet wurde. Vielleicht haben sie den wahren Täter gesehen und er musste fürchten, dass sie ihn eines Tages wiedererkennen.»
    «Mein Vater war auch dabei», widersprach Victor unwillig.
    «Aber habt Ihr Fabiou nicht erzählt, er sei vorausgeritten und erst zurückgekommen, als die Wegelagerer bereits angegriffen hatten?», meinte Loís. «Vielleicht ist das Entscheidende, was die Mädchen gesehen haben, vor seiner Ankunft passiert.»
    «Ach…» Sébastiens Gesicht zeigte deutlich, was er von der Meinung eines Dieners hielt.
    «Wie dem auch sei», Fabiou räusperte sich unbehaglich, «ich habe den gesamten Brief noch einmal durchgesehen mit Hinblick auf das, was wir jetzt wissen. Die Kinder, von denen Trostett spricht – er kann eigentlich nur die Kinder von Degrelho meinen. Das furchtbare Verbrechen – es könnte hier um die Ermordung von Degrelho und seiner Familie gehen. Und die Stelle mit Rablois spielt definitiv auf Victors Kusinen an!»
    «Möglich.» Sébastien zuckte mit den Schultern. «Aber auch dann bleiben noch genügend Fragen offen. Was ist mit dem Verrat gemeint? Wer ist dieser geheimnisvolle Rächer, auf den Trostett gehofft hat? Was hat es mit dieser seltsamen Geschichte um Carfadrael und die Bruderschaft auf sich? Und was, Jesus und Maria, hat Trostett gemeint, als er Ingelfinger schrieb: Eine Generation, verkauft für ein paar Silberlinge, ein Volk für ein paar Morgen Land?»
    «Ich weiß es nicht», gab Fabiou zu. «Aber ich denke, eines können wir mit großer Wahrscheinlichkeit sagen: Der Mord an Hector Degrelho war genauso wenig ein Raubmord wie die Morde an Trostett, Servius, Bossard, dem Notar und seinem Diener, und ebenso wenig war die Ermordung der drei Mädchen die hirnlose 494
    Tat einer Wahnsinnigen. Was auch immer hinter all dem steht, diese Ereignisse hängen irgendwie zusammen. Und das bedeutet, dass wesentlich mehr hinter der ganzen Sache steckt, als die hohen Herren vom Parlament sich träumen lassen!»
    ***
    «Confiteor Deo et beatae Mariae et omnibus sanctis et vobis, Pater, quia peccavi in cogitatione, locutione et opera, mea culpa…»
    Oh nein, dachte Pater Thomas, Beichtvater zu St. Sauvaire, als er die schniefende Jungmädchenstimme durch das Gitter des Beichtstuhls wahrnahm. Die dritte in dieser Woche! Dass die Leute auch nicht besser auf ihre Gören aufpassen können! Und plötzlich sind sie schwanger, und dann hagelt es auch noch Vorwürfe, man habe die unschuldigen Geschöpfe nicht ausreichend gegen die Anfechtungen der Sünde gewappnet!
    «Nun, meine Tochter, ich höre, wessen bist du schuldig?»
    Wieder Schniefen. Das Übliche, schätzungsweise. Er war so galant und so gutaussehend, und ich habe mir wirklich nichts dabei gedacht, als er den Waldspaziergang vorgeschlagen hat, und als er wollte, dass ich mich ausziehe, habe ich mir auch noch nichts gedacht, aber hinterher habe ich mich dann doch gefragt, ob das ganze vielleicht eine sündige Handlung war…
    «Sprich, mein Kind», seufzte er, ergeben in sein Schicksal, sich die neueste Version derselben uralten Geschichte anhören zu müssen. «Was immer du getan hast, dir wird vergeben werden.»
    Ein neuerliches Schluchzen. Dann eine zitternde, tränenerstickte Stimme: «Ich bin vom Geist einer Toten besessen.»
    «Wie bitte?» Pater Thomas saß kerzengrade auf seinem Sitz.
    «Ein Geist? Einer Toten?»
    «Hm. Ja. Sie heißt Agnes, und sie ist von ihrem Kindermädchen erwürgt worden, mit vier Jahren. Und ich habe ein Medaillon gekauft, das ihr gehört hat. Und seitdem träume ich dauernd von ihr, und ich weiß Dinge aus ihrem Leben, die ich eigentlich gar nicht wissen kann. Und ich will, dass sie wieder weggeht. Könnt Ihr da etwas machen?»
    495
    Jesus, das war nun wirklich ein ausgeprägter Fall mädchenhafter Überspanntheit! «Nun… ähm… habt Ihr Euch schon überlegt, Euch des Medaillons zu entledigen?»
    «Ja, schon, aber ich denke, dann wird sie vielleicht wütend und tut mir etwas ganz Furchtbares an!»
    «Kein Geist kann Euch Schaden zufügen, wenn Ihr in Jesu seid!», erklärte der Pater. «Vertraut auf den Herrn, dann werden diese Traumbilder verschwinden.»
    «Na, ich vertraue doch auf den Herrn! Und ich bete ja auch dauernd! Aber es nützt nichts! – Könnt

Weitere Kostenlose Bücher