Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
Kreis herum fließt und nicht in der Leber produziert wird, und dass es prinzipiell vorstellbar sei, Maschinen zu entwickeln, mit denen der Mensch fliegen könnte. Aber er hatte schlechte Karten – Oma Felicitas hatte einen wahren Narren an Cristou gefressen, und schließlich musste Philomenus klein beigeben und Cristou als Schwager akzeptieren.» Sie grinste voller Genugtuung. Die Antipathie zwischen dem Ehepaar Breix und den Geschwistern Avingou beruhte offensichtlich auf Gegenseitigkeit.
    «Zählte Hector Degrelho auch zu den falschen Freunden?», fragte Fabiou provozierend.
    «Hector? Da kannst du Gift drauf nehmen. Ich habe immer auf den herrlichen Tag gewartet, an dem Philomenus blöd genug ist, Hector Degrelho zum Duell zu fordern.» Beatrix’ Grinsen wurde noch breiter. «Hector war ein Genie, was den Degenkampf betraf. Er hätte Philo in weniger als zwanzig Sekunden weggeputzt.»
    «Wieso, was hatte Onkel Philomenus gegen Degrelho?», fragte Cristino.
    «Alles, was man gegen einen Menschen haben kann, würde ich meinen. Und am schlimmsten fand er wohl Hectors offenen Umgang mit Leuten anderer Glaubensrichtungen», meinte Beatrix. 549
    «Er war mit einem Waldenser befreundet, war’s nicht so?», fragte Fabiou. «Lucian – Veive, nicht wahr? Der Sohn vom Schultheiß von La Costo.»
    «Herr Jesus, das weißt du?» Beatrix lachte. «Lucian, oh je. Das war so einer, ich kann’s euch sagen. Wenn der Kopf nicht angewachsen gewesen wäre, hätte man ihn festschrauben müssen, sonst hätte er nach spätestens fünf Minuten nicht mehr gewusst, wo er ihn gelassen hat. Deswegen hat sein Vater ihn auf diese Klosterschule geschickt. Sein Vater war neben seiner Tätigkeit als Schultheiß
    vor allem der reichste Bauer von La Costo. Lucian war sein ältester Sohn, aber er hat sich ziemlich schnell von dem Gedanken verabschiedet, ihn zu seinem Erben zu machen, und für diese Aufgabe Lucians jüngeren Bruder Jacque ausersehen. Der ist so beschränkt, der taugt nur zum Studieren, pflegte er über Lucian zu sagen, und er investierte eine Menge Geld in diese Schule, um ihm eine angemessene Bildung zu ermöglichen. Er ging ein nicht unbeträchtliches Risiko ein, muss man sagen. Natürlich wurden Waldenser nicht zu Klosterschulen zugelassen, also musste die Familie Veive ihre wahre Religion verbergen, als sie Lucian in die Schule gab. Hector und Pierre haben die Wahrheit damals durch Zufall herausgefunden. Was letztlich ein Glück für Lucian war. Hector hatte eine Schwäche für all die Verfolgten und Unterdrückten, er war begeistert, einen heimlichen Waldenser unter seinen Schulkameraden zu haben, und nahm Lucian mit Freuden unter seine Fittiche. Und das war bitter nötig, denn Lucian brachte auch in der Schule nicht allzu viel zustande, und ohne Hectors und Pierres tatkräftige Hilfe wäre er wahrscheinlich schon nach ein paar Wochen wieder nach Hause geschickt worden. Na ja, zum Studieren hat es dann doch nicht gereicht. Aber der Vater eines Schulkameraden lebte hier in Ais als Kaufmann und stellte ihn als Buchhalter an, als er die Schule verließ. Er war sogar relativ erfolgreich in seiner Tätigkeit dort. Egal. Er ist tot. Die ganze Familie ist tot, einschließlich seiner Eltern und Jacque und aller anderen.» Beatrix holte tief Luft. Fabiou starrte nachdenklich in Richtung der alten Grabsteine.
    «Wann genau ist mein Vater gestorben?», fragte er. Die Frage hatte Tante Beatrix offensichtlich nicht erwartet. Sie wirkte einen Moment lang ziemlich durcheinander, bevor sie 550
    schließlich leidlich gefasst antwortete: «In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai.»
    «Also nur zwei Tage nach Onkel Pierre?»
    Beatrix blinzelte heftig, dann sagte sie: «Ja. Zwei Tage nach Pierre.»
    Cristino wurde blass und begann, an ihrem Gürtel herumzunesteln. Die Richtung, in die sich das Gespräch bewegte, gefiel ihr gar nicht.
    «Das ist ja tragisch!», sagte Catarino mit einem theatralischen Seufzer. «So kurz hintereinander zwei Tote in einer Familie!»
    «Es waren tragische Zeiten», sagte Beatrix dumpf. Fabiou nagte an seinem linken Daumennagel herum. «War es eine von den Seuchen, die durch die Vernichtung der Waldenser ausgebrochen sind, an der Vater gestorben ist?»
    Tante Beatrix starrte ihn einen Moment lang an wie vom Donner gerührt. Dann lachte sie schrill auf. «Ja, so könnte man es sagen. Eine der Seuchen, die wir Maynier d’Oppède verdanken.»
    «Und Onkel Pierre? Wie genau ist das passiert?», fragte Fabiou.
    «Sag mal,

Weitere Kostenlose Bücher