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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Zuneigung des einfachen Volkes auch die des örtlichen Adels ein. Himmel, sogar ein Großteil der Carcisten kriegt einen verklärten Blick, wenn der Name Carfadrael fällt! Ich wusste gar nicht, dass die Carcisten so antifranzösisch eingestellt sind! Die Einzigen, die etwas gegen ihn hatten, waren die örtlichen Machthaber, vor allem das Parlament, bei dem ein Stapel von Be563
    schwerden einiger Adliger à la Bossard vorlag, denen er wegen Übergriffen gegenüber ihren Untertanen zu Leibe gerückt ist. Und eben meine lieben Landsleute.»
    «Und was hat es mit diesen ketzerischen Aktivitäten auf sich?», fragte Fabiou. «War Carfadrael Protestant?»
    «Oh, das sicher nicht, aber seine Hilfsbereitschaft gegenüber den Unterdrückten und Verfolgten erstreckte sich auch auf die, die von der Inquisition verfolgt wurden – angebliche Hexen, Protestanten, Waldenser… Seltsamerweise scheinen ihm dies auch die katholischsten seiner Bewunderer nicht sonderlich nachzutragen – also, diese Carcisten erstaunen mich wirklich! Es gibt auf alle Fälle so einige abenteuerliche Geschichten über echte oder vermeintliche Häretiker, die Freund Carfadrael und seine Bruderschaft vor dem Scheiterhaufen gerettet haben sollen. Dieser Richter zum Beispiel hat mir erzählt…»
    «Was für ein Richter bitte?»
    «Johannis heißt er. Conseiller am Parlament. 1543 war er als Richter vom Parlament dazu beauftragt, die rebellischen Aktivitäten der Waldenser im Lubéron zu untersuchen, insbesondere die eines gewissen Eustache Marron, der damals in irgendeinem Kaff namens Carbrières der Waldensischen Lehre frönte und wohl eine Zahl von Bewaffneten um sich gesammelt hatte, um sich gegen eventuelle Angriffe der gut Katholischen zur Wehr zu setzen.»
    «Carbrières? Du meinst Cabriero, oder?», unterbrach Fabiou erstaunt. «Welches Carbriero?»
    «Cabrières, Cabriero, das klingt doch praktisch gleich – wieso welches?»
    «Na ja, es gibt mehrere. Eines direkt bei Castelblanc, Carbriero du Comté . Dann gibt es noch eines hier in der Nähe und eines bei Avignon.»
    «Es muss das bei Avignon sein. Auf jeden Fall kam dieser Johnannis auf dem Heimweg durch Lourmarin, und dort fiel ihm einer von Marrons engsten Getreuen, ein gewisser Chausse-de-Cuire, in die Hände. Als er ihn verhaften ließ, rief dies allerdings den Widerstand der Dorfbewohner hervor, woraufhin er sich ins Schloss der örtlichen Lehensherrin flüchtete, einer gewissen Dame de Sault 564
    – übrigens eine Großtante zweiten Grades von Alessia, wenn ich das richtig verstanden habe.»
    «Schön. Was hat das Ganze bitte mit Carfadrael zu tun?»
    «Wart’s doch ab! Am selben Abend sprach ein fremder Edelmann am Tor vor und wollte Richter Johannis sprechen. Als Johannis zum Tor kam, saß der Fremde auf seinem Pferd, den Hut ins Gesicht gezogen, so dass Johannis im Gegenlicht der Abendsonne nicht viel mehr als seine Silhouette erkennen konnte, und forderte die sofortige Freilassung von Chausse-de-Cuire. Johannis erwiderte, Chausse-de-Cuire sei ein Ketzer und Aufrührer, dem ein ordentlicher Prozess gemacht werden müsse, und niemand könne ihn davon abhalten, seine diesbezügliche Pflicht zu erfüllen. Daraufhin entgegnete der Fremde, Ihr könnt gewiss sein, dass ich Euch ein paar Leute vorbeischicken werde, die Euch sehr wohl davon abhalten werden. Und damit wendete er sein Pferd und jagte in den Sonnenuntergang davon.» Sébastien strahlte verklärt.
    «Hast du schon mal über eine Karriere als Märchenerzähler nachgedacht? Du hättest Talent, glaube ich», meinte Fabiou trocken.
    «Fabiou, du bist ein gottverdammter Zyniker! Hör zu, es geht noch weiter. Am nächsten Morgen wurde Johannis von einem Aufruhr vor dem Tor geweckt. Vor dem Schloss hatte sich eine Meute von mindestens fünfzig Leuten versammelt, die riefen, man solle sofort den Gefangenen freilassen, sonst würden sie angreifen. Johannis glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, denn es war niemand anders als Eustache Marron und seine Leute, die da das Schloss belagerten – sie mussten in einem wahren Gewaltmarsch über Nacht von Carbrières nach Lourmarin gelaufen sein. Eine Zeitlang beschränkten sich die Belagerer darauf, Chausse-de-Cuires Freilassung zu fordern, dann wurden die ersten Schüsse abgegeben, und schließlich wurde es der Dame de Sault zu dumm, sie sagte zu Johannis, am Ende würden diese Irren da draußen noch ihr Schloss in Brand stecken, und was habe dieser Chausse-de-Cuire schon Schlimmes getan,

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