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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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außer Waldenser zu sein. Und Johannis, seiner letzten Unterstützung beraubt, kapitulierte und ließ Chausse-deCuire gehen. Und auf dem Hügel gegenüber des Schlosses saß der geheimnisvolle Reiter auf seinem Pferd und winkte Johannis zu, der sich am Ende seiner Kraft zu einem der jubelnden Belagerer 565
    umdrehte und sagte, verrate mir wenigstens, wer ist der Kerl auf dem Pferd da drüben? Und der strahlte ihn an und sagte: Das ist Carfadrael.» Sébastien grinste über das ganze Gesicht.
    «Sag mal, findest du nicht, dass du für einen Katholiken eine erstaunliche Begeisterung für rebellische Häretiker zeigst?», fragte Fabiou skeptisch.
    «Ach! Häretiker! Ist doch egal, es ist einfach eine wunderbare Geschichte!», rief Sébastien. «Und was interessant ist: als Johannis nach Aix zurückkehrte und seinen Bericht ablieferte, wurde er tags darauf zu Maynier zitiert, der damals wohl noch nicht Präsident war, aber vom Parlament mit der Untersuchung gegen die Waldenser betraut. Der war völlig aus dem Häuschen und verlangte, dass er den Bericht noch einmal neu schrieb und den ganzen ‹Blödsinn über Carfadrael›, so hat er sich wohl ausgedrückt, herausließ. Angeblich, weil es die Autorität des Parlaments untergraben würde, wenn sich herumsprach, dass es Adlige gab, die die Waldenser unterstützten. Also schrieb Johannis einen neuen Bericht. Und was noch interessanter ist: als ‘51 dieser Prozess gegen Maynier im Gang war, suchte der Faucoun, Mayniers Neffe, Johannis auf und bat ihn, falls er im Rahmen der Verhandlung zu seinen Nachforschungen von ‘43 befragt würde, auf keinen Fall diese verrückte Geschichte mit Carfadrael zur Sprache zu bringen. Was Johannis dann auch nicht tat, er hatte offensichtlich keine Lust, sich mit Maynier und seinen Getreuen anzulegen. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dem Parlament ist es gottespeinlich, dass sie diese Bruderschaft nie erwischt haben, und deshalb versuchen sie, die ganze Sache totzuschweigen.»
    Fabiou nagte an seinem Fingernagel herum. «Da ist etwas, was ich noch nicht verstehe», murmelte er. «Du hast gesagt, Carfadrael und die Bruderschaft haben in der zweiten Hälfte der 30er und in der ersten Hälfte der 40er Jahre von sich reden gemacht. Und danach?»
    «Ja, das ist das Rätselhafteste daran», meinte Sébastien nachdenklich. «Fast alle, die ich gefragt habe, stimmen überein, dass Carfadrael und die Bruderschaft quasi über Nacht vom Erdboden verschwunden sind. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass sie entdeckt worden sind, man hörte einfach von einem Tag auf den an566
    deren nichts mehr von ihnen. Manche meinen, sie seien geflohen, nachdem die Jagd auf sie immer mehr verstärkt wurde, nach Italien oder in die Schweiz oder sogar in die Neue Welt. Andere halten sie für tot. Der Buoux sagte wortwörtlich» – er räusperte sich, und als er weitersprach, imitierte er gekonnt den Buous’schen Akzent:
    «Der Frangçoaa hat Carfadrael ermorden lassen, aber sie haben’s vertuscht, dass er nicht zum Märtyrer wird, die verfluchten Franzmänner!»
    Fabiou lachte. «Das hat er zu dir gesagt? Er hatte keine Angst, dass du ihm deinen Degen ‘reinrennst, um König François’ Ehre zu verteidigen?»
    «Blödsinn. François hat einen erwachsenen Sohn, der seine Ehre verteidigen kann. Ich habe genug eigene Probleme. Dass er
    ‹verfluchte Franzmänner› gesagt hat, hat mich aber schon ein wenig getroffen, ich gebe es zu. Aber wenn ich ihn aufgespießt hätte, wäre uns schließlich eine wichtige Informationsquelle verloren gegangen. Man muss sich manchmal auch beherrschen können.»
    Fabiou hörte ihm nur noch mit einem Ohr zu. «Schon wieder
    ‘45», murmelte er.
    «Was?»
    «Carfadrael verschwand nach der ersten Hälfte der 40er Jahre, hast du gesagt. Das bedeutet 1545.»
    Sébastien runzelte die Stirn. «Jetzt wo du es sagst… in der Tat haben einige der Leute, die ich befragt habe, 1544 oder 1545 als das Jahr erwähnt, in dem die Bruderschaft zuletzt von sich reden machte. Und was deine Freunde Buous und Bonnieux betrifft…
    nun, die zwei legten sich mit ganz erstaunlicher Überzeugung auf den April ‘45 fest, was ihr Verschwinden betrifft.»
    «April ‘45?», fragte Fabiou erstaunt. «Da war doch…»
    «Der Arrêt de Mérindol , genau.» Sébastien nickte. «Die beiden sind überzeugt, die Agenten des Königs haben nur den Arrêt und das damit verbundene Chaos abgewartet, um die Bruderschaft ohne zu viel Aufsehen zu erledigen.»
    Fabiou

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