Die Kinder des Ketzers
drückten sich aneinander in der Mitte der Lichtung, dort, wo ein Sonnenstrahl das frische grüne Gras hell erglühen ließ. Ringsherum drängten sich die abgerissenen Gestalten, spöttische, anzügliche Blicke, höhnische Bemerkungen. Ein paar Pferde wurden am Zügel gehalten. Claudia weinte, ebenso die Dame Castelblanc. Cristino hätte geweint, wenn sie dazu den Mut gehabt hätte. Catarino starrte auf das Gesindel, das sie umstand, mit unverhohlener Faszination.
Der mit der grauen Mähne, es musste wohl ihr Anführer sein, schritt auf sie zu. «Ihr, Weiber, ihr seid meine Geiseln!», brüllte er und fuchtelte mit seinem Schwert in der Luft herum. «Eure Alten müssen zahlen, wenn sie euch wiederhaben wollen, mit allem 74
noch dran und so!» Er lachte dröhnend. Seine Spießgesellen lachten ebenfalls.
«Tut uns etwas an, und ihr endet am Galgen!», schrie die Dame Castelblanc mit schriller Stimme. «Unsere Männer werden uns rächen. Der Baroun d’Oppède wird uns rächen! Er wird euch alle aufs Rad flechten, habt ihr gehört?»
«Halt’s Maul, Weib!» Das Gesicht des Graumähnigen war dunkelrot geworden bei ihren Worten. «Cucu, fessel die Weiber, und bind’ ihnen das Maul zu, dass sie nich’ schrein, nach ihren Alten und so!»
Ein kollektiver Entsetzensschrei bei den Frauen. «Ihr wagt es nicht, uns anzurühren!», schrie die Dame Castelblanc, und die Barouno ließ erneut ein wüstes Schimpfwort hören. Nur Catarino schwieg und betrachtete ihre Entführer, ein seltsamer Ausdruck in ihren Augen. So etwas wie freudige Erregung.
Jetzt trat ein anderer auf sie zu, ein Stück Seil in der Hand.
«Rührt uns nicht an!», kreischte die Dame Castelblanc. Er griff nach Cristino. Packte sie am Handgelenk, zog sie grob von den anderen Frauen weg. Sie wollte schreien. Gott, wie schreit man noch mal? Ihre Stimme war in der Kutsche geblieben, ein leises Piepsen, das über ihre Lippen kam, sonst Stille.
«Lass sie los!» Drei Worte, leise gesprochen, unglaubliche Autorität in dieser Stimme. Der Griff um ihr Handgelenk lockerte sich etwas, der Raubgeselle drehte sich um, in Richtung der Stimme, ebenso der Graumähnige, ebenso die Mehrzahl der übrigen Entführer. Und zuletzt Cristino. Dort, wo der Pfad durch den Wald sich in die Lichtung öffnete, saß ein Reiter auf seinem Pferd.
Er war jung, jünger als der Comte de Trévigny, wahrscheinlich jünger als Arman de Mauvent und der ältere Mergoult. Er trug die Kleidung eines Edlen, eines Cavalié oder Baroun, dunkle Hosen aus einem feinen Stoff, darüber ein Wams aus edlem weichem Leder, das ein Wappen mit einem doppelköpfigen Drachen zierte, ein breitkrempiger Hut auf seinem dunklen kurzen Haar. Er saß leicht vornüber gebeugt auf seinem Fuchshengst, die Krempe warf einen breiten Schatten über sein Gesicht. Aus diesem Schatten heraus blickten schwarz und kühl seine Augen.
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Man hörte den Graumähnigen nach Luft schnappen, als er seine ob des unerwarteten Störenfrieds verlorene Beherrschung wiederfand. «Was willste hier, Jüngelchen, hä? Mach, dass du wegkommst, oder es setzt ‘ne Tracht Prügel, Kleiner, oder so!», brüllte er. Der Reiter rührte sich nicht. Nur seine Augen wurden noch eine Spur dunkler. «Lass sie los!», wiederholte er. Leise, drohend die Stimme.
Einen Augenblick lang starrte der Graumähnige ihn an, fassungslos ob dieser Unverfrorenheit. Dann lachte er brüllend los.
«Jacque, Jan, schnappt euch den Rotzlümmel und bringt ihm Benehmen bei!», sagte er verächtlich. Die beiden Angesprochenen schwangen sich aufs Pferd und ritten langsam, im Schritt, auf den jungen Mann am Rand der Lichtung zu, so als wollten sie ihm noch die Chance zur Flucht geben, und widersinnigerweise dachte Cristino, haut ab, reitet weg, sie töten Euch sonst, flieht endlich!
Der junge Mann saß auf dem Pferd und wartete.
Sie grinsten einander an, Jacque Jan und Jan Jacque. Sie zogen ihre Schwerter und hielten sie in der rechten Hand, während sie mit der linken das Pferd führten.
Der junge Mann saß auf dem Pferd und wartete.
Eine Lerche, hoch über den Baumwipfeln, und irgendwo stürzte ein Stein ins Tal.
Der junge Mann drückte seinem Pferd die Hacken in die Seite, und das Tier schoss los.
Es ging so schnell, dass kein Auge in der Lage war, das Geschehen zu verarbeiten. Der Fuchs fuhr zwischen die beide Räuber hinein, der junge Mann warf sich zur Seite, schlug Jan den Knauf seines Degens ins Gesicht, dass er über dem Hals seines Tieres zusammenbrach,
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