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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Augen waren… waren… irgendwie… Sie haben mir Angst gemacht, die Augen.»
    «Angst? Die Augen?»
    Cristino nickte und schauderte bei der Erinnerung.
    «Nun, das ändert die Sache natürlich etwas.» Die Buous kratzte sich am Kopf und zerquetschte einen unvorsichtigen Floh, den sie daraufhin aus ihren Haaren klaubte und sinnierend betrachtete.
    «Es könnte natürlich auch sein, dass…»
    Dann geschah es. Cristino begriff nicht, was eigentlich los war. Sie hörte ein Rauschen wie von einem Sturmwind und das schrille Wiehern der sich aufbäumenden Pferde, sie sah aus dem Augenwinkel die Wolken hereinstürzenden Grüns vor und hinter der Kutsche, und dann kam der Ruck, der sie alle durcheinanderfallen 72
    ließ. Sie hörte das entsetzte Kreischen ihrer Mutter, auf deren Schoß sie gelandet war, das Fluchen des Kutschers, Catarinos Stimme, die beständig «Was ist denn los, was ist denn los?» fragte. Dann wurde die Tür aufgerissen.
    Er war groß, kräftig, graue zottelige Haare, die ihm bis auf die breiten Schultern fielen, ein zerschlissenes, schmuddeliges Lederwams, das nur unzureichend den ansonsten bloßen Oberkörper bedeckte, die aufgedröselte Kordel, dazu gedacht, den Ausschnitt zusammenzuhalten, erfüllte diesen Zweck so unzureichend, dass Cristino auf die verfilzten Brusthaare starrte. «Ihr, Weiber, raus da!», brüllte er und fuchtelte Cristino mit einem Gegenstand vor dem Gesicht herum, und die Dame Castelblanc stieß hohe spitze Laute aus, die wie «Ihk, ihk, ihk!» klangen, und die Barouno brüllte etwas, das mit «Hau bloß ab du», begann und mit einem furchtbaren Schimpfwort endete, und Cristino hatte plötzlich das Gefühl, dass alles um sie still war, völlig still, wie in einer Kirche, und der Gegenstand, der vor ihrem Gesicht zuckte, war ein scharfes, zweischneidiges Schwert.
    Jemand griff ihr Handgelenk und zerrte sie aus der Kutsche. Sie träumte, während sie die Stufen auf den felsigen Untergrund hinunter stolperte. Davon, wie Frederi und der Baroun de Buous auf ihren Pferden herbeigeprescht kamen und die Angreifer in die Flucht schlugen. Davon, wie Arman de Mauvent auf seinem Rappen über ein Gestrüpp setzte, sie in den Sattel riss und mit ihr davongaloppierte. Nein, es war nicht Arman de Mauvent. Es war Sébastien de Trévigny.
    Dann erreichten ihre Füße den Boden, stolperte sie, als ihre erhöhten Absätze sich in den Felsfurchen verfingen, und der Traum war vorbei. Sie war umringt von abgerissenen, schmutzigen, ungekämmten Gestalten, die Messer, Knüppel, Schwerter in den Händen hielten. Kein Frederi kam, und kein Comte de Trévigny. Sie konnten nicht kommen. Hinter und vor der Kutsche war der Weg blockiert durch zwei mächtige umgestürzte Eichen. Hinter Cristino wurden die anderen aus der Kutsche gezerrt, die immer noch kreischende Dame Castelblanc, die Barouno schimpfend wie ein Rohrspatz, Claudia, die sehr undamenhaft um sich trat und schlug, und Catarino, neugierig nach rechts und nach links 73
    blickend. Jemand stieß den Kutscher vom Bock, schlug ihm einen schweren Knüppel über den Schädel, mit einem eigenartigen seufzenden Laut sackte er in die Knie und sank bewusstlos neben das Vorderrad. «Mitkommen, los!», brüllte der mit der grauen Mähne, und sie schoben sie vorwärts, ins Gebüsch hinein, wo sie in ihren eleganten Schuhen auf dem unebenen Boden strauchelten und ihre gebauschten Kleider sich in den Zweigen der Sträucher verfingen.
    «Frederi», schrie die Dame Castelblanc, «Frederi.» «Meine schönen neuen Schuhe», jammerte Catarino.
    Sie stolperten durch das Unterholz, vorwärts gezerrt und geschoben von groben Händen und übelriechenden Körpern. Cristino stolperte über eine Baumwurzel und stieß schmerzhaft mit ihrem Knie gegen eine Felskante, ihr Jammern ging im Zetern der anderen Frauen und den verwirrten Schreien der Männer weit hinter ihnen unter. Kommt doch, rettet uns, dachte Cristino verzweifelt, ihr habt doch Pferde und die sind nur zu Fuß, das kann doch so schwer nicht sein. Doch keine Pferde brachen hinter ihnen durch das Unterholz, keine edlen Kämpfer eilten mit geschwungenem Schwert zu ihrer Hilfe, die Rufe der Männer verklangen in ihrem Rücken, und dann waren sie allein mit den rauen Kommandos ihrer Entführer und ihrer eigenen Angst. Sie machten halt. Sie befanden sich auf einer kleinen Lichtung inmitten des Waldes. Hinter ihnen stieg steil eine Felswand in die Höhe, dies musste eines der Seitentäler des Aigo Bruno sein. Sie

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