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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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während er gleichzeitig Jacque mit einem Tritt gegen das Kinn aus dem Sattel beförderte, und schoss weiter auf die Gruppe zu, und im nächsten Augenblick lag der Graumähnige rücklings auf dem Fußboden, ohne dass einer hätte sagen können, wie er dort hingekommen war, und der junge Mann stand neben ihm und drückte ihm die Spitze seines Degens gegen die Kehle. Cucu ließ Cristino los. « Mon dieu », hauchte Catarino ergriffen. 76
    «Sag ihnen, sie sollen ihre Waffen ablegen und verschwinden», sagte der junge Mann ruhig zu dem Graumähnigen. Er schien nicht einmal außer Atem zu sein.
    «Du bist tot, wenn du zustichst!», krächzte der Räuber. Der Fremde lächelte. «Natürlich. Du auch. Sag ihnen, sie sollen die Waffen ablegen und verschwinden.» Der Druck des Degens verstärkte sich. Ein dünnes Rinnsal Blut trat neben der Spitze aus und rieselte über den Hals.
    «Na – na gut», keuchte der Graumähnige resignierend. «Schmeißt die Waffen weg und macht die Fliege, hört ihr nicht, was der Cavalié sagt, ihr Schwachköpfe?»
    Er hatte offensichtlich uneingeschränkte Befehlsgewalt. Die Waffen klirrten auf den Boden. In kürzester Zeit hatte sich die Lichtung geleert, selbst Jacque und Jan waren verschwunden. Als die Geräusche anzeigten, dass das Raubgesinde sich eine beträchtliche Strecke entfernt hatte, trat ein Ausdruck der Verzweiflung in das Gesicht des Graumähnigen. «Na los, hoher Herr, dann mach mich halt alle, ist immer noch besser als der Galgen, oder so!», stieß er hervor. Der junge Mann stieß den Degen zurück in die Scheide. «Hau ab», sagte er.
    Totenstille. Perplex starrte der Räuber auf den Fremden, ebenso perplex die Barouno und die Dame Castelblanc. Catarinos Augen glühten.
    «Hau ab, habe ich gesagt. Oder möchtest du warten, bis die Gatten dieser Damen hier sind und dich in Stücke hacken?», fragte der junge Mann unbewegt.
    Der Graumähnige stolperte auf die Füße und rannte, als wäre der Teufel selbst hinter ihm her.
    Der junge Mann ging und holte die Pferde, das von Jacque, und das von Jan. «Wir werden reiten», sagte er. «Dann haben sie keine Chance, uns einzuholen.»
    Die Barouno rang nach Luft. «Ihr lasst dieses… dieses Monster entkommen?», schrie sie mit überschnappender Stimme. Der junge Mann wandte sich um. «Ja», sagte er.
    «Ja, aber Senher… Senher…»
    «Couvencour. Arnac de Couvencour.»
    77
    «Senher Couvencour, wie könnt Ihr nur?» Die Barouno war blass vor Empörung. «Dieses Scheusal, das es wagt, wehrlose Frauen am helllichten Tag zu entführen, das das Leben und, ach, am Ende die Unschuld unserer Töchter bedroht hat, das wollt Ihr laufen lassen?»
    Ihre Stimme wurde mit jedem Wort schriller.
    «Was hätte ich denn Eurer Meinung nach tun sollen?» Die Augen des jungen Couvencour waren wieder sehr dunkel. «Ihm die Kehle durchschneiden? Ich weiß nicht, ob das Euch und den jungen Damen so gefallen hätte, das hätte eine ziemliche Sauerei gegeben. Und abgesehen davon bin ich nicht Gott und bin ich nicht sein Richter. Ich habe nicht das Recht, ihm sein Leben zu nehmen.»
    «Nun, von mir aus!» entgegnete die Barouno pikiert. «Aber dann wäre es Eure Pflicht als Christenmensch gewesen, diesen Hund der Gerichtsbarkeit auszuliefern, damit er für seine Verbrechen bestraft wird!»
    «Meine Pflicht als Christenmensch? Jemanden an den Galgen zu liefern?» Arnac de Couvencour ließ so etwas wie ein Lachen hören.
    «Also, ich muss schon sagen, Ihr habt eine seltsame Auffassung von christlicher Nächstenliebe, meine Dame!»
    Sie schnappte nach Luft. «Also… also, diese Frechheit verbitte ich mir…und was ist, wenn er morgen die nächste Familie überfällt, die Männer ermordet, die Frauen schändet, was dann?»
    Das Gesicht des jungen Couvencour nahm allmählich einen reichlich ungeduldigen Ausdruck an. «Davon, dass ich diesen Kerl erschlage, würden diese Straßen nicht einen Deut sicherer, meine Dame. Und jetzt würde ich vorschlagen, dass wir uns auf den Rückweg machen, bevor die Herren zurückkommen und ihre Pferde wieder wollen!» Er streckte Catarino und Cristino je einen Zügel entgegen.
    Die Mädchen starrten ungläubig auf die Pferde und die abgewetzten Sättel, die zu dem Zeitpunkt, als das Raubgesindel sie – auf vermutlich wenig legalem Wege – akquiriert hatte, sicher recht ansehnlich gewesen waren, inzwischen aber vor Schmutz starrten. Auf Arnac de Couvencours Stirn erschien eine tiefe Falte. «Nun macht schon – es ist ja nur für

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