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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Morgen zu Hause geblieben.
    ***
    Das Gauklerlager lag verlassen da, die Gaukler gingen bereits wieder in der Stadt ihrem Gewerbe nach, nur noch ein paar kleine Kinder spielten zwischen den Zelten, gehütet von einigen alten Weibern. Catarino, die den Hals verrenkt hatte auf der Suche nach Hannes, quittierte diesen Umstand mit einem enttäuschten Seufzen. Die Hütte der alten Wahrsagerin lag absolut still am Hang, der Vorhang, der ihr als Tür diente, war geschlossen. Fabiou klopfte gegen den Türpfosten. «Hallo… ist jemand zu Hause?», rief er. Keine Antwort.
    «Sie ist wahrscheinlich auch schon in die Stadt gegangen», meinte Cristino in Erinnerung an ihr erstes Treffen mit der Wahrsagerin. Fabiou schob den Vorhang beiseite.
    Die Alte war mitnichten in die Stadt gegangen. Sie kniete vor dem Kruzifix und der Marienstatue in der Ecke und betete, die gefalteten Hände gegen die Brust gepresst. Fabiou räusperte sich.
    Die Alte reagierte nicht.
    «Entschuldigung», sagte Fabiou – nicht dass ein Adliger es nötig hätte, sich bei einem Bettelweib fürs Stören zu entschuldigen, aber so weit dachte er in diesem Moment gar nicht –, «wir brauchen deine Hilfe.»
    Die Alte wandte sich um. Cristino erschrak. Die Wahrsagerin schien in den drei Wochen seit ihrer letzten Begegnung um Jahre gealtert zu sein. Aus müden, eingesunkenen Augen betrachtete sie die jungen Leute. «Es ist… ungünstig heute», sagte sie heiser.
    «Es ist aber wichtig!», platzte Fabiou heraus. «Es hat mit den Morden der letzten Zeit zu tun! Hannes – du warst doch auch dabei, als er dieses Tarot gelegt hat. Und du hast doch gleich gesagt, dass das kein richtiges Tarot war. Siehst du, das meine ich auch. Es 708
    war gar kein Tarot, es war ein Rätsel, das etwas über diese Morde verraten soll. Und um es zu lösen, müssen wir mehr über das Tarot wissen! Du musst uns helfen, wir sind in großer Gefahr! Jemand will uns umbringen, mich und meine Schwester!»
    Stöhnend zog sich die Alte hoch. Sie schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. «Arme Kinder», murmelte sie. «Jaja, große Gefahr, ich sehe es. Ihr braucht meine Hilfe, braucht sie wirklich. Würde gern helfen, jaja, aber keine Zeit mehr, keine Zeit.» Sie ließ sich vor ihrem Tisch auf den Boden sinken und hieß
    die anderen Platz nehmen. Fabiou und die beiden Mädchen setzten sich auf die herumstehenden Hocker, Frederi Jùli ebenfalls auf den Boden. Loís blieb stehen.
    «Also, was genau ist die Frage, Kinderchen, was?», fragte die Alte leise.
    Fabiou ergriff das Wort. «Hannes erzählte von einem König der Kelche. Wir glauben, dass er damit den Anführer eines Geheimbundes meinte, der sich die Bruderschaft des Heiligen Grals nannte. Dieser ist vermutlich vor dreizehn Jahren ermordet worden. Hannes sagte, der König der Kelche hätte zusammen mit dem König der Stäbe Krieg gegen den König der Schwerter und den König der Münzen geführt. Wer könnte damit gemeint sein?»
    Die Augen der Alten gingen ausdruckslos ins Leere. «Die vier Farben der kleinen Arkana», murmelte sie. «Schwerter, Kelche, Münzen und Stäbe. Das Gefüge der Welt.» Sie holte tief Luft. «Stehen für die Stände. Die Schwerter, das ist der Adel, die Kelche sind die Geistlichkeit, die Münzen das Bürgertum, die Kaufleute, und die Stäbe sind die Bauern.»
    «Hä?» Frederi Jùli setzte sich auf. «Aber Carfadrael war doch ein Adliger, kein Priester.»
    «Das ist die übliche Bedeutung», meinte die Alte. «Mag wohl sein, dass der Junge die Symbole anders verwendet hat. Mag wohl sein.»
    «Das heißt, der König der Schwerter ist nicht zwangsläufig ein Adliger und der König der Münzen nicht unbedingt ein Kaufmann», folgerte Fabiou. Die Alte nickte. Sie warf einen kurzen Blick zur Tür, also zum Vorhang, seufzte und wandte sich wieder den Geschwistern zu. 709
    «Könnte zum Beispiel auch ein Heerführer sein, der König der Schwerter, oder einer, der gerne Blut vergießt.»
    «Der Mörder zum Beispiel? Der Gevenoir oder wie er heißt?», schrie Frederi Jùli begeistert.
    Die Alte nickte wieder. «Und der König der Münzen, jaja, mag einer sein, der sehr reich ist, sehr reich und sehr mächtig.»
    Fabiou runzelte die Stirn. Mag sein. Das bringt uns ja gewaltig weiter.
    «Und der König der Stäbe?», fragte Frederi Jùli gespannt. Wieder blickte die Alte zur Tür. «Mag sein ein Bauer, vielleicht auch nicht. Mag sein, dass der Stab nur andeuten soll, dass er ein Niederer ist, ein Gemeiner. Muss

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