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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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begann in einer Panik, die keine Worte kannte. «Sei vorsichtig, Kleiner», sagte Alest. «Du bist ein Adliger, das bindet uns etwas die Hände. Aber es kann unter Umständen auch schon verdammt verdächtig sein, sich unter dem Dach einer Hexe aufzuhalten, das solltest du nie vergessen.»
    «Aber das hatte doch nichts mit Hexerei zu tun… wir hatten doch nur eine Frage, zu einem Rätsel…», stotterte Frederi Jùli, der vorsichtshalber hinter Fabiou in Deckung gegangen war. Fabiou spürte, wie ihm der Schweiß über das Gesicht lief. «Es gibt keine Hexen!», krächzte er. «Das ist Unrecht, was Ihr tut! Es gibt keine Hexen!»
    Der Offizier mit dem Feuermal sah ihm tief in die Augen, dann lachte er auf und wandte sich ab, Cristino zu, die schluchzend vor der alten Wahrsagerin stand. Die Alte war in den Armen ihrer Bewacher zusammengebrochen, aus ihrer Nase sickerte Blut. Cristino schlug die Hände vors Gesicht. «Nein», schluchzte sie. «Bitte, nein!»
    «Hab keine Angst, Kind», nuschelte die Alte durch ihre gebrochene Nase. «Der Stern wacht über Euch. Alles wird sich aufklären, bald. Agnes wird ihren Frieden finden.»
    712
    «Los jetzt, wir gehen!», schrie Alest. Stumm stand Fabiou und sah zu, wie die Alte von den beiden Soldaten den Hügel hinaufgeschleift wurde, gefolgt von den übrigen Bewaffneten. Als Letzter lief Alest. Er drehte sich um und bedachte die fünf jungen Leute mit einem spöttischen Grinsen.
    Cristino heulte auf und warf sich Loís in die Arme. Ihre Schultern zuckten in einem Weinkrampf. «Was… was machen die mit der Frau, Fabiou?», fragte Frederi Jùli kleinlaut. «Meinst du, die hängen sie auf, an der Pinie? Oder… oder verbrennen sie?»
    Er hätte etwas darum gegeben, wenn Frederi Jùli die Klappe gehalten hätte. «Ich weiß es nicht. Woher soll ich das denn wissen, hä?»
    Frederi Jùli blickte noch betretener drein. «Die werden sie doch nicht foltern, oder?», fragte er ängstlich.
    «Ich weiß es nicht! Halt den Mund, ich weiß es nicht!»
    Cristino heulte, an Loís’ Brust gedrückt.
    Und dann sah Fabiou Catarino.
    Catarino, die weiß war wie die Steine, die zu ihren Füßen in der klaren Sonne des Vormittags glänzten, so weiß, dass man meinte, durch sie hindurchsehen zu können. Catarino, deren Augen so weit aufgerissen waren, dass man ihr Grün wohl bis nach Arle strahlen sehen konnte. Catarino, deren Lippen zitterten wie das Blatt einer Pappel im Morgenwind, während sie ihnen hinterherstarrte, den Wachleuten, der Frau, und Alest.
    «Catarino, was ist?», fragte Fabiou, denn es war ihm unheimlich, sie so zu sehen, Catarino, seine freche, lustige, unbekümmerte große Schwester.
    Sie drehte sich um zu ihm, ganz, ganz langsam, wie im Traum. Ihr Gesicht war nur noch Augen.
    «Catarino!», rief Fabiou.
    «Das war er», sagte Catarino mit einer Stimme so klein und so piepsig wie die eines Rotkehlchens. «Der Dämon. Der Dämon mit dem zweifarbigen Gesicht.»
    Und Fabiou starrte sie an und sah zu, wie die Erkenntnis in seinem Innern aufkeimte, von einem Samenkorn zu einem Keimling und von einem Keimling zu einem aufschießenden Dornengestrüpp wurde, und er spürte, wie eine namenlose Traurigkeit von 713
    ihm Besitz ergriff. Denn eines war klar – wenn die Erkenntnis sein Bewusstsein erreicht hätte, wäre nichts mehr, wie es einmal war. 714
    Kapitel 15
    in dem es um die Mühlen der Justiz und um das Verhältnis der Familie Auban zur Wahrheit geht
    O du allergnädigster Herr Jesu, wie kannst du dulden, dass deine Kreaturen derart gepeinigt werden? Ich bitte dich, komm doch zu Hilfe allen unschuldigen Bedrängten, dass sie nicht verzweifeln, und erleuchte die Obrigkeit, dass sie wohl zusehen, was sie machen, und die Gerechtigkeit nicht in Grausamkeit und Gottlosigkeit verkehrt werde. Friedrich von Langenfeld, genannt von Spee (1591-1635), deutscher Jesuitenpater, Dichter und Menschenrechtler 715
    Die Familie Auban, als da wären Onkel Philomenus, Tante Eusebia, Oma Felicitas, Theodosius-das-Großmaul, die Kinderfrau mit Maria Anno, die Dame Castelblanc und der Cavalié, saßen gerade beim Mittagessen, als die Tür aufging und die vier Kinder hereinkamen. Sofort erstarb das Klappern der Löffel und das Quietschen der Messer, und wenn man von Theodosius absah, der weiter vergnügt seine Suppe schlabberte, starrten alle mit mehr oder weniger finsteren Blicken zum Ende des Tisches, hinter dem die vier Geschwister Aufstellung genommen hatten. Frederis Stuhl quietschte, als er

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