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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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seinen Augen der Versuch eines Neuanfangs, eines neuen Glaubens, der nicht mehr von Machtinteressen bestimmt wird, sondern nur von der Lehre Jesu. Deshalb ist er Protestant geworden. Eure Tante Beatrix hat viel mit ihm darüber gestritten. Sie meinte, gerade weil die Kirche von einigen Machthabern missbraucht wird, dürfe der wahre Gläubige sie nicht im Stich lassen. Aber Cristou war einfach Feuer und Flamme für die neue Lehre.»
    «Wieso ist er damals verhaftet worden?», fragte Fabiou, ohne den Blick von der Carriero de Jouque zu nehmen. «Wenn doch niemand wusste, dass er Protestant war?»
    «Manche wussten es», sagte Oma Felicitas. «Seine Glaubensbrüder zum Beispiel. Damals, im Anschluss an die Vernichtung der Waldenser, blühte die Inquisition in Ais. Irgendeiner hat wohl geredet.» Sie hob die Schultern. «Eines Abends standen sie vor der Tür und haben ihn mitgenommen.»
    Fabiou dachte daran, dass Tante Beatrix gesagt hatte, sein Vater sei an einer der Seuchen gestorben, die Jean Maynier über dieses 720
    Land gebracht hatte. Im Grunde war das nicht einmal gelogen. Frederis Worte auf der Straße nach Menerbo. Ich habe Cristou nicht auf dem Totenbett versprochen, mich seiner Kinder anzunehmen, um sie jetzt an Mayniers Bastard zu verheiraten. Gott, jetzt verstand er, warum sie alle Maynier so hassten. Catarino hatte sich hingesetzt und die Arme um ihre Knie geschlungen. «Wie ist er gestorben?», flüsterte sie. Die Großmutter seufzte wieder. «Er hat sich das Leben genommen», antwortete sie. «Im Gefängnis. Mit Gift, haben sie gesagt. Ich weiß nicht, wo er es herhatte. Vielleicht hatte er es von vorneherein bei sich, für den Fall, dass genau das passiert.»
    Catarino legte die Stirn auf ihre Knie und begann wieder zu weinen. Oma Felicitas legte den Arm um sie. «Es war doch besser so», meinte sie. «Sie hätten ihn zweifellos hingerichtet. Und wer weiß, was sie ihm vorher noch alles angetan hätten.»
    «Dann hat Frederi gelogen», murmelte Fabiou vom Fenster.
    «Wieso?», fragte seine Großmutter erstaunt.
    «Er hat gesagt, er wäre dabei gewesen, als Vater starb», erklärte Fabiou wütend.
    «Das stimmt und stimmt nicht», sagte Oma Felicitas. «Er hat Cristou mehrmals im Gefängnis besucht. Er war überhaupt der Einzige, den sie zu ihm gelassen haben.»
    «Weil er so gut katholisch war, ja?», fragte Catarino provokativ.
    «Ich vermute es. Frederi war zwar nicht direkt dabei, als euer Vater starb, aber am Abend vorher hat er ihn noch besucht. Und offenbar hat er eurem Vater dort versprochen, sich um euch zu kümmern.»
    «Hat er ihm auch versprochen, sich um seine Frau zu kümmern?» Catarinos Stimme war beißend.
    «Gewiss», antwortete ihre Großmutter trocken.
    «Er hat aber sicher nicht gemeint, dass er sie gleich heiraten soll!», schimpfte Catarino.
    «Oh, Catarino, das war das Beste, was er machen konnte. Wie sonst hätte er sich eurer annehmen können? Wie sonst hätte eure Mutter zurechtkommen sollen, als Witwe, noch dazu als Witwe eines Protestanten? Ihr verdankt Frederi sehr viel. Und Senher Servan.»
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    «Der ehemalige Konsul?», fragte Fabiou.
    «Der mit dem Blumenstrauß?», fragte Frederi Jùli. Die Oma lächelte. «Ja. Eben dieser. Er hat sich sehr für euren Vater eingesetzt, vergebens leider, gegen die Chambre Ardente kam er nicht an. Aber immerhin hat er es geschafft, zu verhindern, dass Cristous Güter eingezogen wurden. Ohne ihn wäre Bèufort verloren gewesen. Und er konnte sogar durchsetzen, dass euer Vater ein christliches Begräbnis erhielt. Das ist schließlich alles andere als selbstverständlich bei jemandem, der erwiesenermaßen Protestant gewesen ist und sich zudem das Leben genommen hat.»
    Catarino schniefte und wischte sich die Augen. «Ich glaube Euch nicht», flüsterte sie. «Es war Frederi! Frederi hat ihn angezeigt! Ich weiß es!»
    «Catarino…», begann die Großmutter wieder.
    «Ich weiß es.» Catarino stolperte auf die Füße. «Ich weiß es.» Sie heulte wieder. Cristino griff nach ihrem Arm, doch sie schüttelte ihn ab und rannte zur Tür hinaus.
    Fabiou drehte sich um. «Was soll’s – wir haben zu tun», sagte er mit rauer Stimme. «Wir müssen Hannes’ Rätsel entschlüsseln.»
    ***
    Crestin machte nicht gerade das allerbegeistertste Gesicht, als Fabiou, der Poet und Investigator, in seine Amtsstube geschritten kam.
    «Der Herr Baroun, sieh mal einer an! Seid Ihr hier, um mir ein paar faszinierende neue Theorien bezüglich der Morde zu

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