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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Gott.»
    «Dazu müssen sie mich erst mal kriegen!», sagte Arnac leise.
    «Und das werden sie nicht, das kann ich versichern!» Er machte Anstalten, in die Carriero dei Salin hineinzulaufen. Dann hielt er inne. «Cristino…», begann er.
    Loís trat vor und legte Cristino die Hand auf die Schulter. «Ich passe auf sie auf. Bringt Ihr Euch in Sicherheit», sagte er. 737
    Arnac starrte einen Moment lang auf Cristino, die immer noch weinte. «Ich bleibe in Eurer Nähe. Ich verspreche es Euch», sagte er. Dann lief er los und verschwand zwischen den Häusern. Sébastien sah ihm einen Augenblick lang mit offenem Mund hinterher, dann schrie er plötzlich: «Warte!» und rannte ebenfalls. Fabiou drehte sich um, langsam, wie träumend. Auf der Plaço dis Jacobin zappelte ein Körper unter den mächtigen Ästen der Pinie, erschlaffte schließlich und pendelte sanft im Südwind. Er spürte, wie er würgen musste. Er schluckte heftig. «Ich muss… Frederi Jùli suchen», krächzte er und stakste auf die Plaço dis Jacobin zu. Und blieb stehen. «Eine Pinie», murmelte er.
    «Was?», fragte Bruder Antonius mit brüchiger Stimme. Fabiou drehte sich um. «Es war eine Pinie! Sie haben Hector Degrelhos Leiche an einer Pinie aufgehängt!», flüsterte er mit weiten Augen.
    «Ja… und?», fragte Bruder Antonius benommen.
    «Oh mein Gott, verstehst du denn nicht?», schrie Fabiou. «Es war eine Hinrichtung! Hector Degrelhos Tod war eine Hinrichtung!»
    ***
    Sie stürzte in ihr Zimmer, kaum dass sich die Tür des Hauses in der Carriero de Jouque hinter ihr geschlossen hatte, und ließ sich schluchzend auf den Stuhl vor ihrer Frisierkommode fallen. Sie hob den Blick. Gott, wie sie aussah! Rotgeäderte Augen und Tränenstreifen quer durch die Puderschicht in ihrem Gesicht. Oh Herr Jesus, was musste Alexandre de Mergoult von ihr gedacht haben, dass sie so aussah.
    Dass sie sich so danebenbenahm.
    Cristino holte tief Luft. Die Stimme ihrer Mutter tönte in ihren Ohren. Reiß dich zusammen, Kindchen. Schließlich bist du eine Dame. Sie tupfte ihre Tränen mit einem Tüchlein ab und begann, eine neue Puderschicht aufzutragen. Sie würde gleich nachher nach Alexandre schicken lassen, um sich bei ihm zu entschuldigen. Jawohl, das würde sie. Die Tür ging auf, und Bruder Antonius stand im Zimmer. 738
    «Cristino», sagte er. «Ich weiß, du hast einen Schock erlitten, aber…»
    «Es ist in Ordnung», sagte sie hoheitsvoll. «Ich habe mich schon wieder gefangen. Ich habe mich danebenbenommen, und es tut mir leid. Könntest du bitte einen Diener herholen? Jemand muss zu Alexandre gehen und ihm sagen, wie leid es mir tut, dass ich mich so aufgeführt habe.»
    Antonius schüttelte ungläubig den Kopf. «Du willst dich immer noch mit diesem… Kerl abgeben?», fragte er fassungslos. «Nach dem, was vorhin passiert ist?»
    «Wieso denn nicht?», fragte Cristino gleichmütig.
    «Gott, hast du das nicht kapiert? Er zeigt Arnac de Couvencour bei der Inquisition an!», schrie Antonius.
    «Na, da hat er ja auch recht!», erklärte Cristino. «Schließlich hat Couvencour wirklich ketzerische Reden geführt.»
    Bruder Antonius schüttelte erneut den Kopf. Er lachte auf. «Sag mal, weißt du überhaupt, was für einen Mist du daherredest? Es geht nicht darum, dass Arnac einen Verweis wegen schlechten Benehmens erhält. Wenn die Inquisition ihn erwischt, wird er jämmerlich sterben, kapierst du das eigentlich nicht?»
    «Aber Alexandre sagt…»
    «Alexandre, Alexandre! Verdammt, was findest du nur an diesem Bastard Mergoult? Diesem brutalen, rücksichtslosen Scheißkerl, dem es Vergnügen macht, Menschen zu quälen und sie sterben zu sehen?», schrie Bruder Antonius. Sie fuhr hoch. «Sprich nicht so von ihm!», schrie sie. «Er ist ein Kavalier! Ein Edelmann!»
    «Ein Kavalier! Ich lach mich tot!», schrie Antonius.
    «Jawohl, das ist er!», schrie Cristino. «Und er liebt mich!»
    «Er liebt dich. Das glaubst du, ja?» Antonius lachte schrill. «Oh, Cristino, du bist so naiv. Mergoult liebt dich nicht, er begehrt dich! Worum es ihm geht, das ist nicht Liebe, sondern fleischliche Lust!»
    Sie stieß den Stuhl beiseite. «Du sei ruhig!», schrie sie. «Was weißt du denn schon? Du bist ein Mönch! Du hast doch gar keine Ahnung von Liebe und von fleischlicher Lust! Du hast doch überhaupt keine Ahnung vom wirklichen Leben!»
    739
    Er schoss auf sie zu, seine Hände krallten sich in ihre Schultern. Rote Flecken brannten auf seinem Gesicht. Seine Augen

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