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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Gott…» Er schüttelte hilflos den Kopf.
    «Du hast die Schrift in der Kapelle weggewischt, nicht wahr?», fragte Fabiou leise.
    Antonius hatte die Lippen zusammengepresst. «Fabiou, Janot war wie mein Bruder! Und die Vorstellung, dass sie Jagd auf ihn machen würden… dass er so sterben würde, wie… wie…» Er brach ab.
    «Deswegen hast du dich auch immer gegen alle Hinweise gewehrt, die auf die Antonius-Jünger wiesen», stellte Fabiou fest.
    «Wir haben Hector Degrelho nicht getötet», murmelte Antonius.
    «Wir sind nie so weit wie Seloun gekommen. Aber dann… haben sie Jagd auf uns gemacht. Sie haben den Luberoun durchkämmt und jeden aufgehängt, der uns Unterschlupf gewährte. Schließlich haben sie uns in dieser Schlucht in die Enge getrieben. Nach einem Tag war klar, dass wir verloren waren. Als unsere Verteidigung schließlich am Zusammenbrechen war, schickten sie uns Frauen und Kinder los, damit wir versuchten, über die Hänge in Sicherheit zu gelangen. Der Joan und Enri Nicoulau blieben mit den meisten Männern in der Schlucht zurück, um unsere Flucht zu decken. Die wenigsten von uns schafften es. Auf dem Höhenzug saßen längst schon überall die Waffenknechte der Baroune.» Er holte tief Luft.
    «Irgendwann wurde ich im Chaos von Janot und seiner Mutter getrennt. Ich lief zurück, um sie zu suchen. Ich fand Janot neben der Leiche seiner Mutter, die von einem Soldaten erstochen worden war. Ich zerrte ihn weg, ich wollte mit ihm fliehen, aber es war zu spät, plötzlich waren überall Soldaten. Sie brachten uns zurück in die Schlucht, wo der Kampf inzwischen vorbei und alle Männer entweder tot oder gefangen genommen waren. Ich dachte, sie würden uns jetzt an Ort und Stelle töten. Aber das taten sie nicht. Sie brachten uns nach Ate.» Bruder Antonius unterbrach sich. Als er schließlich weitersprach, klang seine Stimme absolut emotionslos.
    «In Ate haben sie einen Strich an die Wand gemacht und alle Jungen davor gestellt. Wer größer als der Strich war, galt als erwachsen und wurde gehängt. Wer kleiner war, blieb im Kerker, bis er an Hunger oder Schwindsucht starb, die unauffällige Variante zum Galgen, die den Verantwortlichen den Ruf ersparte, Frauen, Kinder 744
    und Greise aufgehängt zu haben. So einfach war das. Ein paar, die am Galgen endeten, waren jünger als ich. Manchmal habe ich sie beneidet, in den Jahren, die folgten. Irgendwann brauchten sie Platz für neue Gefangene, und so ließen sie die paar Überlebenden, die es noch gab, gehen.» Er brach ab, wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung übers Gesicht. «Und… der Joan…»
    Fabiou dachte, dass er schon einmal das Gefühl gehabt hatte, er hätte an dieser Stelle abbrechen sollen. Er starrte in den Sommertag hinaus und versuchte, sich vorzustellen, dass das, was er hörte, nur eine Geschichte war und nichts, was wirklich passiert war.
    «Sie haben ihn so gehasst», murmelte Bruder Antonius. «Mehr als Enri Nicoulau, der ja schließlich nur ein Ausländer war. Aber der Joan – in ihren Augen hat er das schlimmste Verbrechen begangen, das ein Mensch begehen konnte: Er, der Leibeigene, hatte sich gegen sie, die Herren aufgelehnt.» Er brach wieder ab. Sein Gesicht war so fahl wie das Leintuch, auf dem er saß. «Sie haben die Anführer alle gefoltert. Schon weil sie ein Geständnis wegen Degrelho haben wollten. Aber Joan… Ich… ich erinnere mich noch, wie sie ihn zu uns zurückgebracht haben, am Abend vor der Hinrichtung. Ich habe ihn nicht mehr erkannt, Fabiou, so entstellt war er. Überall war Blut. Enri Nicoulau hielt ihn die ganze Nacht in seinen Armen wie ein kleines Kind. Am nächsten Morgen, als sie kamen, um sie zur Hinrichtung zu bringen, hob er ihn vom Boden auf und trug ihn aus dem Raum. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah.»
    Der blaue Himmel vor dem Fenster verwischte. Es gab eine Menge Gründe zu weinen. Um Joan und Enri Nicoulau. Um den kleinen Jousé, der Latein konnte. Um Cristou Kermanach de Bèufort. Um eine alte Frau, die an der Pinie gestorben war, weil irgendein Idiot sie für eine Hexe hielt.
    «Was ist… aus Janot geworden?», krächzte Fabiou.
    Bruder Antonius hob die Schultern. «Ich weiß es nicht. Er war plötzlich weg. Als wir in Ate ankamen, war er nicht mehr unter den Gefangenen. Irgendwie muss er es geschafft haben zu fliehen.»
    «Und du hast ihn nie wieder gesehen?»
    «Doch», murmelte Antonius. «Vor ein paar Wochen.»
    Fabiou drehte sich um. «Was?»
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    «Fabiou, ich weiß,

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