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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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wenigstens irgendwelche Bücher über die Vorgänge an dieser Schule aus dieser Zeit?», fragte er.
    «Es gibt ein Register», meinte Bruder Thomas. «In dem sind die Eintritte und Austritte der jeweiligen Jahre vermerkt. Wenn Euch das weiterhilft, frage ich gerne den Abt um Erlaubnis.»
    Fabiou hob die Schultern. Besser als nichts.
    «Na, siehst du», flüsterte Frederi Jùli stolz, als sie Bruder Thomas aus der Sakristei folgten. «Ohne mich wärst du hier gar nicht
    ‘reingekommen.»
    «Halt den Rand! Und grins nicht so, du bist ein armes, unglückliches Waisenkind!»
    Frederi Jùli streckte ihm die Zunge heraus. Gott sei Dank sah Bruder Thomas es nicht.
    Der Bruder führte sie in das angrenzende Klostergebäude. «Da oben wohnen und schlafen unsere Schüler», meinte er und zeigte stolz eine ausgetretene Steintreppe hinauf. Das Innere des Gebäudes war kalt und feucht und roch nach Alter, Moder und verschimmelten Wänden.
    «Die Schüler treten im Alter von sechs bis zehn Jahren in die Schule ein und bleiben im Regelfall sechs oder sieben Jahre. Sie erhalten eine hervorragende Ausbildung in Latein, Griechisch, Hebräisch, Theologie, Mathematik, Philosophie und Historie sowie in den Grundzügen der Gesetzeslehre. Viele unserer Schüler studieren später an den Universitäten und werden Juristen oder Gelehrte. Viele bleiben auch der Mutter Kirche treu und dienen ihr als geweihte Priester», erzählte Bruder Thomas stolz. Fabiou warf einen wenig begeisterten Blick auf die Stockflecken an den Wän759
    den. Muss ja toll sein, hier sieben Jahre zu verbringen. Er beneidete seinen Vater nicht gerade.
    «Habt Ihr jemals von einer Bruderschaft gehört, die angeblich vor dreißig Jahren von Schülern dieser Schule gegründet worden sein soll?», fragte Fabiou, und auf den skeptischen Blick des Bruders erwiderte er schnell: «Es gibt einen Hinweis darauf, dass der Vater dieses Jungen zu dieser Bruderschaft gehört hat, deshalb frage ich.»
    «Nun», Bruder Thomas räusperte sich, «gehört habe ich davon, aber Näheres weiß ich nicht. Das war auch nichts Besonderes. Ein Spiel von dummen Kindern, nicht mehr.»
    «Ihr wisst nicht zufällig, welche Kinder damals an diesem Spiel beteiligt waren?», fragte Fabiou.
    «Nein. Gott, nein. Das ist so lange her, lange vor meiner Zeit hier. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es irgendwelche Aufzeichnungen darüber gibt, wie gesagt, das waren doch nur dumme Kinderspiele…»
    Fabiou seufzte enttäuscht.
    Der Abt vernahm Fabious Geschichte ebenfalls mit deutlicher Rührung und hatte nichts dagegen, ihnen Einblick in das Register zu gewähren. Fabiou sprach auch ihn auf die Sache mit der Bruderschaft an, doch er wusste noch weniger als Bruder Thomas und behauptete sogar, davon noch nie gehört zu haben. In dem Besucherraum befand sich ein kleiner Tisch, um den mehrere Stühle herumstanden. Bruder Thomas hieß sie Platz nehmen. «Welche Jahrgänge braucht Ihr?», fragte er.
    «Sagen wir mal, 1520 bis 1535», überlegte Fabiou. Fünf Minuten später legte Bruder Thomas einen Folianten vor Fabiou auf den Tisch. Er war aufgeschlagen bei einer Jahreszahl. 1520. «Ich lasse Euch dann allein», meinte er, tätschelte dem armen Frederi Jùli den Kopf und ging.
    «Sagt mal, könnt Ihr mir verraten, was das nützen soll?», fragte Loís, kaum dass der Bruder die Tür hinter sich geschlossen hat.
    «Denkt Ihr, hinter den betreffenden Personen ist ein Vermerk ‹gehört zur Bruderschaft›?»
    «Nein… ja… ich weiß nicht», murmelte Fabiou. «Vielleicht fällt uns ja einfach irgendetwas auf.»
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    «Na, wenn Ihr meint…», seufzte Loís.
    Fabiou begann zu lesen. «Also, 1520: P. Sazo de Goult, S. Veriou, N. Vascarvié – na, sieh einer an, Sazo de Goult und der Vascarvié
    sind hier zur Schule gegangen! 1521: G. de Blervais, R. Dupont. 1522: M. Servan, R. M. d’Ardoche, L. d’Estrave – Papa Ardoche und der Estrave. 1523: S. Cordelin, L. de Visse, und, oh, A. Degrelho d’Astain – das muss Archimède Degrelho sein. 1524: M. du Creste, R. de Couvencour –» Fabiou sah auf. «Lauter alte Bekannte. Es geht noch weiter: H. Degrelho d’Astain, P. Avingou. 1525: B. Villard. Sonst niemand. Schlechtes Jahr für die Schule. Dafür sind’s 1526
    umso mehr: G. Forbin de Jansoun, sieh einer an, S. de Montard, L. Veive – Veive, den Namen kenn‘ ich auch… das war dieser waldensische Freund der Familie Degrelho. Der gleich zu Beginn des Feldzugs gegen die Waldenser umgekommen ist. R.

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