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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Richtung. 752
    Fabiou schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    «Das darf doch nicht wahr sein!», schrie er. «Das darf doch verdammt noch mal nicht wahr sein! Ich kann hin, wo ich will, überall ist einer hinter mir her und will mir ans Leder! Ich werde noch wahnsinnig!»
    «Baroun, wir sollten machen, dass wir hier wegkommen», meinte Loís vorsichtig.
    «Es darf nicht wahr sein! Es darf doch einfach nicht…»
    «Baroun, Schluss jetzt! Kommt!»
    Sie galoppierten los, hinein in das Waldstück, das vor ihnen lag. Sie waren keine zehn Schritte tief in das Wäldchen eingedrungen, als Fabious Pferd auf dem sandigen Untergrund abrutschte. Mit einem schrillen Wiehern kippte es seitwärts, fing sich unter Aufbietung all seiner Balancekünste wieder und fegte weiter, aber da segelte Fabiou schon im hohen Bogen durch die Luft und krachte auf den Waldboden. «Baroun!» Loís parierte sein Pferd und wendete. «Baroun, ist alles in Ordnung?»
    «Oh. Ja. Klar. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als im vollen Galopp vom Pferd zu fallen. Oh, Scheiße!» Fabiou schlug vor Wut mit beiden Fäusten auf den Sand ein.
    Loís sprang vom Pferd. «Könnt Ihr aufstehen?», fragte er. Fabiou gab sich redliche Mühe, aber sein rechtes Knie tat so höllisch weh, dass er sich mit einem Aufschrei wieder auf den Boden fallen ließ. «Baroun, Jesus, Ihr seht gar nicht gut aus», bemerkte Loís mit einem Blick auf die hässliche Schürfwunde an Fabious Schläfe.
    «Scheißegal! Hol mein Pferd, verdammt noch mal, bevor der Kerl hier ist!»
    Loís rannte los. Fabious Pferd hatte nach etwas mehr als zwanzig Schritten eingesehen, dass man, wenn der Reiter offensichtlich faul auf dem Boden herumlag, sich ruhig auch selbst eine Pause gönnen konnte, und knabberte gerade eine Buche an. «Komm schon, blöder Gaul!», schrie Loís und zerrte das protestierend schnaubende Tier zu Fabiou zurück, der sich auf die Füße gekämpft hatte und jetzt fluchend auf sie zuhumpelte.
    Alle zwei blieben stehen.
    753
    Hufschlag. In allernächster Nähe. «Jesus!», hauchte Loís. Fabiou stürzte sich vorwärts, krallte sich am Sattel fest und zerrte das Küchenmesser aus seinem Beutel. Mit einem Satz war auch Loís neben seinem Pferd und riss einen länglichen Gegenstand aus der Satteltasche. Arnacs Arkebuse. Hahn spannen, abdrücken, vier Sekunden Auslösezeit. Er richtete den Lauf auf den hellen Punkt zwischen den Bäumen, aus dem heraus der Hufschlag auf sie zuschoss. Seine Hände waren klatschnass vor Schweiß.
    Ein Reiter kam aus dem Licht geschossen, eine Silhouette umglänzt von einem Strahlenkranz aus Helligkeit fiel hinein in das Halbdunkel des Waldes. Loís stöhnte auf und ließ die Waffe sinken.
    «Das darf doch nicht wahr sein!», schrie Fabiou zum wiederholten Mal.
    Der Reiter hatte sein Pferd angehalten. «Mann, Fabiou, was ist denn mit dir passiert?», fragte er entgeistert.
    Fabiou hüpfte auf einem Bein auf ihn zu. «Du Idiot!», schrie er.
    «Ich hab gesagt, du kommst nicht mit, oder etwa nicht? Loís hätte dich fast erschossen, ist dir das klar?»
    Frederi Jùli zog einen Schmollmund. Er thronte auf dem riesigen Pferd wie Hannibal auf einem seiner Elefanten. «Ich will aber auch wissen, wer Carfadrael ist», meckerte er.
    «Haben wir nicht schon genug Probleme? Jetzt können wir auch noch auf dieses kleine Ungeheuer aufpassen.» Fabiou schlug die Hände über dem Kopf zusammen und hüpfte zu seinem Pferd zurück, wo er sich stöhnend in den Sattel zog.
    «Also was ist… reiten wir jetzt nach Arle oder nicht?», maulte Frederi Jùli.
    «Ach, halt die Klappe!», schimpfte Fabiou und trieb sein Pferd an.FrederiJùlidrehteihmeinelangeNase.
    ***
    Arle war eine Stein gewordene Erinnerung. Erinnerung an die Zeit, in der Cäsars Legionen durch Europa zogen, um überall ihre Lager und Garnisonen, ihre Villen und Foren, ihre Tempel und ihre Thermen zu errichten. Eine Stadt, über die der römische 754
    Adler noch immer, nahezu eintausend Jahre, nachdem der letzte römische Soldat in die Ewigkeit eingegangen war, seinen hoheitsvollen Schatten warf. In Arle standen genug römische Steinhaufen, um die Stadt bis ins Jahr 2000 mit Baumaterial zu versorgen, davon waren die Stadtväter überzeugt. Was in Arle nicht mehr römisch war, war zumindest einmal römisch gewesen. Kein Stein, kein Ziegel, kein Türsturz, der nicht ein römisches Domus oder ein römisches Templum geziert hat, bevor er in ein Hôtel, eine Kirche oder eine öffentliche

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