Die Kinder des Ketzers
Belfort, P. Maynier d’Oppède, aha, und R. de Labarre.» Fabiou brach ab und runzelte die Stirn. «Labarre? Raymoun de Labarre?»
«Sagt Euch das was?», fragte Loís.
Fabiou nickte langsam. «Victor hat mir von dem erzählt – und der Artou. Ein junger Adliger aus dem Luberoun, der sich in Merindou Mayniers Truppen in den Weg gestellt hat und dann ermordet worden ist.»
«Na ja – ist in der Tat eine beliebte Schule», meinte Loís achselzuckend.
«Weiterlesen!», befahl Frederi Jùli.
«Also, 1526: A. Carbrai. Kaufmann Carbrai… ja, stimmt, seine Witwe hat erzählt, dass er mit unserem Vater zur Schule gegangen ist. Carbrai. Dann J.-B. Forbin, L. de Faucoun – die halbe Familie Maynier – L. Marc d’Armien und F. de Castelblanc.»
«Mein Papa!», sagte Frederi Jùli stolz. Fabiou machte ein Gesicht, als ob er ihn fressen wollte.
«1527: L. Sylvestre, J. Bergotz. Bergotz, Jacque Bergotz – das war doch der Priester von La Costo, der von Mayniers Truppen erschlagen wurde.»
«Echt? Die haben einen Priester erschlagen?», rief Frederi Jùli fasziniert.
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«Ruhe. 1528: C. Castello, und… C. Kermanach de Bèufort.» Fabiou holte tief Luft. Sieben Jahre war sein Vater alt gewesen, als er in diese Schule eingetreten war.
«1529: J. Merieux de Gare, R. Bellard. 1530: M. de Vare – ach, daher kennt Frederi ihn – und P. de Coutreil. 1530: H. Merieux de Gare. 1531: S. Cordelin, J. de St. Jacques, P. du Creste. 1532: M. P. Villard, C. Breille. 1533: R. Merieux de Gare. 1534: S. V. d’Alence
– noch so ein Carcist – und L. Bellard. 1535: E. Senancèr, C. Estreviste, B. de Valverde. Das war’s.» Er lehnte sich zurück.
«Gut.» Loís machte ein wenig überzeugtes Gesicht. «Wir wissen jetzt also, dass die halbe Oberschicht des Luberoun und der Stadt Ais diese Schule besucht hat. Was die Bruderschaft betrifft, sind wir aber nicht einen Schritt weitergekommen. Oder wollt Ihr jetzt bei all diesen Leuten vorsprechen und sie fragen, was sie über die Bruderschaft wissen?»
Fabiou starrte enttäuscht auf die Seiten des Registers. «Ich weiß
auch nicht…» Er hob den Kopf. «Jesus, ich habe so gehofft, dass wir hier einen Hinweis –» Seine Worte rissen ab. Er hielt so ruckartig in der Bewegung inne, als sei er gegen eine Wand gerannt. «Mein Gott», hauchte er.
«Was ist?», fragte Loís.
«Oh, mein Gott!», schrie Fabiou.
«Brüll hier nicht so ‘rum, das ist schließlich ein Kloster», meinte Frederi Jùli maßregelnd.
«Baroun, was ist denn?», fragte Loís unruhig.
«Seht doch! Seht ihr es denn nicht? Hector Degrelho, Pierre Avingou, Veive, Labarre, Carbrai, Bergotz und Cristou de Bèufort. Fällt euch denn nichts auf?»
«Nein. Was denn?», fragte Frederi Jùli erstaunt.
«Oh Himmel! Sie sind alle im April oder Mai 1545 ums Leben gekommen!»
***
Sie saßen auf einem Randstein auf dem kleinen Platz vor St. Trophimus und sahen einem einsamen Gaukler zu, der versuchte, die Vorübereilenden mit ein paar mäßigen Taschenspielertricks zu 762
unterhalten. Die Einzigen, die ihm zusahen, waren zwei furchtbar schmutzige kleine Kinder. Ein Stück zur Rechten kauerte ein verwahrloster Mann mit endlos langen Haaren, nur in eine zerschlissene Kutte gekleidet, der den Umstehenden zurief, dass sie Buße tun und umkehren sollten, denn das Ende sei nahe und die Cherubim haben ihr flammendes Schwert gewetzt, um die Erde von allem Übel zu reinigen. Fabiou hatte die Wasserflasche in der Hand, aus der er langsam und grüblerisch einen Schluck nach dem anderen nahm. Frederi Jùli hatte den Brotlaib in kleine Stücke gerissen und mampfte.
«Es kann Zufall sein, das wisst Ihr», sagte Loís. «So viele Menschen sind damals gestorben. Mayniers Feldzug hat viele Leben gekostet.»
Fabiou warf die Hände in die Höhe, dass das Wasser in alle Richtungen spritzte. «Die Leben von Waldensern, ja. Die Leben von armen Bauern», rief er. «Aber doch nicht die Leben von Adligen und reichen Bürgerlichen, wie sie diese Schule besuchen! Du kannst mir nicht weismachen, dass von zwanzig reichen Söhnen, die innerhalb von fünf Jahren in eine Schule eingetreten sind, sieben innerhalb von einem Monat durch Zufall ums Leben kommen.»
«Baroun, Himmel! Es kann aber sein! Und selbst wenn ein paar von ihnen zur Bruderschaft gehörten, müssen es nicht alle gewesen sein. Baroun, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Euer Vater und Euer Onkel Mitglieder der Bruderschaft waren. Außer vielleicht Eurem Wunsch, es sei so
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