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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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aus lauter Reue darüber, den Tod einer Handvoll provenzalischer Rebellen nicht verhindert zu haben!»
    «Ja. Stimmt. Das ist schon selts…» Fabiou zuckte zurück.
    «Fabiou? Ist etwas? Tut dir etwas weh?», fragte Antonius besorgt.
    Er drehte sich zur Seite. Er schwang die Beine aus dem Bett. Er war aschfahl. «Oh mein Gott», hauchte er.
    «Was? Was ist?»
    «Keine Handvoll, Antonius, keine Handvoll», flüsterte Fabiou.
    «Es waren Tausende.»
    «Wie bitte?»
    «Tausende, Antonius.» Wackelig stakste er auf den Stuhl zu, über dem sein Wams hing. «Und sie hätten sie vielleicht retten können, wenn Trostett ihnen die Zeit dazu verschafft hätte.» Er schüttelte ungläubig den Kopf. «Und ich schleppe es seit Wochen mit mir herum und habe nicht einmal einen Blick hineingeworfen. Ich Idiot.»
    «Sag mal, wovon redest du eigentlich?», fragte Bruder Antonius entgeistert.
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    Fabious Hand tastete in die Brusttasche des Wamses und zog ein kleines, zerblättertes Büchlein in einem fleckigen Ledereinband hervor. «Ich denke, das war es, was sie verhindern wollten», sagte er leise und reichte Antonius das Buch. Der Mönch schlug es auf und starrte fassungslos auf die erste Seite.
    Le véritable report sur la PERSÉCUTION et ANNIHILATION
    des Vaudois au Lubéron par les troupes piemontais sur l’ordre du Baron Maynier d’Oppède en Avril 1545, escrit par Pierre Martin Avingou, Docteur de l’Université d’Aix.
    Dieux soit mon témoin.
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    Kapitel 18
    in dem es um die Hartherzigkeit geht, deren Namen, so sie einen hätte, Jean Maynier wäre
    Tuez tous jusqu’aux chats.
    Tötet alle bis zu den Katzen.
    Jean Maynier d’Oppède (1495-1558), 1. Präsident des Parlaments von Aix, beim Einmarsch in Cabrières du Comté am 20. April 1545
    837
    «Dies ist der wahrhaftige Bericht über die schrecklichen Ereignisse, die sich am Osterfest des Jahres 1545 zugetragen haben, als die Vertreter des Gesetzes beschlossen, wider jede Natur und wider jedes Recht einen Teil der Bürger dieses Landes aufgrund ihrer Religion und ihrer Lebensart auszurotten.»
    Der Heuboden war still und friedlich, Fliegen summten zwischen den Balken, im Strahl der Sonne, die durch eine Dachgaube fiel, schwebte dichter Staub zu Boden. Loís war nicht da, er lag oben in der Dienstbotenkammer, bewacht von seinem Vater, noch immer zu erschöpft, um etwas anderes zu tun als zu schlafen. Fabiou war allein in der schläfrigen Stille des Sommernachmittags, bäuchlings im Stroh liegend, das Büchlein unter seiner Nase, ein Bild des Friedens. Es war der 5. Juli, der Tag nach ihrer Rückkehr aus Arle, er war ausgeschlafen und gebadet, und die blauen Flecken und Schrunden waren größtenteils unter neuen Kleidern verborgen.
    «Bereits im Juli des Jahres 1540 war vom Parlament von Aix ein Dekret erlassen worden, das die Verhaftung einer Anzahl von Einwohnern des Dorfes Mérindol unter dem Verdacht der Ketzerei anordnete. Dieses Dekret beruhte einzig und allein auf der Aussage zweier verhafteter Ketzer, die, um ihr Leben zu retten, wen auch immer der Ketzerei angezeigt hätten, und enthielt zum Teil Namen von Verstorbenen, Kleinkindern und Menschen, die es nie gegeben hatte. Die Einwohner von Mérindol waren damals aus ihrem Dorf in die Berge geflohen, verängstigt durch Gerüchte, dass Truppen der Gendarmerie gegen ihr Dorf vorrücken wollten – denn schließlich sind diese bekannt dafür, dass für sie jeder ein Ketzer ist, der etwas besitzt, was zu stehlen sich lohnt. Als ein vom Parlament gesandter Gerichtsdiener das Dorf daraufhin quasi verlassen vorfand, war an die genannten Verdächtigen eine Vorladung vor das Gericht in Aix gegangen.»
    Ein paar nüchterne Zeilen in den Stadtannalen. Ein paar Namen, Claude Favery, die Familie Mainard, Jean Pons, Bertin Vian, Jean und Hugues Pellenc, Peron Rey, der Schulmeister Jacques. Es waren Menschen. Individuen. Jeder Einzelne von ihnen wollte leben.
    «Es mag verschiedene Gründe gegeben haben, warum die Einwohner von Mérindol dieser Aufforderung nicht sofort nachgekommen waren. Zum einen richtete sich die Aufforderung zum 838
    Teil an Menschen, für die das Reisen beschwerlich war, an schwangere Frauen, Greise, Kleinkinder und Kranke, zum anderen war es ein offenes Geheimnis, wie das Parlament mit Menschen, die der Ketzerei verdächtig waren, zu verfahren pflegte und dass viele Richter jeden, der mehr als das Hemd am Leibe besaß, zu verurteilen suchten, um sich an seinem Besitz zu bereichern. Verängstigt durch

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