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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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sollte man!», schrie Philomenus. «Das ganze protestantische Gesocks, das unsere Jugend verdirbt. Aber so lange in unseren Amtsstuben solche Schwachköpfe hocken wie dieser Viguié da oben, ist es ja klar, dass nichts geschieht und dass das Raubgesindel immer frecher wird. Behandelt mich wie den letzten Idioten, statt dass er begreift, dass eine Katastrophe auf diese Gegend zurollt. Ja, im große Sprüche klopfen, da sind sie gut, die Bürgerlichen, aber wenn die Antonius-Jünger irgendwann wieder raubend und mordend durch die Lande ziehen und das Kind in der Wiege nicht mehr vor ihnen sicher ist, dann schreien sie wieder nach uns, dass wir den Karren aus dem Dreck ziehen! Wer hat denn das letzte Mal die Sache in den Griff gekriegt, wir doch, und nicht diese Stadtratten! Wird echt Zeit, dass wir hier wieder für Ordnung sorgen, wird echt Zeit, nicht wahr, Frederi?»
    «Und überhaupt, junger Mann…» Frederi brach ab, den Finger noch immer anklagend in Fabious Richtung gereckt. Es waren 130
    jetzt bereits ziemlich viele Blicke auf sie gerichtet. Nicht unbedingt freundliche Blicke. «Nicht wahr, Frederi?», wiederholte Philomenus beifallheischend. Einen Moment lang starrte Frederi ihn mit offenem Mund an, dann schrie er: «Oh, hör auf mit deinem blöden Geschwafel, Philomenus!» Damit machte er auf dem Absatz kehrt und schritt mit ausgreifenden Schritten die Straße hinab. Fabiou, der das Donnerwetter mit eingezogenem Kopf über sich hatte ergehen lassen, atmete auf. «Was hat er denn?», fragte Onkel Philomenus kopfschüttelnd. Die Leute gingen weiter. «Arrogante Bande. Aber die Zeiten, wo die sich so aufführen konnten, sind vorbei!», sagte jemand hinter ihnen, doch bis der Senher sich umgedreht hatte, war der Sprecher schon nicht mehr auszumachen. Fabiou tätschelte versonnen sein Wams, wo er durch den Stoff das Lederpäckchen tastete.
    Einsam und aufrecht geht der Weise seinen Weg.
    ***
    Bis die Herren zurückkehrten, waren die Dame Castelblanc und ihre Tochter Catarino bereits detailliert über die gesellschaftlichen Höhepunkte der kommenden Wochen informiert, von der Festgesellschaft bei den Mancouns – «Mama, da müssen wir hin, bitteee!» – über die Tauffeier bei Baroun Ducloux – «Das ist ein Muss, Kind, er ist einer der einflussreicheren Vertreter Frankreichs, und überhaupt, er hat drei Söhne!» –, bis zum Empfang, den die Stadtverwaltung dem Dauphin im August zuteil werden lassen wollte. Erster Termin war ein nicht ganz so heiß ersehntes Fest bei der Familie Ardoche am nächsten Sonntag – niederer Adel, wenig Geld und zudem nur Töchter –, aber es würden einige Leute kommen, und es war Zeit, dass man sich sehen ließ. «Betrachtet es als Generalprobe, Kinder,», plapperte die Dame Castelblanc vergnügt.
    « Pardieu , die denkt mal wieder nur ans Heiraten, ich will mich verdammt noch mal amüsieren!», raunte Catarino ihrer Zwillingsschwester zu. Cristino hätte sich gewünscht, so begeistert wie ihre Schwester den Ausführungen ihrer Mutter folgen zu können, das nächste Fest, die nächste Vergnügung, eine Gelegenheit, den Comte de 131
    Trévigny und vielleicht, vielleicht sogar Arnac de Couvencour wiederzusehen. Warum auch nicht? Natürlich, sie hatte geschworen, Arman de Mauvent bis in alle Ewigkeit die Treue zu halten, und sie dachte auch gar nicht daran, diesem Vorsatz untreu zu werden, aber das hieß ja nicht, dass sie sich für den Rest des Sommers in ihr Zimmer einschließen musste. Zumal sie sowieso keine Möglichkeit hatte, sich um besagte Festivitäten zu drücken, schließlich wollte ihre Mutter, dass sie daran teilnahm. Selbstverständlich würde sie alle Bewerber ablehnen und sich zum Ende der Saison in ein Kloster zurückziehen, aber bis dahin konnte es nichts schaden, den Wünschen ihrer Mutter zu entsprechen, gehorsame Tochter, die sie war. Und auch ansonsten gab es keinen Grund, den Miesepeter zu spielen; es war jetzt ja alles in Ordnung, Blödsinn, sich über Vergangenes den Kopf zu zerbrechen, das taten Catarino und die Mutter schließlich auch nicht. Das Grübeln sollte man den Greisen überlassen, meint Trévigny, und recht hat er, vom Grübeln kriegt man Falten, wie die Mutter sagt, also mach ein fröhliches Gesicht und vergiss das Ganze, Cristino!
    Es waren vor allem seine Augen. Die Augen blickten nicht ins Leere, wie man es Toten nachsagt. Die Augen waren lebendig geblieben, lebendig genug, sie zu fixieren, sie anzublicken, scherzend ihr zuzuzwinkern. Ja,

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