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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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Petruchio herbeiwünsche, denn schon seine Gegenwart wäre jetzt tröstlich. Jedenfalls bin ich eine ganze Weile wie gelähmt. Was mich schließlich aus der Erstarrung löst, ist ein kurzes Klicken, als die Räder über eine Weiche holpern. Falls SIE mir Auftragskiller auf den Hals geschickt hat, was werden sie dann unternehmen? Bestimmt sind sie mir bis in den Zug gefolgt, haben mein Abteil ausfindig gemacht und wollen einen sauberen Rückzug sicherstellen, nachdem sie mich ermordet haben …

    Erneut klicken die Schienen. Ich kneife die Augen halb zusammen. Fährt der Zug jetzt langsamer? Er hält erst wieder in New Chicago, fällt mir ein. Also werden sie vor unserer Ankunft zuschlagen und mit gezückten Messern durch die Tür stürmen … (Als mir klar wird, was das bedeutet, bin ich sofort auf den Beinen und ziehe die Waffe.) Oder sie werden dafür sorgen, dass irgendetwas passiert, nachdem sie den Zug in New Chicago verlassen haben.
    Mit geblähten Nasenflügeln sondiere ich das Gasgemisch in der Kabine. Es ist ein schweres Gemisch, eindeutig berauschender als üblich. Während des Schlafs war ich in den Energiekreislauf des Zuges eingestöpselt; jetzt löse ich die Verbindung, so dass sich das Kabel in die Koje zurückzieht, und schnuppere erneut. Es riecht … nach freiem Sauerstoff , was absurd ist. Die für den Süden zuständige Eisenbahngesellschaft lässt, außer in Abteilen der Ersten Klasse, Sauerstoff nicht einfach frei zirkulieren, denn er verätzt das Fahrgestell und kostet außerdem gutes Geld. Sauerstoff?
    Sauerstoff. Aus irgendeinem dunklen Brunnen der Erinnerung taucht eine Horrorvorstellung auf. Vielleicht ist es der kollektive Alptraum meiner Sippe oder die Angst einer toten Seele, deren Chip ich vor vielen Jahren in mir trug. Jedenfalls erinnere ich mich an einen stolpernden Körper, eingehüllt in lodernde blaue Flammen, die aus jeder Körperöffnung zu schießen schienen. Ein Selbstmord auf Titan. Er hatte sich eine Überdosis Sauerstoff einverleibt und war dann völlig ruhig durch eine Tür getreten und auf der Oberfläche herumspaziert. Schließlich blieb er an einem Strand voll grobkörniger Eiskristalle am Rande eines Methanmeers stehen und überbrückte die Pole einer winzigen Batterie mit dem Finger. ( Und sagte dabei, er liebe mich – nein, das war doch eindeutig der Alptraum einer anderen Person, oder nicht? Bestimmt nicht meiner. Und auch kein Alptraum meiner Schwester Juliette.) Sauerstoff ist eine entsetzliche Substanz, fast so gefährlich wie Wasser. Unter bestimmten Bedingungen schadet Sauerstoff zwar nicht, aber in einem Zug, der nur mit schäbigen
Blechplatten ausgekleidet ist und dazu dient, die Wüsten des Mars zu durchqueren, kann er tödlich sein …
    Vorsichtig öffne ich die Tür und bemühe mich dabei, keine Erschütterung auszulösen. Als ich den trübe beleuchteten Gang inspiziere und von rechts nach links blicke, kann ich keine Spur von anderen schlaflosen Passagieren entdecken. Ich schnuppere noch einmal: Der schwache Geruch in der Luft erinnert mich an die Erde, auch wenn die Atmosphäre hier trockener und viel kühler ist. Hier könnten unsere geliebten ausgestorbenen Schöpfer gut atmen, denke ich. Ich blicke auf die Uhr. Meiner Meinung nach müssten wir bald in New Chicago ankommen – in zehn Minuten?
    Aus den Lüftungsschlitzen über meinem Kopf dringt ein leises Zischen. Ich schnuppere erneut. Ja, das ist der verräterische Geruch von Sauerstoff. Wieder einmal spüre ich einen dieser seltsamen biomimetischen Reflexe: Mir wollen sich die Härchen aufstellen. Unentschlossen blicke ich mich um. Mit meinem geistigen Auge sehe ich sie vor mir: zwei schwarz gekleidete Zwerge, die leise kichern, während sie ihre Kanister voll tödlicher diamagnetischer Substanz in die Klimaanlage entleeren. Selbstverständlich befinden sie sich am Ende dieses Waggons, aber an welchem? Wenn der Zug hält, werden sie ihre Vorbereitungen abgeschlossen haben. Bestimmt ist eine Zündvorrichtung installiert, wenn sie sich verdünnisieren. Und dieser Zünder wartet in der kühlen, berauschenden Luft nur darauf, dass der Zug die Bahnsteige New Chicagos hinter sich lässt.
    Ich lehne mich gegen die glänzende Tür aus Magnesium und versuche, meinen Gasaustausch zu regulieren. Langsam atmen, sage ich mir und richte den Blick auf den abgewetzten dunklen Bodenbelag aus Kohlenstofffasern. Ich stamme von der Erde. Ist ja nicht so, als hätte ich noch nie ein offenes Feuer gesehen, nicht

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