Die Kinder des Saturn
Status als reicher Sklavenhalterin und Industrieller nicht angemessen sind, vorhat …
Ja, was hat SIE eigentlich vor? Ich weiß es nicht, denn ich konzentriere mich derzeit nur darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne zu stolpern oder auf irgendetwas Schmerzhaftes zu treten. Ich spaziere über eine schier endlose rötliche Fläche im Nirgendwo, die nur von verstreuten Brocken halb verrosteter und längst ausrangierter Maschinerie aufgelockert wird. Ich bin nackt, fühle mich gedemütigt – schließlich hat SIE mich sozusagen mit Schimpf und Schande aus der Stadt getrieben – und aus mehreren Gründen deprimiert. Ich habe meinen Auftrag vermasselt, aber nicht nur das. Ich habe ihn so schlimm vermasselt, dass SIE sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, mir das Handwerk zu legen oder mich zu verhören. Stattdessen hat SIE mich aufs Schlimmste beleidigt, indem SIE sich weigerte, mich überhaupt ernst zu nehmen. Das wird bei Jeeves die Alarmglocken klingeln lassen, und das aus gutem Grund. Diese Kuh. Vermutlich sieht SIE das als eine gerechte Strafe dafür an, dass ich von IHREM Leckerbissen genascht habe …
Nun ja, das hat auch seine gute Seite (und ich muss mir alle nur denkbaren guten Seiten ins Gedächtnis rufen, wenn ich an die zehn Kilometer denke, die ich bereits zurückgelegt habe, und an die mehr als vierzehn, die noch vor mir liegen, falls meine abgespeicherte
Karte die Entfernung zum Kopfbahnhof richtig angibt). Wenn SIE derzeit nicht ernsthaft böse auf mich ist, bekomme ich irgendwann eine zweite Chance. Wäre SIE wirklich böse auf mich, müsste ich jetzt eigentlich schon tot sein. Bis zu dieser zweiten Chance mag es noch Jahre dauern, aber ich kann geduldig sein. Und da es jetzt etwas gibt, für das sich das Warten lohnt, kann ich sogar sehr viel Geduld aufbringen. Solange auch ER es schafft. Und solange ich es vermeide, über die andere Geschichte nachzudenken. »Pete, mein Liebster, was weiß ich denn schon über dich? Du kannst nicht so dumm sein, wie du aussiehst, denn so sind Leute unserer Profession einfach nicht gemacht … Allerdings hab ich mich selbst auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, stimmt’s?«
Als mir aufgeht, dass ich Selbstgespräche führe, gerate ich ins Stolpern und falle beinahe hin. Was bilde ich mir eigentlich ein? In diesem Spiel zahlt es sich nicht aus, den Gegner zu unterschätzen. Vielleicht hat SIE mich nur ziehen lassen, damit SIE die Spur bis zu meinen Auftraggebern zurückverfolgen kann. Überall gibt es Ohren. Selbst die Steine, mit denen diese Wüste übersät ist, könnten mich belauschen, insbesondere die im Umkreis IHRER Ländereien. Innerlich winde ich mich beim bloßen Gedanken daran, was mein Chef sagen wird, wenn ich nach Hause komme. Falls ich es überhaupt bis nach Hause schaffe. Ich werfe einen Blick über die Schulter: Die Sonne sinkt bereits hinter den Horizont. Und nackt, wie ich bin, wird es eine brutal kalte Nacht werden.
Eine Stunde nach Sonnenuntergang erreiche ich den Bahnhof, angetrieben von schäumender Wut, Liebeskummer und dem Gefühl der Erniedrigung. Auf dem Weg dorthin sorge ich dafür, dass mein Körper behelfsmäßige Kleidung für mich produziert. Was man mit Chromatophoren anstellen kann, ist zwar begrenzt, aber sie können so etwas Ähnliches wie einen hautengen Ganzkörperanzug und Pumps erzeugen. Für einen nächtlichen Wüstenausflug auf Mars ist diese Bekleidung zwar ein bisschen ausgefallen, aber immer noch besser, als mein Missgeschick offen zur Schau zu stellen.
Hinter der nächsten Düne wartet Daks mit einer schweren Planierraupe, die er irgendwo geklaut hat. »Sexy«, bemerkt er, während ich in die Fahrerkabine steige.
»Noch ein Wort …!«
Als ich die Tür zuknalle, zuckt er zusammen. »Entspann dich, Babe, war doch nicht böse gemeint. Der Chef hat mich geschickt. Alles in Ordnung bei dir?«
»Nein.«
Während er auf die Drosselspule drückt und den Stirling-Motor warmlaufen lässt, bleibe ich eine Minute lang schweigend neben ihm sitzen. »Oh«, er greift nach oben, um die Antriebswelle einzuschalten. Als das Kettenfahrzeug sich in Bewegung setzt und über den Wüstensand holpert, gerät es zunächst leicht ins Schlingern. »Also gut. Was ist schiefgelaufen?«
Meine Gedanken rasen. Der einzige Ausweg besteht darin, Daks einen Teil der Wahrheit zu enthüllen. »Ich hab mir in zweifacher Hinsicht die Finger verbrannt, Daks«, sage ich. »In absehbarer Zukunft wirst du meine Gesellschaft als
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