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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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gesundheitsschädlich empfinden, ganz im Ernst.« In dürren Worten erzähle ich ihm, was passiert ist, und höre meinem nüchternen Bericht mit seltsamer Distanz zu. Als wir den Rand eines fünfhundert Meter breiten Kraters überqueren, hüpft die Raupe leicht auf und ab. Bald danach tauchen wir in die in Zwielicht getauchten Tiefen hinab, die mir genauso trübe und düster vorkommen wie meine Zukunft. Früher wusste ich, wer ich war und was ich zu tun hatte, doch jetzt bin ich mir nicht mehr sicher …
    Daks schaltet den Autopilot ein und schwingt im Schalensitz herum, um mich anzusehen. »Babe, Babe, das ist doch nicht das Ende der Welt. Natürlich wird der Chef sich ärgern. Innerlich mag er zwar kochen, aber was geschehen ist, ist nun mal geschehen. Die tödliche Domina hat dich erwischt, okay, also müssen wir diesen Einsatz später besprechen und auswerten. Und danach sollte man dir einen hübschen ruhigen Job zuteilen, einen, bei dem du nichts mit dieser Mafia zu tun hast …«

    »Du kapierst es einfach nicht!«, entgegne ich so heftig, dass ich selbst erschrecke. »Hier geht es nicht um SIE, sondern um IHN!« Ich fahre mir mit den Fingern durchs Haar und bin dabei so geistesabwesend, dass ich die Nägel halb ausfahre. »Er geht mir nicht mehr aus dem Kopf! Und das macht mich kaputt, verstehst du das nicht? SIE hat ihn in IHRER Gewalt und wird herausbekommen, was wir miteinander getrieben haben. Und damit hat SIE mich in der Hand!« Dieser Gedanke ist genauso schlimm wie der an die Sache, die ich verdrängen will. »Ebenso gut hätte SIE mir einen Versklavungschip in den Nacken rammen können! Jetzt braucht SIE ihm nur zu drohen, und ich werde …«
    Ich muss schlucken, denn innerlich tut mir alles weh, und ich muss um Worte ringen. Meine Stimmgebungsreflexe reagieren darauf mit wildem Gestotter.
    »Locker bleiben, Schwester. Lass dir Zeit.« Während ich auf die Mauern der Angst eindresche, die mich zu erdrücken drohen, murmelt Daks beruhigende Belanglosigkeiten. »Du hast dich wohl ziemlich in ihn verknallt, wie?«
    »Ich hab mich verliebt «, jammere ich. »Und das ist entsetzlich! Ich will, dass es aufhört!«

    Im Dunkel der Nacht gleite ich mit der absoluten Gewissheit, dass mir jemand nach dem Leben trachtet, in den Wachzustand hinüber.
    Woher ich das weiß, ist mir nicht klar. Vielleicht ist eines von Juliettes Bedrohung anzeigenden Modulen in meine Reflexe vorgedrungen, während ich über viele Kilometer hinweg geschlafen habe und mich nicht aus dem Traum lösen konnte, in dem es um Juliettes Liebeskummer ging. Vielleicht ist es aber auch eine eher zufällige eigene Intuition oder etwas anderes. Was auch immer, jedenfalls liege ich vollständig bekleidet auf dem Rücken in meiner Schlafkoje und grabe die Finger in die Schaumstoffmatratze,
weil ich mir völlig sicher bin, dass jemand bald versuchen wird, mich zu töten.
    Während der Zug durch die Wüste rumpelt, schlage ich die schmerzenden übergroßen Augen auf und starre zur Decke meines Abteils hinauf. Endlose Sekunden lang ist mir fast so, als läge ich in einem Sarg , in einer jener unerklärlichen Zeitkapseln, in die sich unsere Schöpfer zurückzogen, wenn ihre Selbstregulation versagte. (Die Anfälligkeit ihrer Körper halte ich für schlechtes Design. Wir sind aus härterem Stoff gemacht. Schließlich sollten wir unseren Schöpfern auf unbegrenzte Zeit nach deren Lust und Laune dienen. Allerdings besagt eine Lehrmeinung, dass die Anfälligkeit unserer Schöpfer nichts anderes als eine Nebenwirkung der bedenklich unkontrollierbaren Replikationszellen darstellte. Nach dieser Theorie waren ihre Körper von vornherein so beschaffen, dass sie leicht kaputtgehen konnten, denn das sollte die Gefahr von unbeherrschbaren Fehlfunktionen bannen. Beispielsweise hätten sie uns alle sonst in einer Flut von Pink Goo ertränken können. An der Theorie mag ja was dran sein, aber die Vorstellung, den Tod einer Person vorzuprogrammieren, um Betriebsstörungen entgegenzuwirken, kommt mir noch verrückter vor als die Vorstellung, jeden Körper mit winzigen Fabriken auszurüsten und die Instruktionen zur Betreibung dieser Fabriken in der kontrollierenden Firmware aller Mechanozyten im Körper zu enkodieren! Dafür fehlt mir jedes Verständnis …)
    Ich schüttle mich. Es kommt was Schlimmes auf dich zu!, kreischt eines meiner Ichs in meinem Hinterkopf. Versteck dich!
    Ich weiß nicht, wie lange ich so daliege, vor Angst und Einsamkeit zittere und mir

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